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Mittwoch, 10. Juli 2019

EuGH-Überraschung für Online-Shops und neue Grenze für Abmahnungen

http://www.zumanwalt.de
Onlinehändler und Abmahnungsgegner freuen sich über das neue EuGH-Urteil
Heute hat der Europäische Gerichtshof ein für Online-Shops recht entspannendes Urteil gefällt und gleichzeitig dem deutschen Gesetzgeber auf die Finger gehauen. Die Entscheidung dürfte auch für zukünftige wettbewerbsrechtliche Abmahnungen von nicht unerheblicher Bedeutung sein: 

Onlinehändler müssen auf ihrer Webseite eine Telefonnummer nur dann angeben, wenn diese auch tatsächlich für die Kommunikation mit dem Kunden verwendet wird. Eine Pflicht, eine telefonische Kundenkommunikation zu ermöglichen, besteht aber nicht. 

In Abwägung zwischen den Verbraucherbelangen und den Interessen insbesondere auch kleinerer Internetshop-Betreiber kommt das EuGH-Urteil zu dem Ergebnis, dass auch Online-Chats, Kontaktformulare oder Rückruf-Tools als Kommunikationsweg ausreichen können.  

Soweit eine Telefonnummer angegeben wird, muss diese auch nicht in jedem Fall praktisch mit einem Klick auf der Händler-Webseite auffindbar sein.

Und der EuGH bejaht zudem die Möglichkeit, eine lediglich kostenpflichtige Rufnummer einzurichten, wenn über andere Kanäle in zumutbarer Weise eine ausreichende Erreichbarkeit besteht. 
 
Damit wird gleichzeitig zahlreichen wettbewerbsrechtlichen Impressum-Abmahnungen der Wind aus den Segeln genommen.

Der dem heutigen Urteil in der Rechtssache C-649/17 zugrunde liegende Rechtsstreit wurde zwischen dem Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. und Amazon EU Sàrl geführt. Amazon kam dabei zugute, dass die maßgebliche europäische Richtlinie hinsichtlich der vorgegebenen Kommunikationsmittel etwas offener formuliert ist als die daraus abgeleitete deutsche Vorschrift gemäß Art. 246a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EGBGB i. V. m. Art. 6 Abs. 1 lit. c der Verbraucherrechterichtlinie. 
 
Na denn: „Don’t call us. We call you.“
 
 

Donnerstag, 14. Januar 2016

Facebook-Mail-Werbung findet beim BGH keine Freunde


Sieg der Verbraucherzentralen gegen Facebook: Mit heutigem Urteil (14.01.2016) hat der Erste Zivilsenat des BGH höchstrichterlich bestätigt, dass die Versendung von Einladungs-E-Mails durch eine soziale Plattform oder deren Nutzer an nicht auf der Plattform registrierte Personen (über die sogenannte Funktion „Freunde finden“) wettbewerbsrechtlich unzulässig ist, da es faktisch belästigende Werbung gem. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG ist, wenn der Empfänger dem nicht zugestimmt hat.

Der Karlsruher Wettbewerbssenat unter Vorsitz von Wolfgang Büscher untersagte zum Az. I ZR 65/14 ferner die von Facebook im Jahr 2010 eingesetzte Handhabung der Importierung von Kontaktdaten ohne korrekte Offenlegung der nach der Registrierung stattfindenden tatsächlichen Datennutzung. Letzteres bewertet der BGH als unlautere Irreführung gem. § 5 UWG.
Der Bundesgerichtshof folgt damit auf Klage des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände in Deutschland zu Recht den vorausgegangen Urteilen des Berliner Landgerichts vom 06.03.2012 (Az. 16 O 551/10) und des Kammergerichts vom 24.01.2014 (Az.  5 U 42/12) und hat die von Facebook eingelegte Revision zurückgewiesen.
Soziale Plattformen dürfen nicht in automatisiert vorgegebener Form ihre Nutzer dazu instrumentalisieren, unaufgeforderte Werbung an Dritte zu verbreiten. Die in das „nette“ Kleid einer privaten Kontaktaufnahme gekleidete E-Mail stellt sich nämlich in Wahrheit als eine getarnte Werbetrommel medialer Großkonzerne dar – und ist zudem eine bedenkliche Datenschleuder. Die kostbarsten „Produkte“ bei diesen Werbeaktionen sind m. E. die (potentiellen) Nutzer selbst mit ihren Daten und Datenverflechtungen.
An dieser grundsätzlichen Problematik ändert auch der Umstand nichts, das Facebook auf zwischenzeitlich veränderte Portalversionen hinweist: Aktuell geben Nutzer über den Link "Lade Deine Freunde ein" jeweils einzelne E-Mail-Adressen ein und können zudem jede „Einladung“ um eine persönliche Nachricht ergänzen. Auch diese Handhabung ist kritikwürdig, handelt es sich doch auch dabei um unverlangte E-Mail-Werbung und im Endeffekt um unklare Datenverwendung und -verknüpfung.
In Berlin sind derzeit in den unteren Instanzen nach ca. 20 Abmahnungen noch mindestens zwei weitere Verfahren der Verbraucherschützer gegen Facebook anhängig. Irreführung, fehlende Transparenz und unzureichende Beachtung des Datenschutzes sind die wesentlichen Themen.

Sonntag, 9. Februar 2014

Abmahnung und Klage: Zeugnistag mit Kinder-Daten vor dem BGH

Am 03.04.2014 gibt es Zeugnisse beim Ersten Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (Az. I ZR 96/13) und evtl.

„2 € für jede Eins“:

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen schickte einem Elektronik-Fachmarkt eine Abmahnung. Der Elektronikmarkt hatte in einer Zeitungsanzeige mit einer Werbeaktion geworben, bei der Schüler eine Kaufpreisermäßigung von 2 € für jede Eins auf dem Zeugnis erhielten. Laut der Anzeige sollte dafür das Originalzeugnis vorgelegt werden. Was nicht in der Annonce stand: Für den Erhalt der Ermäßigung verlangte der kreative Fachmarkt zusätzlich, das vorgelegte Zeugnis kopieren und diese Kopie bei sich behalten zu dürfen – auch eine phantasievolle Art, an interessante persönliche Daten jugendlicher Kunden heranzukommen.

Die Klage ist auf Unterlassung der angegriffenen Werbung und auf Erstattung der Abmahnkosten gerichtet.
Die Verbraucherschützer halten die Anzeige vor allem deshalb für unlauter, da die Werbeannonce die angesprochenen minderjährigen Schüler in unzulässiger Weise zum Kauf auffordere und deren geschäftliche Unerfahrenheit ausnutze.
Hilfsweise stützt der Verband die Klage darauf, dass die Werbung zudem deshalb unlauter sei, weil die Beklagte darin verschweige, dass sie das Zeugnis kopiert und speichert.
Das Landgericht Passau (Urteil vom 26.07.2012, Az. 3 O 843/11) hatte den Elektronik-Fachmarkt gemäß dem Hilfsantrag verurteilt.
Die Berufung des Elektronikmarktes vor dem OLG München (Urteil vom 06.12.2012, Az. 6 U 3496/12) hatte lediglich hinsichtlich der Abmahnkosten Erfolg. Nach Ansicht des OLG enthält die Werbung zwar eine an Kinder gerichtete Aufforderung zum Kauf. Sie verstoße aber nicht gegen die Verbotsnorm der Nr. 28 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG, weil sich der allgemeine Kaufappell nicht auf eine konkrete Ware, auf bestimmte Produkte beziehe, sondern auf das gesamte Warensortiment der Beklagten. Die Werbung übe auch keinen unangemessenen unsachlichen Einfluss auf die Entscheidungsfreiheit der angesprochenen Verbraucher aus und nutze auch nicht deren geschäftliche Unerfahrenheit aus.
Die Unlauterkeit der Anzeige folge aber aus § 4 Nr. 4 UWG, da in der Werbung keine ausreichenden Angaben über die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Preisermäßigung enthalten seien. Hieran fehle es, weil die Beklagte nicht angegeben habe, dass sie von dem vorzulegenden Zeugnis Kopien für ihre Unterlagen fertige.
Das OLG München hat die Revision zugelassen. Die Verbraucherschützer streben die Verurteilung des Elektronik-Fachmarktes entsprechend der Abmahnung und des Hauptantrages an.
Mal schauen, ob der BGH der Reklame zum Zeugnistag eine „Eins“ gibt oder ob diese unmittelbar an Minderjährige gerichtete Kauf-Einladung sowie die sich daran anschließende Daten-Sammlung in der mündlichen Verhandlung am 03. April 2014 als unlauterer „April-Scherz“ eine höchstrichterliche Abmahnung erhält.