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Freitag, 21. August 2020

Bei Filesharing-Abmahnung primär wichtig:

Die erfolgreiche Abwehr unberechtigter Filesharing-Abmahnungen ist kompliziert.

DIE SEKUNDÄREN DARLEGUNGSPFLICHTEN


Viele Internetnutzer ereilen beim Erhalt von urheberrechtlichen Filesharing-Abmahnungen noch immer etliche Unsicherheiten und Irrtümer hinsichtlich der sog. „sekundären Darlegungspflichten“. Wenn der Internetanschlussinhaber eigentlich auch erst im etwaig nachfolgenden gerichtlichen Verfahren zur substantiierten Rechtsverteidigung prozessual verpflichtet ist, empfiehlt es sich in einer Vielzahl von Abmahnungsfällen doch, der Gegenseite zwecks Vermeidung anschließender Klageverfahren bereits frühzeitig überzeugende Verteidigungsargumente entgegenzuhalten.

Dazu gehört die unmissverständliche Zurückweisung unberechtigter Tatvorwürfe und wahrheitsgemäße Darlegungen zur eigenen Router- und Endgeräte-Ausstattung, zur WLAN-Verschlüsselung sowie zum eigenen Internetnutzungsverhalten.

Anzugeben ist ferner, welche Haushaltsangehörigen oder Besucher mit Rücksicht auf ihre technische Ausstattung, ihr Nutzerverhalten, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen.

Insoweit ist der Anschlussinhaber auch im Rahmen des Zumutbaren zu Befragungen und Nachforschungen verpflichtet und hat mitzuteilen, welche relevanten Kenntnisse er auf welche Weise dabei ggf. erhalten hat.

Die Anforderungen an das Erinnerungsvermögen und die darauf fußenden Darlegungen des Internetanschlussinhabers dürfen allerdings – was häufig selbst von Teilen der Rechtsprechung übersehen wird – vor dem Hintergrund des etwaigen Zeitablaufs von mehreren Wochen, mehreren Monaten und manchmal sogar mehreren Jahren nicht überspannt werden. Die prozessualen Anforderungen sind nämlich unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit sachgerecht und fair zu begrenzen.

Ein zu dieser Thematik diesseits bereits im September 2018 errungenes Urteil des Landgerichts Bielefeld hat das in überzeugender Weise bestätigt. Soweit dennoch oft überhöhte Anforderungen an detailliertere sekundäre Darlegungen zurückliegender technischer, häuslicher und familiärer Abläufe und Verhaltensweisen gestellt werden, dient dies demgegenüber primär der zusätzlichen Verunsicherung vieler Abmahnungsadressaten.

Dem ist dann ggf. unter Hinweis auf einschlägige gerichtliche Urteile entschieden entgegenzutreten.

Mittwoch, 24. Dezember 2014

Das Urheberrecht des Lukas - Abmahnung in der Weihnachtspost


Die frohe Botschaft zur weihnachtlichen Filesharing-Abmahnung
"Es begab sich aber zu der Zeit, dass  rasch ein Gebot von dem Kaiser Sebastian ausging, dass alle Netzwelt abgemahnt würde. Und diese Abmahnung war weiß Gott nicht die Allererste und geschah zur Zeit, da ein Frommer Warner und Sonyus Lizenz-Halter in Universal war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher mit seinem Router ohne fliegenden Gerichtsstand in seine Stadt.
Da machte sich auf auch Joe von seiner dynamischen IP-Adresse, aus der Auskunftsliste aus der Stadt Colonia, in das Landgericht fern der Stadt Waldorfs, die da heißt Bielefeld, während er gar nicht aus der Tauschbörse und dem Geschlechte Filesharings war, damit er sich löschen ließe mit Mary, seinem vertrauten Motherboard; das ging mit einem Sony schwanger.
Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, dass sie downloaden sollte. Und sie erwarb ihren ersten Song und wickelte ihn in W-Lans und legte ihn in einen Ordner; denn sie hatten sonst keinen Speicher in der Hardware.
Und es waren Piraten in demselben Forum auf dem Hotspot bei den Netzsperren, die hüteten des Nachts ihre Software. Und siehe, die Justizangestellte des Herrn Richter trat zu ihnen und die Ladung des Herrn Richter leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und die Angestellte sprach zu ihnen: Fürchtet Euch nicht! Siehe, ich verkündige Euch große Freude, die allem Web widerfahren wird; denn Euch ist heute der Highlander geboren, welcher ist Piratus, der Herr oder die Frau, in der Stadt Karlsruhe. Und das habt zum primären und sekundären Beweis: Ihr werdet nicht finden den Titel in Hashwerte gewickelt und in einer Crawling-Krippe liegen.
Und alsbald war da bei der Justizangestellten die Menge der bloggenden Medienscharen, die lobten den göttlichen Gerichtshof und sprachen: Ehre sei Karlsruhe in der Höhe und Friede auf Erden bei den Urhebern seiner Lizenz und den Störern seines Wohlgefallens. Und da die Juristen von ihnen gen World Wide Web fuhren, sprachen die Piraten untereinander: Lasst uns nun gehen gen Bielefeld und die News sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr Richter gepostet hat. Und sie kamen eilend und fanden beide, Mary und Joe, dazu die Datei in dem Ordner liegen.

Da sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Posting aus, welches zu ihnen von diesem Blog gesagt war. Und alle, vor die es kam, wunderten sich der Tweets, die ihnen die Follower retweetet hatten. Mary aber behielt alle diese Tweets und bewegte sie in ihrem Betriebssystem. Und die Piraten kehrten wieder um, favten die Tweets und lobten das Internet um alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gepostet war."
Mit freundlicher Genehmigung von Lukas und den besten Wünschen
für friedvolle Weihnachten und einen abmahnungsfreien Jahreswechsel

Donnerstag, 16. Oktober 2014

Filesharing-Abmahnung vor dem EuGH - Piraten-Klage für offenes W-LAN

Ein Mitglied der Piratenpartei aus Bayern kämpft vor dem Landgericht München I und nun auch vor dem EuGH für Netzneutralität und Haftungsfreiheit beim Betrieb von ungesichertem offenem W-LAN.

Der Kläger betreibt per offenem WLAN einen Internetzugang für Geschäftspartner und Besucher. Er betreibt ein Gewerbe, in dessen Rahmen er Licht- und Tontechnik für Veranstaltungen aller Art verkauft und vermietet. Das offene W-LAN dient nach Angaben des Event-Unternehmers auch der Werbung für seinen Betrieb.
Der engagierte Pirat erhielt eine Filesharing-Abmahnung von der Anwaltskanzlei Waldorf-Frommer, die für Sony Music Unterlassungs-, Schadensersatz- und Kostenerstattungsansprüche geltend machte. Der Abmahnungsempfänger erhob eine negative Feststellungsklage gegen Sony Music und beruft sich darauf, dass er praktisch Zugangsanbieter und Provider ist und somit nach dem TMG nicht für die über das W-LAN-Netzwerk von Dritten übermittelten Inhalte verantwortlich ist. Er sei auch als Zugangsanbieter nicht verpflichtet, irgendwelche Vorkehrungen zu treffen zur Vorbeugung gegen oder zur Verhinderung von vermeintlichen Rechtsverletzungen Dritter. Im Gegenteil: Wenn er als Zugangsanbieter derartiges täte, würde er die Netzneutralität eklatant verletzen und eine Auswahl der Inhalte, die über seinen Anschluss übermittelt werden, würde ihn als Betreiber erst recht haftbar für die angebotenen Inhalte machen.
Die beklagte Tonträger-Produzentin hat auf Unterlassung, Schadensersatz und Erstattung von Abmahnungskosten gerichtete Widerklage gegen den Kläger erhoben.
Das Landgericht München tendiert zu der Rechtsauffassung,  eine Störerhaftung des W-LAN-Betreibers und damit eine Berechtigung zur Abmahnung sowie eine Verpflichtung zur Unterlassung zu bejahen, wenn das W-LAN-Netzwerk betrieben wird ohne die technisch möglichen Sicherungsmaßnahmen.
Die Münchener Richter haben allerdings erkannt, dass diese Rechtsauffassung mit den Haftungsprivilegierungen der E-Commerce-Richtlinie (insbesondere Art. 12,14 und 15),  in Deutschland gesetzlich umgesetzt im TMG, unvereinbar sein könnte. Der Kläger hat nämlich für den Fall, dass das Gericht § 8 TMG nicht anzuwenden beabsichtigt, hilfsweise beantragt, nach Art. 267 AEUV dem EuGH folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
“Ist die Richtlinie 2000/31/EG oder die Europäische Grundrechtecharta dahin auszulegen, dass sie den Mitgliedstaaten verbietet, Anbieter öffentlich oder anonym zugänglicher lnternet-Zugangsdienste unabhängig von einer gegen sie gerichteten gerichtlichen oder behördlichen Entscheidung und unabhängig von konkreten Anhaltspunkten für eine bestimmte drohende Rechtsverletzung zu verpflichten. allgemeine und permanente Maßnahmen zur Vorbeugung oder Verhinderung etwaiger zukünftiger Rechtsverletzungen seitens Teilnehmer des öffentlichen Internetzugangsdienstes zu treffen.” 
Das  Landgericht München I hat dem EuGH mit Beschluss vom 18.09.2014, Az. 7 O 14719/12, nun folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: 
1. Ist Art. 12 Abs. 1 Halbsatz 1 der Richtlinie 2000/31 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (“Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr”) in Verbindung mit Art. 2 lit. a) der Richtlinie 2000/31 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der lnformationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (“Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr”) in Verbindung mit Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 98/34/EG in der Fassung der Richtlinie 98/48/EG so auszulegen, dass “in der Regel gegen Entgelt” bedeutet, dass das nationale Gericht feststellen muss, ob die konkret betroffene Person, die sich auf die Diensteanbietereigenschaft beruft, diese konkrete Dienstleistung in der Regel entgeltlich anbietet,
 oder
 überhaupt Anbieter auf dem Markt sind, die diese Dienstleistung oder vergleichbare Dienstleistungen gegen Entgelt anbieten,
 oder
 die Mehrheit dieser oder vergleichbarer Dienstleistungen gegen Entgelt angeboten werden?
2. Ist Art. 12 Abs. 1 Halbsatz 1 der Richtlinie 2000/31 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (“Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr”) so auszulegen, dass “Zugang zu einem Kommunikationsnetzwerk zu vermitteln” bedeutet, dass es für eine richtlinienkonforme Vermittlung lediglich darauf ankommt, dass der Erfolg eintritt, indem der Zugang zu einem Kommunikationsnetzwerk (z. B. dem Internet) vermittelt wird?
3. Ist Art. 12 Abs. 1 Halbsatz 1 der Richtlinie 2000/31 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (“Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr”) in Verbindung mit Art 2 Iit b) der Richtlinie 2000/31 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (“Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr”) so auszulegen, dass es für “anbieten” im Sinne von Art. 2 lit. b) der Richtlinie 2000/31 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der lnformationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (“Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr”) ausreicht, wenn der Dienst der lnformationsgesellschaft rein tatsächlich zur Verfügung gestellt wird, im konkreten Fall also ein offenes WLAN bereitgestellt wird, oder ist z. B. darüber hinaus auch ein “Anpreisen” erforderlich?
 4. Ist Art. 12 Abs. 1 Halbsatz 1 der Richtlinie 2000/31 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (“Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr”) so auszulegen, dass mit “nicht für die übermittelten Informationen verantwortlich” bedeutet, dass etwaige Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz, Zahlung der Abmahnkosten und Gerichtsgebühren des aufgrund einer Urheberrechtsverletzung Betroffenen gegen den Zugangs-Provider grundsätzlich oder jedenfalls in Bezug auf eine erste festgestellte Urheberrechtsverletzung ausgeschlossen sind?
5. Ist Art. 12 Abs. 1 Halbsatz 1 in Verbindung mit Art 12 Abs. 3 der Richtlinie 2000/31 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (“Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr”) so auszulegen, dass die Mitgliedstaaten dem nationalen Richter nicht erlauben dürfen, in einem Hauptsacheverfahren gegen den Zugangs-Provider eine Anordnung zu erlassen, wonach dieser es künftig zu unterlassen hat, es Dritten zu ermöglichen, über einen konkreten Internetanschluss ein bestimmtes urheberrechtlich geschütztes Werk über lnternet-Tauschbörsen zum elektronischen Abruf bereitzustellen?
6. Ist Art. 12 Abs. 1 Halbsatz 1 der Richtlinie 2000/31 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (“Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr”) dahingehend auszulegen, dass unter den Umständen des Ausgangsverfahrens die Regelung von Art. 14 Abs. 1 lit. b) der RichtlinIe 2000/31 EG entsprechend auf einen Unterlassungsanspruch anzuwenden ist?
7. Ist Art. 12 Abs. 1 Halbsatz 1 der Richtlinie 2000/31 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (“Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr”) in Verbindung mit Art. 2 lit. b) der Richtlinie 2000/31 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (“Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr”) so auszulegen, dass sich die Anforderungen an einen Diensteanbieter darin erschöpfen, dass Diensteanbieter jede natürliche oder juristische Person ist, die einen Dienst der Informationsgesellschaft anbietet?
8. Falls Frage 7 verneint wird, welche zusätzlichen Anforderungen sind im Rahmen der Auslegung von Art. 2 lit. b) der Richtlinie 2000/31 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (“Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr”) an einen Diensteanbieter zu stellen?
9. a) Ist Art. 12 Abs. 1 Halbsatz 1 der Richtlinie 2000/31 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (“Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr”) unter Berücksichtigung des bestehenden grundrechtlichen Schutzes des geistigen Eigentums, das sich aus dem Eigentumsrecht ergibt (Art. 17 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union), sowie der in folgenden Richtlinien getroffenen Regelungen zum Schutz des geistigen Eigentums, vor allem des Urheberrechts:
– 2001/29fEG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.5.2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft,
– 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums
 sowie unter Berücksichtigung der Informationsfreiheit sowie des Unionsgrundrechts der unternehmerischen Freiheit (Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union)
 dahingehend auszulegen, dass er einer Entscheidung des nationalen Gerichts in einem Hauptsacheverfahren nicht entgegensteht, wenn in dieser Entscheidung der Zugangs-Provider kostenpflichtig dazu verurteilt wird, es künftig zu unterlassen, Dritten zu ermöglichen, über einen konkreten Internetanschluss ein bestimmtes urheberrechtlich geschütztes Werk oder Teile daraus über Internet-Tauschbörsen zum elektronischen Abruf bereitzustellen und dem Zugangs-Provider damit freigestellt wird, welche technischen Maßnahmen er konkret ergreift, um dieser Anordnung nachzukommen?
   b) Gilt dies auch dann, wenn der Zugangs-Provider dem gerichtlichen Verbot faktisch nur dadurch nachkommen kann, dass er den Internetanschluss stilllegt oder mit Passwortschutz versieht oder sämtliche darüber laufende Kommunikation darauf untersucht, ob das bestimmte urheberrechtlich geschützte Werk erneut rechtswidrig übermittelt wird, wobei dies schon von Anfang an feststeht und sich nicht erst im Rahmen des Zwangsvollstreckungs- oder Bestrafungsverfahrens herausstellt? 
Die dem EuGH vorgelegten Fragestellungen entbehren zwar durchaus teilweise bereits selbst nicht gewisser Kritikwürdigkeit, wie der Kollege Stadler zu Recht kommentiert hat, das weitere Verfahren darf man dennoch mit Interesse verfolgen.

Sonntag, 27. Oktober 2013

Filesharing Abmahnungen: OLG Köln sucht den BGH und findet Grenzen der „tatsächlichen Vermutung“


Einbahnstraße für Filesharing-Abmahnungen vor dem OLG Köln?
Wie Familien bei Filesharing-Abmahnung nicht in eine Einbahnstraße geraten
 
Berufungsverhandlungen vor dem 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts am vergangenen Freitag am Reichensperger Platz in Köln: 
 
  • Einbahnstraße für Tauschbörsen-Abmahner bei familiärem Internetanschluss?

  • Eiskalte Haftung für den Anschlussinhaber, nur weil er seine Familienangehörigen, seine Ehefrau oder seine Kinder, nicht verhören, nicht verdächtigen oder nicht denunzieren will?

  • Oder etwa „Sippenhaft“, weil der abgemahnte und verklagte Anschlussinhaber seiner abstreitenden Familie vertraut und glaubt?


Erstaunlich aufgeräumt und offen zeigte sich am 25.10.2013 der Berufungssenat des OLG Köln anlässlich von ihm als rechtsfehlerhaft erkannter landgerichtlicher Verurteilungen zu Schadensersatz und zur Erstattung anwaltlicher Abmahnungskosten:

Das OLG habe etwas längere Zeit gebraucht, um eine klare Linie zur sekundären Darlegungslast bei Filesharing-Abmahnungen zu finden, erläuterte der Vorsitzende. Gleichzeitig bedauerte der Senat, dass der BGH bisher keine Gelegenheit bekommen hat, sich eindeutiger dazu zu äußern, welche Angaben vom abgemahnten Anschlussinhaber verlangt werden können (und müssen). Die Fall-Konstellationen seien durchaus unterschiedlich und man mache sich den schmalen Grat zwischen dem Schutz der Rechteinhaber vor wahrheitswidrigen pauschalen Schutzbehauptungen und der Ablehnung pauschaler falscher Verdächtigung von vielleicht unschuldigen Anschlussinhabern keineswegs leicht. 
Was ist zur Zerstreuung der angeblichen tatsächlichen Vermutung, der Anschlussinhaber selbst habe die streitgegenständlichen Uploads vorgenommen oder zugelassen, darzulegen? Reicht die substantiierte Behauptung, der Anschlussinhaber selbst sei es nicht gewesen, sein Ehepartner oder seine Kinder hätten zur fraglichen Zeit zwar grundsätzlich eine eigene Internetanschluss-Zugriffsmöglichkeit gehabt, ein eigenes Fehlverhalten aber ebenfalls bestritten und dem würde der Anschlussinhaber vertrauen?

Ja!

Nach zwischenzeitlichen Irritationen über tatsächliche oder vermeintliche Rückzieher des 6. Zivilsenats von entsprechenden Bewertungen z. B. im OLG-Beschluss vom 28.05.2013 (Az. 6 W 60/13) durch nachfolgende Berufungsurteile des OLG Köln (z. B. vom 02.08.2013, Az. 6 U 10/13) und über fortgesetzt unangemessene Verurteilungen der 28. Zivilkammer des Kölner Landgerichts kündigt sich nun eine klare, gefestigte und angemessene Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Köln zur sekundären Darlegungslast an. Die Ausführungen der Berufungsrichter im Verlauf der mündlichen Verhandlungen vom 25. Oktober 2013 geben berechtigten Anlass dazu, weitere Rückzieher des OLG Köln von einer angemessenen familienfreundlichen Rechtsprechung für die Zukunft nahezu auszuschließen.
Festzuhalten bleibt bei sachgerechter Würdigung des aktuellen Verhandlungsverlaufs vor dem OLG-Senat:
  • Im Fall eines über einen bestimmten Internetanschluss verifizierten Filesharing-Verstoßes nimmt auch das OLG Köln an, dass eine tatsächliche Vermutung, ein Anscheinsbeweis, dafür spricht, dass der Verstoß vom Anschlussinhaber selbst zu verantworten ist (als unmittelbarer oder mittelbarer Täter oder als vorsätzlicher Anstifter oder Gehilfe).
  • Diese (m. E. durchaus fragwürdige) Vermutung kann nun zumindest dann nicht aufrechterhalten werden, wenn der/die Abgemahnte darlegt (und im Bestreitensfall beweist), dass zumindest eine andere berechtigte Person im verifizierten Zeitraum grundsätzlich die Möglichkeit hatte, auf den Internetzugang zuzugreifen.
  • Dies gilt auch dann, wenn der/die beklagte Anschlussinhaber/in vorträgt, die Familie habe zwar die Zugriffsmöglichkeit gehabt, eigene Verstöße aber glaubwürdig bestritten. Der Anschlussinhaber darf seiner Familie vertrauen, muss ihr nicht misstrauen – was in (anderem) Zusammenhang mit einer in Abmahnungen gern unterstellten Überwachungspflicht des Anschlussinhabers auch bereits vom BGH mit seiner (Morpheus)-Entscheidung vom 15.11.2012 festgestellt worden ist.
  • Auch wenn die abgemahnte und beklagte Partei den bestreitenden Angaben der zum Verstoßzeitpunkt mit grundsätzlicher Zugriffsmöglichkeit ausgestatteten Familienangehörigen vertraut, kann dennoch eine zur Zerstreuung der tatsächlichen Täterschaftsvermutung geeignete ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs nicht ausgeschlossen werden, was zur erfolgreichen Abmahnungs- und Klageabwehr ausreichen kann.
Der steinige Weg aus der Abmahnungs-Einbahnstraße für zu Unrecht abgemahnte Inhaber eines familiären bzw. häuslichen Internetanschlusses wird also doch weiter geebnet. Voraussetzung sind nicht die Überwachung, Aushorchung, Verdächtigung oder Denunzierung von Familienangehörigen, wohl aber wahrheitsgemäßer und sachgerechter, nicht lediglich pauschaler Sach-und Rechtsvortrag, der aber nicht darauf hinauslaufen muss, Ehefrau oder Kinder ans Messer zu liefern.
Den weiteren Entscheidungen des OLG Köln dürfen viele Familien folglich optimistisch entgegensehen.
Dennoch bleiben weiterhin - auch beim OLG Köln - sachverhaltliche, technische und rechtliche Streitfelder mit nicht unerheblichem Klärungs- und Argumentationsbedarf: So etwa, wenn der Berufungssenat davon ausgeht, bei bloßem LAN-Netzwerk wären mit krimineller Energie ausgestattete Trojaner-Infektionen nicht möglich (unter Verkennung von möglichen E-Mail- und Webseiten-Angriffen sowie der etwaigen Verschleierung z. B. durch Rootkits). Oder wenn Recherche-, Protokollierungs- und Archivierungs-Abläufe von Anti-Piracy-Unternehmen im Streit stehen. Auch die Qualität mancher tatsächlichen Vermutung sowie die konkreten Anforderungen an sekundäre Darlegungs- und Beweis-Pflichten werden für die verschiedensten Fall-Konstellationen noch so manche Einbahnstraße entstehen lassen, die es zu öffnen gilt.

 

Samstag, 22. Dezember 2012

Skandal: Abmahnung der Weihnachtsgeschichte

Engel, Hirten und Piraten
Urheberrecht zum Fest
"Es begab sich aber zu der Zeit, dass rasch ein Gebot von dem Kaiser Sonyus ausging, dass alle Netzwelt abgemahnt würde. Und diese Abmahnung war weiß Gott nicht die Allererste und geschah zur Zeit, da ein Frommer Warner und Quälgeistius Lizenz-Halter in Universal war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeder mit seinem Router.

Da machte sich auf auch Josef von seiner dynamischen IP-Adresse, aus der Auskunftsliste aus der Stadt Colonia, in das bayerische Land zur Stadt Waldorfs, die da heißt Betteldenn, während er gar nicht aus der Tauschbörse und dem Geschlechte Filesharings war, damit er sich löschen ließe mit Maria, seinem vertrauten Motherboard; das ging mit einem W-LAN schwanger.

Und als sie dort waren, kam die Zeit, dass sie downloaden sollte. Und sie erwarb ihren ersten Song und wickelte ihn in Dateien und legte ihn in einen Ordner; denn sie hatten sonst keinen Speicher in der Hardware.

Und es waren Piraten in demselbem Forum auf dem Hotspot bei den Netzsperren, die hüteten des Nachts ihre Software. Und der Pressesprecher des Herrn Richter trat zu ihnen und das Unterlassungsurteil des Herrn Richter leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Sprecher sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Netz-Freiheit, die allem Web widerfahren wird; denn euch ist heute der Highlander geboren, welcher ist Piratus, der Herr oder die Frau, in der Stadt Karlsruhe. Und das habt zum primären und sekundären Beweis: ihr werdet nicht finden den Titel in Hashwerte gewickelt und in einer Crawling-Krippe liegen.

Und alsbald war da bei dem Pressesprecher die Menge der bloggenden Medienscharen, die lobten den göttlichen Gerichtshof und sprachen: Ehre sei Karlsruhe in der Höhe und Friede auf Erden bei den Urhebern seiner Lizenz und den Störern seines Wohlgefallens."

 - Mit freundlicher Genehmigung von Lukas und den besten Wünschen für friedvolle Weihnachten und einen abmahnungsfreien Jahreswechsel -

Samstag, 30. Juni 2012

Einbahnstraße in die Abmahnung - Über Filesharing-Verkehr beim Amtsgericht München (2)

Teil 2:

Der Beweislast(er)-Schwerverkehr


Ein sommerlicher Tag in München, auch an der Pacellistraße 5, in der 8. Etage des Justizgebäudes. Das Bayerische Amtsgericht tagt immer noch.

Amtsgericht München Pacellistraße
Was bisher geschah:
Es geht um die Filesharing-Abmahnung von mehreren (Hör-)Buch-Verlagen. Diese fordern vom verklagten Internetanschluss-Inhaber  urheberrechtlichen Schadensersatz und Erstattung vorgerichtlicher Abmahnungskosten - auf der Basis angeblicher Recherche-Ergebnisse aus dem Jahre 2007.
Das Gericht hatte mit bemerkenswerter, die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften deutlich überschreitender Sprech-Geschwindigkeit in den Sach- und Streitstoff eingeführt und bemühte sich erkennbar darum, möglichst innerhalb der zunächst angesetzten 30-minütigen Verhandlung den "verfahrenen" Streit um vermeintlichen Filesharing-Verkehr des Beklagten durch einen Zahlungs-Vergleich zu beenden. Die Vergleichsbereitschaft des Internetanschluss-Inhabers sollte mit einem - nach den Worten des Gerichts - "laienhaften" Vergleich, und zwar einem Vergleich vom Halter eines Autos mit dem Inhaber eines Internetanschlusses, beflügelt werden: Das sei schließlich "wie beim Auto". Wenn der Beklagte sein Auto von einem Anderen im Straßenverkehr benutzen lasse, müsse er als Halter schließlich auch haften, wenn mit dem Auto ein Schaden verursacht würde, auch wenn er selbst nicht gefahren sei.

Die - ohnehin und insbesondere auch in ihren konkreten Anwendung - umstrittene Störerhaftung ist allerdings nicht wirklich seriös mit der verkehrsrechtlichen Halterhaftung vergleichbar: Für Internetanschlüsse gibt es (noch) keine Halterhaftung gem. StVG oder gem. anderer gesetzlicher Vorschriften. Die von der Rechtsprechung entwickelte urheberrechtliche Störerhaftung verlangt - anders als die Halterhaftung - zudem die Verletzung von zumutbaren Prüfpflichten. PKW und Router: Ein verkehrs- und urheberechtlich vollkommen "verunglückter" Vergleich also. Der LAN-/WLAN-Router ist eben kein PKW. 
Da hilft es auch nichts, dass die Prozessbevollmächtigten der klagenden Verlage wieder mal zu zweit bei Gericht erscheinen, also praktisch mit "Beifahrer" - oder man könnte auch, humorvoll und nett gemeint, sagen: Wie "Waldorf und Statler".
Der engagierte Amtsrichter meinte dann, es gehe ihm darum, "gewisse Wahrscheinlichkeiten nachzufragen."

Damit sind wir beim Thema "Beweislast im Filesharing-Verkehr" angekommen:
Das Gericht führte dem verklagten Internetanschluss-Inhaber dramatische Beweislasten vor Augen, m. E. so dramatisch wie falsch: Tatsächlichen Vermutungen dürfe nicht mit anderen Vermutungen begegnet werden. Unwägbarkeiten gingen zu Lasten des Internetanschluss-Inabers. Ja, dann ist ja alles klar. Keine Chance für Internet-User.

Nein. Das Gericht verwechselt anscheinend "tatsächliche Vermutungen" auf der einen Seite mit "gesetzlichen Vermutungen", "Tatsachenvermutungen" und "Rechtsvermutungen" auf der anderen Seite. Bei letzteren muss der damit Belastete den Beweis des Gegenteils erbringen, was bei tatsächlichen Vermutungen gerade nicht der Fall ist. 
Insoweit werden gleichzeitig - wie so oft - eingeschränkte Beweisführungspflichten mit weitergehenden Beweislasten verwechselt.

Ist das der gerichtliche Filesharing-Beweislaster-Schwerverkehr oder der schwer lastende Verkehrsbeweis bei Filesharing-Gerichten oder sind das die verkehrten Gerichtslasten bei schweren Filesharing-Beweisen? Es gipfelte jedenfalls - wie gesagt - in der gerichtlichen Kundgabe: "Unwägbarkeiten gehen zu Lasten des Beklagten."

Das Gericht erklärte, nach seiner Kenntnis sei noch nie festgestellt worden, dass seitens des Recherche-Unternehmens nicht ordnungsgemäß ermittelt worden sei. Der Anwalt des Beklagten wies darauf hin, dass dem Amtsgericht München nach seiner Kenntnis überhaupt noch kein Sachverständigengutachten zur Frage konkreter ordnungsgemäßer P2P-Recherche und ordnungsgemäßer Dokumentierung und Archivierung vorliegt, sondern vielmehr erst in jüngerer Zeit erstmalig entsprechende Gutachterkosten-Vorschüsse seitens des Gerichts von der klagenden Rechte-Industrie angefordert worden sind. Aussagekräftige Gutachten liegen bis heute nicht vor, schon gar nicht zu Lasten von Abmahnungsempfängern.

Auch die beiden anwesenden Rechtsanwälte der klagenden (Hör-)Buch-Verlage konnten nichts Gegenteiliges darlegen.
Ein Vergleich - bis auf den zwischen PKW und Internet-Router - ist in dieser Angelenheit bisher nicht zustande gekommen. Zu viel verkehrter Filesharing-Verkehr zu Lasten des Beklagten.

Das verfahrene Verfahren geht weiter.

Fortsetzung folgt.


Und zuvor im ersten Teil der Filesharing-Verkehrs-Glosse:

Auto-Routen und WLAN-Router - Halterhaftung und Störerhaftung bei Filesharing

Mittwoch, 27. Juni 2012

Einbahnstraße in die Abmahnung - Über Filesharing-Verkehr beim Amtsgericht München

Teil 1:

Auto-Routen und WLAN-Router - Halterhaftung und Störerhaftung bei Filesharing


Ein sommerlicher Tag in München, auch an der Pacellistraße 5, in der 8. Etage des Justizgebäudes. Das Bayerische Amtsgericht tagt:

Amtsgericht München Pacellistraße
Keine krachlederne Verhandlungsführung - nein, eine von erkennbarer Aktenkenntnis des promovierten Richters geprägte Einführung in den Sach- und Streitstand. Es geht um die Filesharing-Abmahnung von drei (Hör-)Buch-Verlagen, aus denen mittlerweile zwei Verlagskonzerne geworden sind. Diese fordern Schadensersatz und Erstattung vorgerichtlicher Abmahnungskosten vom Beklagten, der auf der Basis angeblicher Recherche-Ergebnisse aus dem Jahre 2007 der Verletzung von Urheberrechten per Online-Tauschbörse verdächtigt wird.

Der Verkehrsfunk von Radio Arabella hatte im Taxi vom Münchener Flughafen in diePacellistraße eine freie Fahrt und keine Verkehrsstörungen vorhergesagt. Und so war es auch. Bis zur pünktlichen Ankunft bei Gericht.

Die sehr konzentrierte richterliche Zusammenfassung der  zuvor schriftsätzlich anwaltlich gewechselten Standpunkte erfolgte in einer bewundernswerten gerichtlichen Sprech-Geschwindigkeit, die - gefühlt - die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften deutlich überschritten hat. Wäre der Beklagte nicht zuvor eingehend von seinem Anwalt über alle relevanten materiell-rechtlichen und verfahrens-rechtlichen (das hat manchmal auch mit "sich verfahren" zu tun ;-) Gesichtspunkte eingehend unterrichtet worden, hätte der juristische Laie der Verhandlung wohl kaum folgen können - weder zu Fuß, noch mit dem Auto. Für den Verhandlungstermin nach über 100 anwaltlichen Schriftsatzseiten (zzgl. umfangreicher Anlagen) waren allerdings auch nur 30 Minuten angesetzt. Das erwies sich als knapp bemessen. Aber zunächst einmal Schluss mit dem Thema "Raserei" in "Zone 30".


Auf konkretere Sachverhalt-Details wird evtl. zu späterer Zeit einzugehen sein. Hier im ersten Teil dieser Filesharing-Verkehrs-Glosse soll es zunächst um einen Gesichtspunkt gehen:

Die Halterhaftung für Autos.

Das Gericht führte - wie in München insbesondere bei Filesharing-Verfahren (nomen est omen, s.o.) bewährt - intensive Vergleichsgespräche, woran grundsätzlich natürlich nichts auszusetzen ist. Die Mandanten sollten auch prozess-ökonomische Überlegungen nie außer Acht lassen und es ist eine der vornehmsten Aufgaben des Gerichts, gerade in der Güteverhandlung den Versuch der einverständlichen Lösung einer evtl. verfahrenen (!) Streit-Situation zu unternehmen.

Im hier betroffenen Streit um Täterhaftung und Störerhaftung beim vermeintlichen Filersharing-Verkehr wagte das Gericht allerdings eine Vergleichs-Förderung und -Forderung mit einem - nach eigenen Worten - "laienhaften" Vergleich, und zwar einem Vergleich vom Halter eines Autos mit dem Inhaber eines Internetanschlusses: Das sei schließlich "wie beim Auto". Wenn der Beklagte sein Auto von einem Anderen im Straßenverkehr benutzen lasse, müsse er als Halter schließlich auch haften, wenn mit dem Auto ein Schaden verursacht würde, auch wenn er selbst nicht gefahren ist.

Das diese Beispiel nicht nur ein schlechtes, sondern ein sehr schlechtes Beispiel zur Darlegung bzw. Begründung der Störerhaftung ist, wurde selbstverständlich anwaltlich sofort unmissverständlich vorgetragen - unter anderem unter Hinweis darauf, dass es für Internetanschlüsse (noch) keine Halterhaftung gem. StVG oder gem. anderer gesetzlicher Vorschriften gibt. Entlarvend für eine unangemessene Ausweitung des richterlich entwickelten Rechtsinstituts der Störerhaftung ist das unglückliche oder verunglückte Beispiel allemal. Die Prozessbevollmächtigten der klagenden Verlage waren übrigens wieder mal zu zweit erschienen, praktisch mit "Beifahrer".

Und demnächst im zweiten Teil der Filesharing-Verkehrs-Glosse:

Der Beweislast(er)-Schwerverkehr

Fortsetzung folgt.

Sonntag, 27. Mai 2012

Ja, ja. Die modifizierte Unterlassungserklärung und andere Überlegungen nach Filesharing-Abmahnung

Oder: Die Geschichte vom Studenten, der alles weiß ...


Der junge Student, der am frühen Nachmittag zu mir ins Büro kam, war bester Laune. Eigentlich hätte er gar nicht vorbeikommen wollen; aber seine Freundin habe ihn dazu gedrängt. Die habe "Angst" - obwohl er sich bestens in der Sache auskenne.

Okay, nun sei er da und ich könne mir "diese Sache" ja mal kurz anschauen. 

Er legte mir einen Umschlag mit anwaltlicher Abmahnungspost und die Kopie eines von ihm gefertigten kurzen Antwortschreibens vor. Er habe bereits "alles Erforderliche" getan - die Unterlassungserklärung "selbstverständlich nur modifiziert" abgegeben und danach - er holte einen weiteren Umschlag aus seiner Mappe - dann ein weiteres Schreiben der gleichen Anwaltskanzlei erhalten. Und heute Morgen wäre noch eine Filesharing-Abmahnung eines anderen Rechtsanwalts im Briefkasten gewesen.

Über das Thema "Online-Tauschbörsen" hatte sich der selbstbewusste junge Mann wirklich bestens informiert. Und auch zur Problematik der massenhaften P2P-Abmahnungen hatte er schon viel im Internet gelesen. 

Im anwaltlichen Beratungsgespräch erörterten wir u. a., wie wann und von wem sein Internetanschluss mit dem LAN-/WLAN-Netzwerk eingerichtet, verschlüsselt und darüber hinaus gesichert worden war. Außerdem erklärte mir der Abmahnungsempfänger, wer sonst noch Zugang zu dem Netzwerk hatte und hat und warum er sich keiner Schuld bewusst sei.

Bei Überprüfung der selbstbewusst abgegebenen "modifizierten" strafbewehrten Unterlassungserklärung musste ich dann doch noch etliche - eigentlich vermeidbare - Fehler feststellen:

  • Die Erklärung war zwar "ohne Anerkenntnis, aber dennoch rechtsverbindlich" abgegeben worden. Dies erfogte jedoch leerformelhaft und ohne optimalere Substantiierung.
  • Ein Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs war nicht gestrichen worden.
  • Die Vertragsstrafen-Bewehrung wurde nicht ausdrücklich auf schuldhafte Verstöße beschränkt.
  • Es wurde zur Regelung der Vertragsstrafenhöhe der neue Hamburger Brauch verwendet, allerdings mit auslegbarer Untergrenze von de facto über 5.000,00 Euro.
  • Es wurde bei der Vertragsstrafe nach neuem Hamburger Brauch keine nach der höchstrichterlichen Rechtssprechung zulässige Obergrenze festgelegt.
  • Bei Abgabe der Erklärung hat man keine bewussten Abwägungen dazu vorgenommen, ob und in welcher Weise im konkreten Fall eine eher enge oder eine eher weite Fassung des Verbotstatbestandes sinnvoll und zielführend ist.
  • Die eingegangene, lebenslang gültige Unterlassungsverpflichtung umfasste Verhaltensweisen, die eigentlich gar nicht rechtswidrig sind und deren Verbot schon deshalb unnötig und nachteilig ist.
  • Über evtl. sinnvolle Vorkehrungen zur Vermeidung weiterer Abmahnungen und/oder Vertragsstrafen hat man sich keine konkreten Gedanken gemacht.
  • Es fehlten rechtlich zulässige und gebotene auflösende Bedingungen für die Fälle sich ändernder Gesetzeslage, Rechtsprechung und/oder Sachverhaltserkenntnisse.

Darüber hinaus musste mein Besucher feststellen, dass er sich falsche Vorstellungen über die Haftung für Filesharing gemacht hat; über die sogenannte "Täterhaftung" auf der einen und die sogenannte "Störerhaftung" auf der anderen Seite und über damit auch im Zusammenhang stehende etwaige Ansprüche auf Schadensersatz und Kostenerstattung. 

Zudem zeigte sich der Hobby-Jurist überrascht darüber, wie die Darlegungs- und Beweispflichten in seinem Fall prozessual wirklich verteilt sind. 

Die aktuellen Rechtsprechungstendenzen - u. a. auch vor dem Hintergrund der jüngsten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - waren ihm neu, ebenso wie nähere Darlegungen zu praktischen Taktiken und Handhabungen seitens der unterschiedlichen Abmahnungskanzleien. Selbst in technischer Hinsicht hatte der begeisterte Internet-Freak zu Fragen der IP-Adressen-Ermittlung und der Anti-Piracy-Software doch noch ihm vorher unbekannte Erkenntnis-Lücken.

Ich habe meinem neuen Mandanten empfohlen, seiner Freundin einen Blumenstrauß mitzubringen.

Donnerstag, 17. Mai 2012

P2P-Abmahnung in der Finnen-Sauna: Offenes WLAN und EU-Recht

Finnische Abmahnungs-Sauna: Die Finnen bringen die Abmahn-Lobby in's Schwitzen. Ein dortiges Bezirksgericht gab einer Internet-Anschlussinhaberin Recht und wies eine auf Unterlassung und Schadensersatz gerichtete Filesharing-Klage unter Hinweis auf europäisches Recht ab.

Auf Medienrecht spezialisierte Rechtsanwälte aus Helsinki berichten über einen aktuellen Tauschbörsen-Prozess, in dem das Finnish Anti-Piracy Centre, ein Verband der finnischen Unterhaltungs- und Rechteverwerter-Industrie, die Bewohnerin eines früheren Schulgebäudes angegangen ist.

Den P2P-Vorwürfen liegt ein angeblich 12-minütiger Filesharing-Vorgang vom Juli 2010 zugrunde, der über den unverschlüsselten WLAN-Zugang der Beklagten erfolgt sein soll. Gleichzeitig - allerdings wohl nicht nur 12 Minuten lang - fand auf dem Gelände der früheren Schule eine Sommer-Theater-Veranstaltung statt mit ca. 100 Besuchern. Die Beklagte war zur fraglichen Zeit nicht zu Hause und sollte nun ca. 6.000,00 Euro an die Rechteverwerter zahlen.

Das Gericht stützt seine Klageabweisung maßgeblich auf finnische Umsetzungsgesetze zur E-Commerce-Richtlinie, zur Urheberrechtsrichtlinie sowie zur Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums. Die Klägerseite habe eine rechtlich beachtlichen Beweis für eine Beteiligung oder Verantwortlichkeit der Anschlussinhaberin nicht erbracht. Unter Berücksichtigung der vorerwähnten EU-Richtlinien könne die Internet-Anschlussinhaberin nicht allein deshalb für etwaige Urheberrechtsverletzungen Dritter haften, nur weil sie den Internetanschluss nicht verschlüsselt habe.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der klagende und "ins Schwitzen" geratene Anti-Piraterie-Verband wird voraussichtlich Berufung einlegen. Die Anwaltskollegen Ville Oksanen und Lassi Jyrkkiö aus Helsinki wollen erforderlichenfalls eine Entscheidung des EuGH herbeiführen. Das weitere Verfahren ist insbesondere wegen der in der Vergangenheit ausufernden und unverhältnismäßigen Bemühungen der Abmahn-Lobby, das ohnehin zweifelhafte Rechtsinstitut der Störerhaftung inflationär überzuinterpretieren bzw. zu missbrauchen, hochinteressant. Über die diesbezüglich aktuell erfreulich kritische Tendenz des Bundesverfassungsgerichts wurde bereits berichtet. Auch für Hotspots wird der Prozess-Fortgang von großem Interesse sein.

Ich drücke die Daumen und bleibe am Ball.


Freitag, 7. Januar 2011

"Spiel mir das WLAN-Lied vom Hot-Spot-Tod" - Immer mehr Filesharing-Abmahnungen von Hotels und Internetcafés

In letzter Zeit häuft sich die Abmahnung von gewerblichen Betreibern offener WLAN-Netze wegen vermeintlicher Teilnahme an illegalen Musik- oder Film-Tauschbörsen. Die "Rechteinhaber" versuchen dabei, sich u.a. auf aktuelle BGH- und Landgerichts-Urteile zu stützen. Bei den jüngsten Diskussionen um eine WLAN-Haftung bei Hot Spots (oder Hotspots ;)  erleichtert m. E. - wie so oft - ein Blick in das Gesetz die Rechtsfindung, selbstverständlich ohne damit jeden weiteren Streit vermeiden zu können:


Das Telemediengesetz (TMG) regelt die Haftung eines Diensteanbieters im Telekommunikationsrecht. Als Diensteanbieter gilt gemäß § 2 TMG 

jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt. 

Zu den Telemedien gehört unzwiefelhaft auch das Internet.
In § 8 Abs. 1 TMG heißt es dann:
 
Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie
 1. die Übermittlung nicht veranlasst,
 2. den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und
 3. die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben.

Ein Hotspot-Betreiber (egal ob z. B. Hotel, Flughafen, Behörde, Shopping-Center oder Internetcafé) ist grundsätzlich Diensteanbieter i. S. d. Telemediengesetzes, da er anderen seinen Internetzugang zur Verfügung stellt. Ob er dies gewerblich oder zu privaten Zwecken macht, ist für die Anwendung des TMG an dieser Stelle nicht relevant. Der Diensteanbieter haftet, wenn er anderen seinen Webzugang zur Verfügung stellt, nur dann, wenn er Kenntnis von den über seinen Anschluss begangenen Rechtsverstößen hat und nicht etwa generell und immer.

Nach § 7 Abs. 2 TMG besteht auch keine Pflicht des Hotspot-Betreibers, den Webzugang nach rechtswidrigen Benutzungen zu untersuchen bzw. zu kontrollieren oder zu überwachen. Im Gesetz heißt es dazu:

Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.

§ 10 TMG lautet unter dem Titel "Speicherung von Informationen" wie folgt:

Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern

1. sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird, oder

2. sie unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben.
Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Nutzer dem Diensteanbieter untersteht oder von ihm beaufsichtigt wird.

Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist ...

Der BGH grenzt in dem bisher ersten höchstrichterlichen Urteil zur Filesharing-Haftung die aus seiner Sicht geringere Schutzbedürftigkeit des privaten WLAN-Anschlussinhabers bekanntlich ab vom gewerblichen bzw. geschäftlichen Betreiber eines WLAN-Anschlusses:

Es geht hier nicht um ein Geschäftsmodell, das durch die Auferlegung präventiver Prüfungspflichten gefährdet wäre (vgl. BGHZ 158, 236, 251 f. - Internet-Versteigerung I). Es gelten auch nicht die Haftungsprivilegien nach § 10 TMG und Art. 14 f. der Richtlinie 2000/ 31/ EG über den elektronischen Geschäftsverkehr, die im Falle des Diensteanbieters nach § 10 Satz 1 TMG (Host Provider) einen weitergehenden Unterlassungsanspruch ausschließen.

Dennoch bejaht das Landgerichts Hamburg mit in einem Eilverfahren ergangenen Beschluss vom 25.11.2010, Az. 310 O 433/10, die Verantwortlichkeit eines Internetcafé-Inhabers für Urheberrechtsverletzungen bei Tauschbörsen-Nutzung seitens seiner Kunden mangels Absicherung des WLAN-Netzwerkes durch "geeignete Sicherungsmaßnahmen". Das Hamburger Landgericht übersieht dabei nicht nur die obigen Vorgaben des TMG, sondern auch die nur lückenhaften technischen Möglichkeiten zur zumutbaren Beschränkung der Internet-Zugriffe für die Gäste derartiger Internetcafés oder Hot Spots.

Die Privilegierungen des Telemediengesetzes gelten nach umstrittener, aber zutreffender Ansicht nicht nur für eine etwaige Schadenshaftung, sondern auch gerade für etwaige Unterlassungsverpflichtungen gewerblicher WLAN-Betreiber; das TMG basiert auf der oben erwähnten europäischen  „E-Commerce-Richtlinie“. Nach Auffassung des EuGH darf bei Diensteanbietern im Sinne dieser RL eine Verantwortlichkeit für eine Rechtsverletzung Dritter gerade nicht angenommen werden.

Eine Überwachung der Nutzer von Hot Spots verbietet sich darüber hinaus auch aus verfassungsrechtlichen und strafrechtlichen Gründen. Das Fernmeldegeheimnis beinhaltet ein umfassendes Kenntnisnahmeverbot und schützt sowohl die Inhalte als auch die näheren Umstände der jeweils stattfindenden Telekommunikation der Hot Spot User bzw. Gäste. Zu den geschützten Inhalten gehören Empfangenes und Übermitteltes, Downloads und Uploads.

Es spricht also vieles dafür, dass das offene WLAN in Hotels, Bahnhöfen, Eisdielen und Behörden-Centern trotz aktueller p2p-Abmahnungen nicht ausstirbt. Totgesagte leben länger.

Dienstag, 2. November 2010

Mehr Manpower für Filesharing-Abmahnungen: Das immer größere Back-Office der Abmahn-Kanzleien

Mit der personellen Aufrüstung einer vielbeschäftigten Abmahn-Kanzlei aus München und dem Geschäftsmodell "Filesharing-Abmahnung" als "Konjunkturmotor" befassen sich die aktuellen Blog-Beiträge der Kollegen Rechtsanwälte Thomas Stadler ("Internet-Law") und Alexander Schultz ("PaLAWa").

Die aufschlussreich analysierte personelle Aufstockung wirft u.a. auch die Frage auf, ob die  anwaltliche "WoMan-Power" primär für weitere außergerichtliche (Filesharing-)Abmahnungen und deren außergerichtliche "Nachbereitung" oder für die immer wieder angekündigte bzw. angedrohte gerichtliche Verfolgung der (vermeintlichen) urheberrechtlichen Ansprüche eingesetzt wird. Die tatsächlichen Abläufe dokumentieren eher, dass das Back-Office in München die zweiten und dritten außerprozessualen Nachbearbeitungs-Wellen betreuen ... zum größten Teil mit zwar kontinuierlich gepflegten, aber in der Masse einheitlichen, formularmäßigen Textbausteinen. Die Zahl der tatsächlich durchgeführten Klageverfahren hält sich in relativ überschaubaren Grenzen. Insbesondere auf dem Streit-Feld etwaiger Schadensersatz- und/oder Kostenerstattungsansprüche gibt es eben für  beide  Seiten nicht unerhebliche prozessuale Risiken. Wenn sich diese zu Lasten der Abmahnungsbranche öfter als von dort gewünscht realisieren, gefährdet dies naturgemäß das gesammte Geschäftsmodell der Abmahner. Selbst die erste höchstrichterliche Befassung mit dem spezifischen Thema "Filesharing-Abmahnung" und "WLAN-Störerhaftung" (BGH-Urteil vom 12.05.2010) brachte für beide Seiten schließlich Brot und Steine. Das Geld liegt beim Thema Abmahnung eben eher auf der Straße als im Gerichtssaal, in dem auch nicht in gleicher Weise die psychologischen Tricks entfaltet werden können, wie dies im Rahmen der - personell verstärkten - außergerichtlichen Abmahnungs-Maschinerie geschieht.

Donnerstag, 3. Juni 2010

Rügen und "Abmahnungen" an den BGH: WLAN-Urteil zu Filesharing und Störerhaftung in der Kritik

Das WLAN-Urteil des I. Zivilsenats des BGH vom 12.05.2010 (I ZR 121/08) ist geeignet, als auf Dauer zur sachverhaltlich sachgerechten und urheber- sowie medienrechtlich gerechten Klärung des Geschäftsmodells "Filesharing-Abmahnung" nicht sehr geeignet zu erscheinen.

Hierzu die m. E. wesentlichen Aspekte, wobei Urteils-Zitate kursiv gefasst sind:

1. Überbewertungen an der einen oder anderen Stelle des Urteils verbieten sich bereits deshalb, weil der BGH z. T. nicht vollständig aufgeklärte und nicht vollständig von den Prozess-Parteien dargelegte, geltend gemachte und ausargumentierte Sachverhaltsfragmente seiner Entscheidung zugrunde zu legen hatte bzw. zugrunde gelegt hat. Dies betrifft insbesondere auch technische Abläufe und Details.

2. Die Bewertung des BGH zu "tatsächlichen Vermutungen" über eine vermeintlich grundsätzliche Verantwortlichkeit des Anschlussinhabers für eine öffentliche Zugänglichmachung (über eine bestimmte, ihm vermeintlich zuordbare dynamische IP-Adresse) entbehrt einer näheren, nachvollziehbaren Begründung.

3. Die aus den nicht näher dargelegten "Vermutungen" pauschal und ebenfalls ohne nähere Begründung geschlossenen Bewertungen des BGH zur  sekundären Darlegungslast des Anschlussinhabers lassen ebenfalls substanzielle Ableitungen vermissen.

4. Der BGH verneint mit nachvollziehbarer Argumentation eine täterschaftliche oder teilnehmermäßige Haftung und damit auch eine Schadensersatzpflicht des Anschlussinhabers mangels Erfüllung der "Merkmale eines der haftungsbezogenen Verletzungstatbestände des Urheberrecht".

Den Fall einer "Haftung für die Verletzung einer Verkehrspflicht" verneint der BGH selbst bei nicht ausreichend gesichertem privaten WLAN-Netzwerk ausdrücklich. Er grenzt den Fall privater Internet-Nutzung ab von dem demgegenüber bei der wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht vom gleichen Senat als Begründung herangezogenen Fall eigener geschäftlicher Interessen beispielsweise einer Handelsplattform.

Auch eine entsprechende Anwendbarkeit der sog. "Halzband"-Entscheidung lehnt der BGH entgegen anderslautender Instanzen-Rechtsprechung zu Recht ab.

Gleichzeitig meint der BGH aber, der Anschlussinhaber habe "adäquat kausal" und "willentlich" ... "zur Verletzung des geschützten Rechts beigetragen". Insbesondere der Aspekt der vermeintlichen "Willentlichkeit" des Anschlussinhabers entbehrt dabei einer ausreichend  konkreten und vertieften Darlegung.

5. Die vom BGH angenommene Verletzung von zumutbaren Prüfpflichten begründet der BGH schlicht und pauschal - ohne jedes Eingehen auf spezifische Fallkonstellationen - mit der These, das "es regelmäßig im wohlverstandenen eigenen Interesse des Anschlussinhabers liegt, seine Daten vor unberechtigtem Eingriff von außen zu schützen". Dabei verkennt der Senat, dass inhaltlich und technisch die möglichen Sicherungsmaßnahmen gegen Urheberrechtsverletzungen durch insbesondere von außen eingreifende Dritte und die möglichen Sicherungsmaßnahmen zugunsten der eigenen persönlichen Daten keineswegs identisch sein müssen. Persönliche Daten können selbstverständlich in unterschiedlichster anderer Weise aus dem WLAN-Netz herausgehalten werden; die vom BGH angedeuteten Verschlüsselungen des Routers sind dafür keineswegs zwingend.

6. Soweit der BGH im privaten Bereich die zum Kaufzeitpunkt (was ist beim Kauf gebrauchter Router?) "marktüblichen Sicherungen" verlangt, wobei diese "ihrem Zweck entsprechend wirksam einzusetzen sind", will er ohne durchgreifende Begründung andererseits die "werkseitigen Standardsicherheitseinstellungen" nicht als ausreichend ansehen (im vorliegenden Fall ein Passwort aus 16 Ziffern). Diese hätten bereits 2006 nicht "zum Mindeststandard privater Computernutzung" gehört, vielmehr stattdessen ein "Schutz von Computern ... durch individuelle Passwörter". Die wirkliche (fehlende) Qualität derartiger, tatsächlich regelmäßig verwendeter individueller Passwörter (da werden eine Menge Namen geliebter Personen und Tiere auftauchen) wird dabei ersichtlich verkannt, wobei der BGH wohl auch Router und Computer verwechselt oder gleichsetzt. Ferner disqualifiziert das Gericht zu Unrecht die immerhin vom Hersteller seinerzeit wohl kaum unprofessioneller als vom laienhaften Kunden vorgegebene Verschlüsselungssystematik und verkennt damit korrespondierende vermeintlich unterschiedliche oder gleichartige technische Möglichkeiten, die Passwörter jeweils zu überwinden.

7. Will der BGH den privaten Internet-Nutzer, auf dessen Seite nach den Feststellungen des Senats kein "Geschäftsmodell" besteht, "das durch die Auferlegung präventiver Prüfungspflichten gefährdet wäre", deshalb von den Privilegien des TMG ausnehmen? Ist es akzeptabel, auf diese Weise das Geschäftsmodell "Filesharing-Abmahnung" demgegenüber weniger zu "gefährden" ?

8. Warum setzt der BGH sich zwar kurz mit § 10 TMG, nicht aber mit den viel näher liegenden Privilegierungen des § 8 TMG auseinander?

9. Warum nutzt der I. Zivilsenat nicht die vielleicht doch bestandene und gebotene Möglichkeit, die Anforderungen an die zur vermeintlichen IP-Adressen- und sonstigen Recherche und Dokumentierung erforderlichen substantiierten Darlegungen zu thematisieren?

10. Hat der BGH sich wirklich in angemessener und ausreichend tiefgründiger Weise mit dem Thema Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit auseinandergesetzt?

Mein vorläufiges Resümee, das sich an meine früheren Einschätzungen zum BGH-WLAN-Urteil anschließt:

Das reicht so nicht für eine wesentliche und nachhaltige Klärung.

Kein absehbares Ende der Debatte und des Ringens um
erfolgreiche Abmahnungsabwehr.

Samstag, 24. April 2010

Der Mai wird kommen und die Hotspots schlagen aus. Blühende Phantasien zum anstehenden Filesharing-W-LAN-Urteil des BGH und zum Wetter.

Am 12. Mai 2010 wird der Bundesgerichtshof (I ZR 121/08) vielleicht alle Blütenträume der Abmahnungs-Zunft oder stattdessen eine Bombe zu Lasten aller Hotspots in Hotels, Service-Einrichtungen, Flughäfen oder Cocktail-Bars platzen lassen. Die Angst vor Filesharing-Abmahnung ist trotz oder wegen der kommenden Maienzeit ungeschmälert.


Moses Pelham's Power Productions (Musiklabel 3P) wird der Musik-, Film- und Porno-Branche - nach dem vor dem OLG Frankfurt verlorenen Berufungsverfahren - mit den im Revisionsverfahren weiterverfolgten vermeintlichen urheberrechtlichen Ansprüchen eventuell den "Sommer ihres Lebens" bereiten (in leichter Abwandlung des betroffenen Musiktitels von Sebastian Hämer). Dann nämlich, wenn der 1. Zivilsenat (wegen eines während des Urlaubs des Anschlussinhabers nicht ausreichend verschlüsselten W-LAN-Netzwerkes und einer angeblich in dem Zusammenhang durch einen Dritten stattgefundenen illegalen Teilnahme an einer Musik-Tauschbörse) den Urlauber zum haftenden (Mit-)Störer erklärt. Dann wäre der Erholungswert jenes Urlaubs wohl dahin - schöner Mai hin oder her.


Argumente sind pro und contra zahlreich und z. T. auch vertieft ausgetauscht worden - selbstverständlich außerhalb von Tauschbörsen. Akademisch und dogmatisch lassen sich da ohne alle Frühlingsgefühle zahlreiche Gesichtspunkte und eine Menge juristischer Theorien heranziehen oder neu begründen. Verkehrssicherungspflichten (die nun wirklich nichts mit Frühlingsgefühlen zu tun haben), Halter-Haftungen (die nichts mit Mikrofonhaltern zu tun haben), Garantie-Haftungen ohne Garanten, verschuldensähnliche Bewertungen (bei denen jede Ähnlichkeit rein zufällig ist), Sphären-Theorien und -Klänge oder weitere störende Störer-Geräusche rauschen durch den maienhaften Blätter-Wald. 


Auf der anderen Seite - des Waldes - werden dem gegenüber Lieder von Waldeslust und Userfrust, von Piraten-Freiheit und offenen Netzen sowie von Schüler- und Rentner-Abzocke gesungen - möglichst ohne dabei die Urheberrechte anderen Liedgutes zu tangieren.

Wer wird letzlich im Regen - im Mairegen - stehen?


Wahrscheinlich ist es so, wie es häufig mit dem Wetter ist: Schwer vorherzusagen und hinterher stehen meistens alle etwas im Regen.


Besonders könnte das Urteil die erwähnten Heißpunkte bzw. Hotspots treffen .. und deren bisherige Nutzer. Da kann es schnell passieren, dass einem das "Halzband"-Urteil (I ZR 114/06) im Hals stecken bleibt; aber wem?


Bei Hotspots erleichtert m. E. wie so oft ein Blick in das Gesetz die Rechtsfindung

Das Telemediengesetz (TMG) regelt die Haftung eines Diensteanbieters im Telekommunikationsrecht. Als Diensteanbieter gilt gemäß § 2 TMG 

jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt. 

Zu den Telemedien gehört unzwiefelhaft auch das Internet.
In § 8 Abs. 1 TMG heißt es dann:
 
Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie
 1.
die Übermittlung nicht veranlasst,
 2.
den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und
 3.
die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben.

Ein Hotspot-Betreiber ist grundsätzlich Diensteanbieter i. S. d. Telemediengesetzes, da er anderen seinen Internetzugang zur Verfügung stellt. Ob er dies gewerblich oder zu privaten Zwecken macht, ist für die Anwendung des TMG an dieser Stelle nicht relevant. Der Diensteanbieter haftet, wenn er anderen seinen Webzugang zur Verfügung stellt, nur dann, wenn er Kenntnis von den über seinen Anschluss begangenen Rechtsverstößen hat und nicht etwa generell und immer.

Nach § 7 Abs. 2 TMG besteht auch keine Pflicht des Hotspot-Betreibers, den Webzugang nach rechwidrigen Benutzungen zu untersuchen bzw. zu kontrollieren oder zu überwachen. Im Gesetz heißt es dazu:

Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.

Wenn der 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes die gesetzlichen Vorgaben zur Haftungsbeschränkung derjenigen beachtet, die bewusst, gewollt und damit "schuldhaft" (vorsätzlich) Webzugänge für Dritte (seien es z. B. Kunden, Gäste oder Besucher) schaffen, muss er eigentlich im Erst-Recht-Schluss die Begrenzung der Haftung auch für Anschlussinhaber anwenden, die ohne entsprechenden Plan, ohne Vorsatz und unfreiwillig praktisch zum "Diensteanbieter" werden - egal ob von Dritten (ohne vorherige Kenntnis des Anschlussinhabers) Mai-Lieder, Rap-Songs oder Hardcore-Filme öffentlich beim Filesharing zugänglich gemacht wurden.

Die Instanzen-Gerichte und die meisten Anwälte (anders als z. B. die Kollegen Stadler und Euler) haben bisher das TMG praktisch links des Maiwaldes liegen lassen. Wir wollen hoffen, dass der BGH den Baum vor lauter Wald sieht und bei seinen Abwägungen die Wertungen des TMG-Gesetzgebers angemessen berücksichtigt.

Ein unbegrenzter Freibrief wird den Hotspots - und anderen Anschlussinhabern - ohnehin am 12. Mai 2010 nicht geschrieben werden: Nach Kenntnis, für die die Abmahner oder Kläger wohl in den meisten Fällen "sorgen", bleibt für den Hotspot-Betreiber - wie für jeden anderen Anschlussinhaber - "nichts wie vorher"; dann beginnen in jedem Fall Untersuchungs- und Überwachungspflichten. Dies wird nicht selten zur anschließenden Schließung des offenen W-LAN-Hotspots führen. Der (Mai-)Regen scheint mal wieder für alle sicher.


Samstag, 27. Februar 2010

Abmahnungen und Piraten ... und Piratinnen


Urheberrecht im Internet und auf hoher See
Mal eine Glosse von Rechtsanwalt Dr. Ralf Petring, Bielefeld


Piraten reißen uns hin und her: Einerseits böse Rechtsbrecher, andererseits verkappte "Robin Hoods" der Meere.

Es ist in den vergangenen Jahren nicht klar auszumachen, wer "der Böse" ist auf dem (See-Schlacht-) Feld der massenhaften Abmahnungen im Zusammenhang mit Seemannsliedern und Reeperbahn-Filmchen: Sind es die ihre Umsätze verlierenden Kommandobrücken der großen Entertainment-Tanker, sind es die inzwischen ebenfalls den mittelbaren Erwerbszweig der Lizenzanalogie entdeckenden Künstler und Gaukler, sind es die kopierenden und tauschenden sowie täuschenden Filesharing-Leichtmatrosen bzw.
Piraten oder ist es das nationale Seerecht?

Wo im weltweiten Netz auf der hohen See der Tauschbörsen, P2P-Programme und Filesharing-Systeme massenhaft schöpferisches Seemannsgarn "gekapert" wird, ohne angemessenen Tribut zu  zollen, darf naturgemäß auch massenhaft verfolgt, gefangen genommen und abgewatscht werden. Das Seerecht braucht dem See-Unrecht nicht zu weichen.
Piraten dürfen nicht mehr auf dem Meer als Andere.

Wo allerdings mit teilweise fadenscheinigen Beweisen und mit übergroßen Fangnetzen jeder gekescht wird, der nur an (Mother-)Board war und nicht schnell genug auf den (Groß-)Baum kam, bestehen Bedenken ob der seemännischen Legitimation, zumal wenn in zunehmend summarischeren Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG gerichtliche Auskunfts- (oder Fahndungs-) Titel erzeugt werden bezüglich vermeintlich gewerblicher Sachverhalte, bei denen es oft tatsächlich allenfalls um Gelegenheits-Tauschgeschäfte geht - und nicht um wirklichen "Seehandel". Seemann (oder Seefrau) oder Seeräuber?
Pirat (oder Piratin) oder Parasit?

Hinzu kommen die tatsächlich sehr unsicheren Untiefen der See-Router sowie der Wogen und W-Lan. Da reichen nicht einmal noch so viele Schlüssel und Geheim-Codes: Die Gefahr, dass fremde, unbekannte und unerkannte Seeräuber unerwünscht an Deck kommen, um auf fremde Kosten zu Surfen, lässt sich nicht hundertprozentig ausschließen. Dies gilt erst recht im Hinblick auf das ständig dichter und enger werdende Netz der Seewege und die rasend schnell zunehmende Zahl von W-Lan-Reitern und Netzwerk-Routern. Welcher
Pirat kann da noch durchfinden?

Auf den Kommandobrücken des Seehandels versucht man dann, wenn ein winziges Bändsel oder ein abgeschnittener Tampen auftaucht und von Anti-
Piraten-Weichware an Deck gespült worden ist, mit vermeintlich darauf befindlichen Fingerabdrücken einen angeblichen Piraten zu überführen, er habe das gesamte Tauwerk oder zumindest wesentliche Schoten und Trossen daraus ohne Einwilligung des Eigners anderen Piraten zum Gebrauch überlassen.

Dabei kennen die
Piraten sich häufig gar nicht genügend aus mit Achterspring, Kabelgarn, Marlspieker (oder -Speaker?), Niederholer, Slippen, Spleiß, Stag, Tampen und Wanten oder auch mit Algorithmen, W-Lan, WPA2, Clients, Access Points, Firmware-Updates, SSID, Public Key, Responder und Wired Equivalent Privacy.

Nun schützt Unwissenheit nicht vor Strafe.

Um Strafe geht es allerdings im Abmahnungsgeschäft in den seltensten Fällen - allenfalls um Vertragsstrafen. Primär geht es um das liebe Geld.

Beim Wissen um Fachterminologien, die dahinter sich verbergenden Sachverhalte und Abläufe sowie die dahinter sich verbergenden Geldquellen - stromaufwärts - sind den
Piraten die Insider des Seehandels und die See-Offiziere der Handelstanker weit voraus - auch was Ausstattung, Bewaffnung, Kontakte zu Reedereien, Erfahrungen vor Seegerichten und hilfreiche Vernetzungen betrifft.

Insofern wird viel Sympathie auf die Seite unerfahrener, gutgläubiger, aber manchmal eben doch wilder und verwegener
Piraten verteilt. Diese wären allerdings schlecht beraten, wenn sie sich durch Trotz oder Fluchtversuche noch mehr im Netz der seerechtlichen Regelwerke verheddern würden; es ist den Piraten und Leichtmatrosen vielmehr zu empfehlen, sich durch kluge Analyse, weitsichtige, zielführende Taktik und ideenreiche Strategie davor zu hüten und zu schützen, dass aus seemännischer Abmahnung nicht ein seeräuberisches Abwatschen wird.

Dabei hilft eine Klärung der wirklichen Sachverhalte, der vermeintlichen Beweislage und der oft komplexen Rechtslage sowie eine verantwortungsvolle Erarbeitung druckvoller Argumentationswerke und verantwortbarer (Unterlassungs-) Erklärungen. Bei Letzteren ist es in der Mehrzahl der Abmahnungs-Fälle nicht anzuraten, das vorgelegte Seemannslied zu singen. Stattdessen kann durch veränderte Tonlagen, zusätzliche Zwischentöne und einen Kanon von weiterem Liedgut der
Pirat das Galgen-Risiko eingrenzen und sich eine zukünftig von Untiefen freiere Seefahrer-Existenz sichern.

Schlussendlich werden wohl beide Lager auf Dauer einen durchfahrfähigen Seeweg finden müssen zwischen den Eisblöcken teilweise veralteter Verzollungsszenarien sowie unliberaler Zugangsbegrenzungen auf der einen Seite und wildem
Piratentum oder gar respektlosem Seeraub auf der anderen Seite.

Entsprechende Wege zeichnen sich bereits ab. Nicht nur die Nordwest-Passage ist inzwischen - entgegen aller früheren Seeregeln - eisfrei und schiffbar (wenn auch der Klimawandel als Ursache dieses Ergebnisses uns nicht frohlocken lassen sollte); es zeichnen sich auch bereits neue, seerechtlich abgesegnete Kauf- und Tauschbörsen für unzählige (Tau-) Werke ab, die neue Wege für einen liberaleren und offeneren Umgang mit Netzwerken, mit Leichtmatrosen und
Piraten eröffnen. Dass Piraten und Piratinnen inzwischen auch im Wahlvolk parteifähig und wählbar geworden sind, ist eine andere Geschichte. 

Für Hilfe aus See- und Abmahnungs-Not geht´s zumAnwalt.de.