Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen bzw. - wie der Volksmund in der aktuelleren Version sagt - spottet jeder Beschreibung.
Welche gewagten Berechnungsmodelle sich zur Berechnung vermeintlicher Schäden oder Schadensersatz-Ansprüche in Abmahnungen der Musik- und Filmbranche finden, das sprengt alle möglichen und unmöglichen Vorstellungen.
Gehen die Abmahnungen der Musik-Labels, der Filmbranche und der vermeintlichen Rechtevermarkter gegen tatsächliche oder angebliche Tauschbörsen-Nutzer in Wirklichkeit ins Leere?
Im Urheberrecht juristisch anerkannt sind lediglich drei Schadensberechnungen:
1. Die Gewinnabschöpfung:
Der Verletzer bzw. der Abgemahnte hat seinen durch die Urheberrechtsverletzung generierten Gewinn, den sog. Verletzer-Gewinn, an den Verletzten, den Urheber bzw. Rechteinhaber, herauszugeben. Dieses Modell wurde gerade wieder im Fall des Möllemann-Videos vom BGH (I ZR 122/08 und I ZR 130/08) herangezogen. In Filesharing-Fällen gibt es i. d. R. keine abschöpfbaren konkreten Gewinne des Rechtsverletzers bzw. des Abgemahnten.
2. Der entgangene Gewinn:
Der Verletzer bzw. der Abgemahnte hat dem Verletzten, dem Urheber bzw. Rechteinhaber den diesem wegen der Urheberrechtsverletzung entgangenen Gewinn zu erstatten.
Kausal durch die etwaige Urheberrechtsverletzung entgangene Gewinne lassen sich auch im Zusammenhang mit der Teilnahme an Tauschbörsen kaum greifbar beziffern bzw. nach dem Grundsatz hypothetischer Kausalität kaum sachgerecht schätzen:
Wieviel Geschäfte wären ohne die jeweiligen P2P-Vorgänge tatsächlich getätigt worden und welcher Gewinn wäre dadurch auf Seiten des Rechteinhabers erwirtschaftet worden? Viel, wenig, keiner .. ?
Es kursieren dennoch Abmahnungen, in denen werden mit viel Phantasie sogar vermeintlich entgangene Download-Umsätze hochgerechnet und erstattet verlangt oder zur Grundlage "großzügiger" Vergleichsangebote gemacht. Das grenzt an Betrug.
Generell ist die Bereitschaft, in Abmahnungen brauchbare Unternehmenszahlen zur Belegung der konkreten Gewinn-Situation offen zu legen, naturgemäß äußerst gering.
3. Die Lizenz-Analogie:
Bleibt als Schaden der Lizenzbetrag, den bei vertraglicher Einräumung ein vernünftiger Lizenzgeber als angemessen gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte.
Wie hoch ist diese fiktive Lizenzgebühr bei der Teilnahme an einer Musik-, Film- oder Software-Tauschbörse? Wieviel zahlt ein verständiger Filesharing-User für das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung des urheberrechtlich geschützten Materials zum kostenlosen Download durch Dritte? Vielleicht gar nichts? Wäre eine Lizenzgebühr nicht ohnehin in P2P-Netzwerken systemwidrig?
Wer hat welchen konkreten und kausal auf die spezielle vermeintliche Filesharing-Nutzung zurückzuführenden Schaden? Das ist im Einzelfall kaum zwingend zu berechnen und kaum seriös gemäß § 287 ZPO gerichtlich zu schätzen. Abgesehen davon setzt ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Urheberrechtsverletzung stets ein Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) voraus, woran es in vielen Fällen fehlen kann.
Auf jeden Fall muss nicht zwangsläufig beim Adressaten der Abmahnung ein Schaden "landen", denn es gibt zahlreiche Gegenargumente und zielführende Hilfe bei der Abwehr von Filesharing-Abmahnungen.