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Donnerstag, 22. August 2019

Filesharing-Abmahnungen: 7 aktuelle Irrtümer



Nach dem Abmahnungsschock:
Fehler vermeiden
In der letzten Zeit gibt es für die zahlreichen Inhaber von Internetanschlüssen wesentlich verbesserte Möglichkeiten, sich erfolgreich gegen unbegründete und recht hohe Schadensersatz- und Kostenforderungen zu wehren, die seitens bundesweit agierender Anwälte im Rahmen urheberrechtlicher Abmahnungen für Filme oder Musik sowie für Computerspiele oder Hörbücher geltend gemacht werden.
 
Gesetzliche Regelungen oder Unklarheiten und von deutschen Gerichten gefällte Entscheidungen zulasten der Internetanschlussinhaber wurden zugunsten der Internetanschlussinhaber modifiziert, was in weiten Kreisen – teilweise auch im Rahmen immer noch verbreiteter fehlerhafter rechtlicher Beratung – bis heute verkannt wird. Dadurch lassen sich etliche Internetnutzer, die entsprechenden Abmahnungen oder Klagen ausgesetzt sind, zu unnötigen bzw. rechtlich nachteiligen Erklärungen und unbegründeten Geldzahlungen hinreißen. 

Einige der in dem Zusammenhang wesentlichen, derzeit immer noch kursierenden Irrtümer und Fehleinschätzungen werden im Folgenden kurz zusammengefasst:

 

1.    Die modifizierte strafbewehrte Unterlassungserklärung als untaugliches "Allheilmittel"? 

Am weitesten verbreitet ist immer noch die Unart, im Falle des Erhalts von Filesharing-Abmahnungen stets die Abgabe einer sog. modifizierten Unterlassungserklärung zu empfehlen. 

Die gegenüber dem in der Abmahnungspost enthaltenen Erklärungsentwurf vorgeschlagenen Abänderungen oder Ergänzungen mögen für den Fall, dass der Abmahnungsadressat tatsächlich selbst einschlägige Urheberrechtsverletzungen begangen hat, durchaus sinnvoll sein. 

Hat der Internetanschlussinhaber allerdings selbst keine Urheberrechtsverletzung begangen, ist ihm auch von der Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung abzuraten. Immerhin gelten die in einer strafbewehrten Unterlassungserklärung eingegangenen Verpflichtungen und Vertragsstrafen-Risiken nicht nur drei Jahre, auch nicht lediglich 30 Jahre, wie manchmal zu lesen ist, sondern ein Leben lang. 

In der prozessualen Praxis ist im Übrigen feststellbar, dass auch die Abgabe einer modifizierten strafbewehrten Unterlassungserklärung von vielen Richterinnen und Richtern dennoch – wenn auch vielleicht nicht ausdrücklich – als Quasi-Schuldeingeständnis bewertet wird. Warum soll der oder die Beklagte denn ansonsten überhaupt ohne Not und ohne eigene Rechtsverletzung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben haben?

 

2.    Ermessensbegrenzung 

Soweit denn im Einzelfall überhaupt die Abgabe einer modifizierten strafbewehrten Unterlassungserklärung angebracht erscheint, wird im Zusammenhang mit den darin enthaltenen Vertragsstrafen-Festlegungen dann nicht selten vergessen, ein eventuell dem Unterlassungsgläubiger überlassenes Ermessen hinsichtlich fairer Ermessensgrundlagen und hinsichtlich einer vertretbaren und verhältnismäßigen Vertragsstrafen-Obergrenze angemessen zu konkretisieren.

 

3.    Auflösende Bedingungen 

Ferner wird oft versäumt, die abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärungen mit rechtlich zulässigen auflösenden Bedingungen zu versehen (insbesondere hinsichtlich einer zukünftig evtl. veränderten Gesetzeslage, veränderter höchstrichterlicher Rechtsprechung oder sich später verändernder sachverhaltlicher Feststellungen).

 

4.    Phantom „Störerhaftung“

Eines der größten aktuellen Irrtümer im Zusammenhang mit dem Vorwurf illegaler Tauschbörsen-Teilnahme besteht in dem Irrglauben, ein Internetanschlussinhaber würde zwangsläufig für die über seinen Internetanschluss begangenen etwaigen Rechtsverstöße seiner Familienangehörigen oder sonstiger Dritter im Rahmen der sog. „Störerhaftung“ haften. 

Dabei wird übersehen, dass nach einer bereits seit dem 13.10.2017 geltenden Neufassung des Telemediengesetzes (TMG) ein Anschlussinhaber nicht mehr für Rechtsverletzungen haftet, die über seinen ggf. nicht oder nicht ausreichend verschlüsselten bzw. abgesicherten WLAN-Router ohne seine Kenntnis durch Dritte begangen werden. Der in Abmahnungen teilweise immer noch enthaltene Vorwurf einer ggf. unzureichenden Verschlüsselung bzw. eines ggf. nicht genügend sicheren Router-Passwortes geht also mittlerweile fehl.

 

5.    Tatsächliche Vermutungen 

Überinterpretiert wird oft die den Anschlussinhaber vermeintlich treffende sog. „tatsächliche Vermutung“ seiner Täterschaft. Häufig wird so getan, als ob der Anschlussinhaber verpflichtet sei, eine gegen ihn gerichtete „tatsächliche Vermutung“ etwa zu erschüttern oder sogar seine Unschuld zu beweisen. Die Beweislast trifft demgegenüber allein den Abmahnenden.

 

6.    Sekundäre Darlegungspflichten 

Es ranken sich auch immer noch zahlreiche Unsicherheiten und Irrtümer um die sog. „sekundären Darlegungspflichten“ im Rahmen der rechtlichen Verteidigung des Internetanschlussinhabers: Dieser muss nicht außergerichtlich, sondern erst in einem etwaigen gerichtlichen Verfahren nachvollziehbar vortragen, welche Personen mit Rücksicht auf ihr Nutzerverhalten, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen. Insoweit ist der Anschlussinhaber auch im Rahmen des Zumutbaren zu Befragungen und Nachforschungen verpflichtet und hat mitzuteilen, welche relevanten Kenntnisse er dabei ggf. erhalten hat. 

Nach der aktuellen Rechtsprechung dürfen – was häufig übersehen wird – unter angemessener Berücksichtigung des etwaigen Zeitablaufs von mehreren Wochen, mehreren Monaten und manchmal sogar mehreren Jahren die Anforderungen an das Erinnerungsvermögen und die Darlegungen des Internetanschlussinhabers nicht überspannt werden. Die prozessualen Anforderungen sind unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit sachgerecht und fair zu begrenzen.
 
Eine zu dieser Thematik bereits im September des vergangenen Jahres ergangene Entscheidung des Landgerichts Bielefeld hat dies in überzeugender Weise bestätigt. Soweit dennoch oft überhöhte Anforderungen an die detaillierte Darlegung zurückliegender technischer, häuslicher und familiärer Abläufe, Verhaltensweisen und Geschehnisse gestellt werden, dient dies demgegenüber primär der zusätzlichen Verunsicherung vieler Abmahnungsadressaten. Dem ist dann unter Verweis auf einschlägige gerichtliche Urteile entschieden entgegenzutreten.

 

7.    Übereilte Kontaktaufnahmen 

Und schließlich kommt es immer wieder vor, dass Abmahnungsempfänger sofort übereilt fernmündlich oder schriftlich Kontakt mit der abmahnenden Anwaltskanzlei aufnehmen, sich dabei um Kopf und Kragen reden und erst danach Beratung und etwaige Unterstützung durch einen Rechtsanwalt ihres eigenen Vertrauens suchen. Das ist die falsche Reihenfolge.

 
 
 

Freitag, 10. Februar 2017

Narrenfreiheit für Internet-Abmahnungen?


Gewitzter Umgang mit „zickiger“ Anwaltspost zur Faschingszeit

Das Ausmaß der aktuell wieder im Umlauf befindlichen Abmahnungen nimmt schon „karnevalistische Züge“ an. Die Adressaten der entsprechenden Anwaltspost wissen oft nicht, ob sie lachen oder weinen sollen. Im Ergebnis wird es sich in den meisten Fällen empfehlen, einerseits den Ernst der Lage nicht zu verkennen, andererseits die Sache dennoch mit Humor und vielleicht zusätzlicher versierter Hilfestellung anzugehen.

Da marschieren üppige Paragraphenketten und jecke Fachterminologien durch die Fastnacht in den häuslichen Briefkasten, gepaart mit launigen Rechtsprechungszitaten in kaum verständlichem Juristen-Dialekt. An den Kostümkragen geht es insbesondere vermeintlich rechtsverletzenden Online-Veröffentlichungen (z. B. Fotos, Texte, Musik, Werbung, Ebay-Angebote oder sonstige Shop- bzw. Webseiten-Präsentationen etc.). Im anwaltlichen Dichterstreit spielen neben den rechtlichen Klimmzügen zusätzlich dann auch reale und virtuelle, geschäftliche und technische Details eine Rolle.

Grundsätzlich darf man davon ausgehen, dass ein Abmahnungschreiben umso seriöser ist, je nachvollziehbarer und verständlicher es verfasst wurde; hat der Gesetzgeber gerade auf den Rechtsfeldern des Medienrechts, des Urheberrechts, des Markenrechts und des Werbe- und Wettbewerbsrechts doch bewusst das Rechtsinstitut der Abmahnung geschaffen, um auf diese Weise nach Möglichkeit gerichtliche Klageverfahren zu vermeiden. Wer will schon einen prozessualen Zickenkrieg - außer etwaige "Zicken"?

Das Verhindern teurer Prozesse ist natürlich auch vorrangiges Ziel der Abmahnungsempfänger selbst, die allerdings nicht selten aus diesem Antrieb heraus zu übereilt närrische Erklärungen abgeben und Zahlungen leisten – in dem Glauben, sich damit der verrückten Angelegenheit abschließend entledigt zu haben. Dies kann leider ein bedauerlicher und kostspieliger Irrtum sein.

Von den Elferräten der Abmahnungszünfte in die Bütt gelegte Erklärungsmuster, sogenannte strafbewehrte Unterlassungserklärungen, enthalten nämlich oft als harmlose Formsache verkleidete Fußangeln und Fallstricke, die bei ungeprüfter und unveränderter Unterzeichnung zu einem späteren Absturz in eine wenig witzige Katerstimmung führen können: Dann werden hektisch zugesagte Vertragsstrafen plötzlich zu einem unabsehbaren Fass ohne Boden. Zudem können zu weit gefasste Verbotssachverhalte die weitere geschäftliche oder private Bewegungsfreiheit unnötig einschränken. 

Arglos unterzeichnete Formulierungen stellen sich im Nachhinein als geschickt maskierte Anerkenntniserklärungen heraus, zu deren Abgabe in der Form und in dem Umfang überhaupt keine Verpflichtung bestand. Dann bestimmen auf einmal weitere Schadensersatz- und Kostenforderungen die närrische Sitzung, von denen vorher so noch gar nicht die Büttenrede war. Ganz zu schweigen vom Narrhallamarsch der bösen, pseudojuristischen Begleitmusik - wie dem „Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs“, listigen Ermessensklauseln oder raffinierten Gerichtsstandsvereinbarungen.

Da reiht sich so manche Faschingspost ein in den gar nicht so witzigen aktuellen Trend zu „alternativen Fakten“ und „Fake-News“. Aber wer will sich schon freiwillig durch Mummenschanz zum Hoppeditz machen lassen? Dem begegnet der auf solche Weise angegangene Jeck am besten nicht nur mit karnevalistischem Humor, sondern zusätzlich mit gewitzten und schlagkräftigen Argumenten, die an zahlreichen Stellen dieses Blogs mittlerweile über mehrere Sessionen angesammelt worden sind.

Dann gibt’s vielleicht doch noch den verdienten Karnevalsorden...


Sonntag, 11. August 2013

Wie Filesharing-Abmahnungen zu leicht Vertragsstrafen "ermöglichen"

Mit Update des Erklärungsentwurfes vom 03. Oktober 2013


Die Abfassung einer verantwortbaren modifizierten strafbewehrten Unterlassungserklärung stellt gewachsene Herausforderungen an Laien und Juristen, wenn unnötige Schadensrisiken, teure Prozesse und unangemessene Vertragsstrafen möglichst vermieden werden sollen.


Immer häufiger werden in Filesharing-Abmahnungen unter Hinweis auf die sogenannte Störerhaftung viel zu weitgehende Anerkenntnisse und Unterlassungserklärungen verlangt:

So soll der Abgemahnte dem Abmahner die Zahlung hoher Vertragsstrafen zusagen für die Fälle, dass der Internetanschlussinhaber es zukünftig "ermöglicht", urheberrechtlich geschützte Dateien zum Abruf durch andere Filesharing-Teilnehmer "bereitzustellen".

Dabei beziehen sich viele Abmahnungen auf die m. E. recht fragwürdige Tenorierung im kritikwürdigen Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 11.01.2013
 
Hintergrund sind die unterschiedlichen sachverhaltlichen und rechtlichen Voraussetzungen einerseits der Täterhaftung (einschließlich Teilnehmer-Haftung) und andererseits der sogenannten Störerhaftung, die ihrerseits etliche unterschiedliche und höchst umstrittene Ausprägungen hat. Dem werden offene und vieldeutige Begriffe wie das "Ermöglichen" und das "Bereitstellen" allerdings kaum gerecht, zumindest nicht ohne geeignete Konkretisierungen und Einschränkungen. Wo fängt das "Ermöglichen" von illegalem Filesharing durch den Internetanschlussinhaber an, wo hört es auf?
 
Soweit sich im Einzelfall überhaupt vorsorglich eine die Störerhaftung ausdrücklich erfassende Unterlassungserklärung empfiehlt, ist dabei aus meiner Sicht neben vielen weiteren erforderlichen Gesichtspunkten im Zusammenhang mit modifizierten Unterlassungserklärungen an folgende eingrenzende Formulierungsvariante zu denken (zur Ergänzung der modifiziert zugesagten Unterlassungsverpflichtung):
 

"... Die eingegangene Unterlassungsverpflichtung ist so zu verstehen ist, dass sie auch eine sogenannte "Störerhaftung" umfasst im Sinne eines kausalen und schuldhaften zukünftigen Verhaltens, das ein entsprechendes vertragsstrafenbewehrtes öffentliches Zugänglichmachen vorhersehbar und vermeidbar außenstehenden, unbefugten Dritten ermöglicht, indem der Zugang zum privaten WLAN-Anschluss des/der Erklärenden nicht pflichtgemäß durch zum Zeitpunkt der Router-Installation und für die vorhandene technische Ausstattung technisch anerkannte, übliche und sinnvolle, dem/der Erklärenden mögliche und zumutbare Maßnahmen gesichert wird, und/oder das ein entsprechendes vertragsstrafenbewehrtes öffentliches Zugänglichmachen vorhersehbar und vermeidbar minderjährigen befugten, aber nicht einsichtsfähigen Nutzern des privaten Internetanschlusses ermöglicht oder minderjährigen befugten und einsichtsfähigen Nutzern des privaten Internetanschlusses ermöglicht, wenn letztere nicht pflichtgemäß über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehrt sind. ..."

Hiermit wird sowohl eine zukünftige (und für die Vergangenheit übrigens keineswegs eingeräumte) Störerhaftung wegen unzureichender realistischer Sicherung des häuslichen WLAN-Netzwerkes als auch der Zugang nicht einsichtsfähiger Kinder oder eine unzureichende Belehrung minderjähriger Kinder erfasst, ohne die Störerhaftung etwa z.B. auf übertriebene Kontroll- und Überwachungspflichten oder vermeintliche Belehrungspflichten gegenüber erwachsenen Kindern oder Ehepartnern auszuweiten.

Auch ein derartiges Erklärungsfragment sollte selbstverständlich grundsätzlich ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage sowie für weitergehende Ansprüche und insbesondere auch unter Protest gegen irgendeine Kostentragungspflicht, dennoch allerdings mit rechtlicher Verbindlichkeit abgegeben werden. Darüber hinaus sind - wie immer - auch die spezifischen Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls sorgfältig zu klären und zu berücksichtigen, bevor voreilig Erklärungstexte aus der Abmahnung, aus diversen Internetangeboten oder aus diesem Blog ungeprüft übernommen werden. Das Thema "Unterlassungserklärung" bleibt in jedem Fall spannend und vielschichtig und kann weiteren Streit und weitere Anregungen "ermöglichen".
 
 

Sonntag, 19. Mai 2013

Das P2P-Pfingstwunder oder Der Filesharing-Geist

Eine Glosse über die fromme Sprache und den süßen Wein der Abmahnung


 


Und als der Tag von Pfingsten und Kommunikationsfreiheit erfüllt war, waren sie alle einmütig beieinander. Und es geschah schnell ein Browser vom Himmel wie eines gewaltigen Daten-Windes und erfüllte das ganze Haus, da sie an ihren Rechnern, Laptops, Tabletts und Ultrabooks saßen. Und es erschienen ihnen Zungen und Hashwerte, zerteilt und geteilt, wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeglichen unter ihnen; und sie wurden alle voll des Filesharing-Geistes und fingen an, zu predigen und zu mahnen mit anderen Zungen, nach dem der Geist ihnen gab gefährliche Unterlassungserklärungen auszusprechen.

Es waren aber Abgemahnte und als Störer Verschriene in den Netz-Gemeinden, an den IP-Adressen und an den Hot Spots wohnend, die waren gottesfürchtige Frauen und Männer aus allerlei Volk, das unter dem Internet-Himmel ist. Da nun diese vermeintlich jüngstrichterliche Abmahnstimme geschah, kam die Menge zusammen und wurden bestürzt; denn es hörte ein jeglicher, dass sie mit ihrer und seiner Sprache über ihren und seinen Internetanschluss, über Lieder und Choräle, Bücher und Spiele, Taufen und Tauschbörsen redeten und über Lizenzanalogien spekulierten.

Sie entsetzten sich aber alle, verwunderten sich und sprachen untereinander: Siehe, sind nicht diese alle, die da rasch reden, aus Geldiläa? Oder doch frommer aus Waldorf? Wie hören wir denn ein jeglicher seine Sprache und seinen Dialekt, darin wir geboren sind? Hamburger und Frankfurter, Münchener und Berliner, und die wir wohnen in Mecklenburg-Vorpommern und in Bavaria, Ludwigshafen und Kaltenkirchen, Colonia und Ostfriesland, Baden-Württemberg, Bielefeld und Norderney, Lipperland, Münsterland und an den Enden von Schleswig-Holstein bei Flensburg und Ausländer von Rom, wie auch Polen und Türken: wir hören sie mit unsern Zungen die großen Taten der Rechteverwerter reden.

Sie entsetzten sich aber alle und drohten, irre zu werden, und sprachen einer zu dem andern: Was will das werden? Die andern aber hatten's ihren Spott und sprachen: Sie sind voll süßen Weins.

Prosit und frohe Pfingsten.
(sehr frei nach Lukas)

Montag, 18. Februar 2013

"Rasch" noch 'ne Unterlassungserklärung zur Filesharing-Abmahnung?

 

Wen stört die Störerhaftung?                         In letzter Zeit erhalten immer mehr (Alt-)Empfänger von Filesharing-Abmahnungen neue Anwaltspost - insbesondere aus Hamburg. Darin wird trotz bereits abgegebener Unterlassungserklärung "rasch" die Abgabe weiterer Erklärungen verlangt oder zumindest angeregt - mit der Andeutung ansonsten bestehender zusätzlicher Prozessrisiken. Die vorausgegangene Erklärung decke die Störerhaftung nicht ab.


Die Abfassung einer interessengerechten modifizierten strafbewehrtenUnterlassungserklärung stellt gewachsene Herausforderungen an Laien und Juristen, erst recht, wenn nachträglich vom Abmahner "Nachschlag" verlangt wird. Welche - zusätzliche - Formulierung ist verantwortbar und schadensmindernd und vermeidet unnötige Vertragsstrafen und unnötige Prozessrisiken?

Vormals von der Mehrzahl der Abmahnanwälte akzeptierte Erklärungsinhalte dahingehend, es zukünftig zu unterlassen, das geschützte oder die geschützten Werke des vermeintlichen Rechteinhabers im Internet im Rahmen sogenannter Tauschbörsen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, werden immer öfter als unzureichend gerügt, wobei einige Abmahner auch den Zusatz "oder öffentlich zugänglich machen zu lassen" nicht mehr als ausreichend akzeptieren. Häufig wird nun verlangt, verknüpft mit dem jeweiligen Vertragsstrafen-Versprechen zuzusagen, zukünftig jedes "Bereitstellen" (so der m.E. fragwürdig tenorierte, berüchtigte Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 11.01.2013) von Werk-Daten zum Abruf durch andere Filesharing-Teilnehmer oder jedes "Ermöglichen" der jeweils in Rede stehenden, angeblichen Rechtsverstöße zu unterlassen.

"Ermöglichen" ist ein sehr weiter, ein zu weiter Begriff.

Hintergrund sind die unterschiedlichen sachverhaltlichen und rechtlichen Voraussetzungen einerseits der Täterhaftung (einschließlich Teilnehmer-Haftung) und andererseits der sogenannten Störerhaftung, die ihrerseits etliche unterschiedliche und höchst umstrittene Ausprägungen hat. Dem wird eine offene und vieldeutige Vokabel wie das "Ermöglichen" nicht gerecht.

Deshalb an dieser Stelle der hoffentlich zu Kritik, Ergänzung, Verbesserung und/oder Verwerfung aufmunternde, auf den ersten Blick vielleicht etwas kryptische Vorschlag, neben selbstverständlich zahlreichen weiteren erforderlichen Überlegungen im Zusammenhang mit einer modifizierten Unterlassungserklärung derzeit (vorbehaltlich ausstehender Erkenntnisse z. B. hinsichtlich der noch nicht veröffentlichten Entscheidungsgründe zum Urteil des BGH vom 15.11.2012) folgendes Formulierungsfragment konkretisierend in die UE aufzunehmen:
"... wobei die Unterlassungsverpflichtung so zu verstehen ist, dass sie auch eine sogenannte "Störerhaftung" umfasst, ein etwaiges schuldhaftes zukünftiges Verhalten, das ein entsprechend vertragsstrafenbewehrtes öffentliches Zugänglichmachen außenstehenden, unbefugten Dritten ermöglicht, indem der Zugang zum privaten WLAN-Anschluss des/der Erklärenden pflichtwidrig nicht in zumutbarer und hinreichender Art gesichert wird und/oder indem minderjährige befugte Nutzer des privaten Internetanschlusses nicht pflichtgemäß über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehrt werden. ..."

Hiermit wird sowohl eine zukünftige (und für die Vergangenheit übrigens keineswegs eingeräumte) Störerhaftung wegen unzureichender Sicherung des häuslichen WLAN-Netzwerkes als auch eine unzureichende Belehrung minderjähriger Kinder erfasst, ohne die Störerhaftung etwa z.B. auf übertriebene Kontroll- und Überwachungspflichten oder vermeintliche Belehrungspflichten gegenüber erwachsenen Kindern oder Ehepartnern auszuweiten.

Auch das vorstehende Erklärungsfragment sollte in der Mehrzahl der Fälle natürlich ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage sowie für weitergehende Ansprüche und insbesondere auch unter Protest gegen irgendeine Kostentragungspflicht, dennoch allerdings mit rechtlicher Verbindlichkeit, abgegeben werden. Darüber hinaus sind immer auch die jeweiligen spezifischen Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls sorgfältig zu klären und zu berücksichtigen.

Mit der vorstehenden ergänzenden Erklärung sollte möglichst auch ausdrücklich keine Aufnahme oder Fortsetzung von Verhandlungen über vermeintliche Ansprüche oder über vermeintliche Ansprüche begründende Umstände verbunden werden, außer dies und eine damit ggf. verbundene Hemmung einer noch laufenden Verjährungsfrist sind gewollt.

Der Entwurf ermöglicht vielleicht, die von einigen Gerichten und Anwälten propagierte ausufernde Formulierung der "Ermöglichung" von Urheberrechtsverletzungen in angemessener Weise einzugrenzen und damit auch das Risiko zu weitgehender vertraglicher Bindungen im Rahmen einer vertragsstrafenbewehrten Unterlassungserklärung zu minimieren. Verlangt der Abmahner die Erfassung weitergehender Haftungsszenarien, wird er m.E. entsprechende konkrete Verstoßsachverhalte darlegen und beweisen müssen, was schwierig werden dürfte.

In jedem Fall kann der oben zitierte Entwurfsauszug nur eine vorläufige Handhabung bei Filesharing-Abmahnungen sein, da anstehende höchstrichterliche Entscheidungen noch weitere Klärungen herbeiführen können, die neue Formulierungsanpassungen sinnvoll machen. 

Freitag, 18. Januar 2013

Nach Filesharing-Abmahnung folgt Vertragsstrafen-Horror


 Die zweite Welle kommt

Aktuelle Korrespondenz- und Klage-Fälle - u.a. auch vor dem Landgericht Bielefeld - überraschen immer häufiger die vormaligen Empfänger von Filesharing-Abmahnungen. Einige Monate, nicht selten Jahre nach Unterzeichnung einer anwaltlich vorgegebenen Unterlassungserklärung werden sie nun mit z. T. extrem hohen Vertragsstrafen konfrontiert. Dann rächen sich voreilig unterschriebene Formulare und der Glaube, bei schneller Abgabe der vom Abmahnungsanwalt vorgegebenen "Unterlassungserklärung" nicht weiter behelligt zu werden. Das ist nämlich ein böser Irrtum und führt zu neuem Ungemach.

Nicht selten enthalten die den urheberrechtlichen Abmahnungen beigefügten Formulare nämlich rechtsverbindliche Erklärungen, deren Abgabe so weder gewollt, noch erforderlich oder sinnvoll ist. 

Nachteilige Formulare

So sind manche Unterlassungserklärungen zu weit gefasst
  • hinsichtlich der sie umfassenden Werke,
  • hinsichtlich der einbezogenen Verletzungshandlungen bzw. Verstoßsachverhalte,
  • hinsichtlich der Vertragsstrafenhöhen
  • oder auch hinsichtlich über etwaige Vertragsstrafen hinausgehender Erstattungs- bzw. Schadensersatz-Szenarien.
Ferner erzeugen die anwaltlichen Erklärungsvorgaben manchmal unbeabsichtigte, für etwaig nachfolgende gerichtliche Verfahren nachteilige Anerkenntnis-, Beweis- oder Indiz-Wirkungen, die bei sachgerechtem Vorgehen hätten vermieden werden können.

Lücken-Büßer

Selbstverständlich enthalten die einer Filesharing-Abmahnung beigefügten Erklärungsformulare regelmäßig nicht die im jeweiligen Einzelfall für den Internetanschlussinhaber interessengerechten und empfehlenswerten Zusätze, die die rechtliche Position des Erklärenden in einem etwaig folgenden Vertragstrafen-Prozess stärken können. Zu derartigen "Lücken", die man hinterher büßen muss, gehören beispielsweise fehlende optimierende
  • Ausschluss-Klauseln,
  • Betrags-Reduzierungen bzw. -Begrenzungen,
  • Verstoßeingrenzungen,
  • Ermessenseingrenzungen,
  • Haftungseingrenzungen,
  • (auflösende) Bedingungen.

Das Verhalten "danach"

Neben den vorgenannten Gesichtspunkten, die die Erklärungsabgabe selbst betreffen, ist vor dem Hintergrund der zunehmenden Vertragsstrafen-Streitigkeiten auch dringend eine gesteigerte Achtsamkeit nach der Erklärungsabgabe zu empfehlen. Dies gilt besonders für verantwortungsvolle Verhaltens- und Organisationsmaßnahmen
  • hinsichtlich der eigenen Nutzung des Internets,
  • hinsichtlich der Nutzung des eigenen Internetanschlusses durch Dritte,
  • hinsichtlich deren Belehrung und ggf. gesteigerter Überwachung,
  • hinsichtlich der optimierten Absicherung des häuslichen Internetanschlusses,
  • und auch hinsichtlich einer beweissichernden Dokumentierung derartiger Konsequenzen.

Sowohl die etwaige Abfassung und Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung als auch das Verhalten nach Abgabe einer entsprechenden Unterlassungserklärung dürfen in keinem Fall "auf die leichte Schulter" genommen werden.

Die sich in jüngerer Zeit - außergerichtlich und per Klage - häufenden Vertragsstrafen-Forderungen  lassen aus meiner Sicht befürchten, dass insoweit in der nächsten Zeit mit einer wachsenden zweiten "Welle" von Filesharing-Post zu rechnen ist, von der Zahl der Betroffenen geringer als bei der klassischen Abmahnungswelle, hinsichtlich der geltend gemachten Geldbeträge allerdings deutlich höher.

Samstag, 15. September 2012

Filesharing-Abmahnung: Das Geschäft mit der kleinen und großen Lüge

mit Update vom 29. September 2012

Lügen haben kurze Beine, in unzähligen Filesharing-Abmahnungen aber dennoch bereits eine lange - und ärgerliche - Tradition. Das artet in vielen Fällen sogar in betrügerische Machenschaften aus. Selbstverständlich agieren nicht alle Abmahner in jedem Fall mit Lug und Trug. Nachdem allerdings nach meiner Wahrnehmung gerade im laufenden Jahr Abmahnungen mit unwahren Behauptungen, vollmundigen Verdrehungen und mit der unseriösen Verbreitung falscher Eindrücke zunehmen,

hier die 12 dreistesten Abmahnungs-Bluffs:


  1. Das angegebene Musik-, Film- oder Software-Produkt existiert gar nicht bzw. der genannte Rechteinhaber ist nicht Anspruchsinhaber bzw. der als solcher ausgewiesene Rechtsanwalt ist nicht bevollmächtigt oder - in ganz krassen (Fake-)Fällen - besitzt gar keine anwaltliche Zulassung.
  2. Die vermeintlichen "Ermittlungsergebnisse" eines angeblich tätig gewordenen Anti-Piracy-Unternehmens mit angeblich dem Abmahnungsempfänger zuzuordnender IP-Adresse und angeblich sicher protokollierten und archivierten sowie angeblich sicher zuzuordnenden Downloads und Filehashwerten existieren nicht bzw. weisen nicht die behauptete eindeutige und revisionssichere Qualität auf.
  3. Es wird fälschlicherweise behauptet, der Bundesgerichtshof habe mit Urteil vom 12.05.2010 entschieden, dass der Inhaber eines Internetanschlusses für alle diesem Internetanschluss zuzuordnenden illegalen Filesharing-Vorgänge Schadensersatz zahlen muss.
  4. Es wird fälschlicherweise behauptet, der BGH habe mit dem gleichen Urteil zur Frage der sogenannten Störerhaftung entschieden, dass ein Internetanschlussinhaber für illegales Filesharing seiner Familienangehörigen oder sonstiger Nutzer seines Interetanschlusses haftet.
  5. Es wird der rechtlich falsche Eindruck erweckt, der Inhaber bzw. die Inhaberin des Internetanschlusses müsse angeblich beweisen, dass er nicht selbst illegales Filesharing betrieben hat.
  6. Es wird der rechtlich falsche Eindruck erweckt, der Inhaber des Internetanschlusses müsse angeblich zur eigenen Entlastung den wirklichen Filesharing-"Täter" ermitteln und benennen.
  7. Es wird der rechtlich falsche Eindruck erweckt, ein vorliegender gerichtlicher Gestattungs-/Auskunfts-Beschluss nach § 101 UrhG belege angeblich alle die vermeintlichen Ansprüche gegen den Abmahnungsempfänger begründenden Voraussetzungen.
  8. Es wird der rechtlich falsche Eindruck erweckt, eine Abänderung der zur Unterschrift vorgelegten strafbewehrten Unterlassungs- und Anerkennungserklärung führe angeblich zur Unwirksamkeit der außergerichtlichen Erklärung und damit zu teuren Unterlassungsklagen.
  9. Es wird der rechtlich falsche Eindruck erweckt, der Streitwert für Abmahnungen und Klagen beispielsweise im Zusammenhang mit einem einzigen Musiktitel betrage 10.000,00 Euro oder mehr.
  10. Es wird der falsche Eindruck erweckt, es gäbe angeblich bereits in diversen Klageverfahren gerichtlich eingeholte Sachverständigen-Gutachten, die die angeblich gerichtsfeste Qualität der Crawler-Protokolle und deren Ergebnisse bestätigten, was ebenfalls unwahr ist.
  11. Es wird der falsche Eindruck erweckt, eine Fristverlängerung gegenüber einem vom Abmahnungsempfänger beauftragten Anwalt oder eine Verhandlung über Betragshöhen komme nicht in Betracht. Stattdessen würde unmittelbar nach Ablauf der gesetzten Frist sofort eine gerichtliche einstweilige Verfügung gegen den Adressaten der Abmahnung beantragt.
  12. Es wird behauptet, alle sachverhaltlichen, technischen und rechtlichen Gegenargumente des bzw. der Abgemahnten seien untaugliche Schutzbehauptungen, technische und rechtliche Fehleinschätzungen sowie ... Lügen.
Aus Anlass der außerordentlich engagierten Kommentare zu diesem Beitrag hier nun als

Update 

vom 29.09.2012 eine weitere Ziffer

   13.  Es werden falsche Eindrücke erweckt über angeblich für die jeweilige Abmahnung geltende anwaltliche Kosten, Kostenberechnungen, Kostenrechnungen, (fehlende) Kostenvereinbarungen, Kostenzahlungen und/oder Kostenerstattungspflichten.

Freitag, 17. August 2012

Wie die richtigen Fragen falsche Filesharing-Abmahnungen entlarvend beantworten

Wenn man nach Erhalt einer Abmahnung ratlos - und nicht selten verzweifelt - ist, geben häufig schon einige zielorientierte Fragen die richtigen Antworten.



Nach einer Filesharing-Abmahnung
sitzt man oft zwischen den Stühlen.

Ein Fall, wie er hunderttausendfach vorkommt:

In einer im Briefkasten vorgefundenen Abmahnung werden erhebliche rechtliche Konsequenzen angedroht, weil vermeintlich das Urheberrecht bzw. die Verwertungsrechte des Abmahners verletzt wurden. Der Adressat soll angeblich nachweislich illegal in Online-Tauschbörsen fremde Musik-, Film- oder Software-Werke down- und insbesondere upgeloadet haben.

Gefordert werden die Abgabe einer mit Vertragsstrafen sanktionierten unangemessenen Unterlassungserklärung sowie die Zahlung von überhöhtem Schadensersatz und fragwürdigen Anwaltskosten - zumeist "großzügig" und in nicht nachvollziehbarer Weise zusammengefasst zu einem "entgegenkommenden Vergleichsbetrag".


Was tun?

 

Der durch die Abmahnungspost erzeugte Stress lässt die Abmahnungsadressaten häufig keinen klaren Gedanken fassen. Dabei führen bereits die richtigen Fragestellungen oft zu geeigneten Hilfestellungen.

  1. Enthält das Abmahnungsschreiben tatsächlich durchgreifende Schuldnachweise? Warum werden Internetanschlussinhaber ohne Verschuldensnachweis kriminalisiert, obwohl eine Anschluss-Inhaberschaft keinen Tatnachweis darstellt?
  2. Warum werden für zweifelhafte isolierte "Rechte" zur Verwertung von Musik- oder Filmwerken in P2P-Systemen bzw. Online-Tauschbörsen allein zu diesem Zweck Lizenzen an extra zu diesem Zweck gegründete Gesellschaften (GmbH, Ltd. etc.) vergeben und dem Lizenznehmer damit das Generieren von Abmahnungserlösen erst ermöglicht?
  3. Warum erzielen einige "Rechteinhaber" mehr Geld mit Filesharing-Abmahnungen als mit den den Abmahnungen zugrundeliegenden "Werken"?
  4. Warum gibt es Rechtsanwälte, die in der Abmahnung angebliche Kostenerstattungsansprüche vorspiegeln, die - zumindest in der angegebenen Höhe - tatsächlich dem Abmahnenden gar nicht in Rechnung gestellt werden und lediglich der fingierten Forderungsbegründung gegenüber dem Abmahnungsempfänger dienen?
  5. Warum werden in vielen Filesharing-Abmahnungen völlig überhöhte und unrealistische Schadensbeträge beziffert - unter unverhältnismäßiger und dramatisierender Fehlinterpretation der Grundsätze der Lizenzanalogie?
  6. Warum wird in vielen Filesharing-Abmahnungen nicht ausreichend deutlich zwischen Täterhaftung und Störerhaftung differenziert?
  7. Warum machen viele Abmahner aus der in ihren Ausprägungen ohnehin recht umstrittenen Störerhaftung desjenigen, der einen Internetanschluss angeblich nicht angemessen und zumutbar sichert und überwacht, ohne gesetzliche Grundlage quasi eine "Halterhaftung für Internetanschlüsse"? 
  8. Warum ignorieren viele Abmahner die tatsächliche und rechtliche Sondersituation bei Hotspots?
  9. Warum versuchen viele Abmahn-Kanzleien, die Unterschiede zwischen der - ebenfalls in ihren Ausprägungen umstrittenen - sekundären Darlegungs- und Beweispflicht zu ignorieren und zudem damit eine vermeintlich primäre Darlegungs- und Beweislast des Abgemahnten vorzutäuschen?
  10. Warum verunglimpfen große Teile der Abmahnungsbranche alle kritischen Darlegungen zur Fragwürdigkeit einiger Recherche- und Dokumentierungs-Techniken und -Methoden als pauschale Schutzbehauptungen (z. B. nicht revisionssichere Protokollierung und Archivierung durch Crawling-Unternehmen, Zweifel bzgl. IP-Adresse, Zeitstempel oder Hashwert, Hinweise auf die Möglichkeit durch Rootkits verschleierter Trojaner-Angriffe, aber auch Klarstellungen darüber, dass ein "Knacken" von Verschlüsselungen bzw. Passwörtern letzendlich nicht sicher vermeidbar ist und es zudem Grenzen der Kontrolle von Familienangehörigen oder Mitbewohnern gibt)?
  11. Warum arbeitet die Abmahnungsbranche z. T. mit bewussten Einschüchterungen und fragwürdigem Psychostress (z. B. mit Platzierung der Abmahnungspost zum Wochende, mit kurzen Fristsetzungen, mit aus dem Zusammenhang gerissenen und/oder veralteten Urteilszitaten, mit unverständlicher Fachterminologie, wiederholten und unrealistischen Drohkulissen etc.)? Sind die selbstsicheren und teilweise selbstgerechten Darlegungen im Abmahnungsschreiben wirklich so unumstößlich?
  12. Warum versuchen viele Abmahner, unangemessene und den Abgemahnten in seinen Rechten beschneidende strafbewehrte Unterlassungserklärungen zu erlangen?
  13. Warum wird diese Praxis von einigen Gerichten (insbesondere unterer Instanzen, wobei allerdings auch höchstrichterliche Rechtsprechung manchmal nicht weniger kritikwürdig ist) verkannt oder sogar mitgetragen, insbesondere wenn der oder die Abgemahnte ohne anwaltliche Verstärkung den prozessualen Hürden und Fallen (Sach- und Rechtsvortrag, Substantiierungspflicht, Beweisanträge, Rechtsbehelfe bzw. Rechtsmittel etc.) hilflos ausgesetzt ist?

In vielen Fällen gilt:

Diese Fragen zu stellen heißt, sie bereits ansatzweise zu beantworten. Leider bleiben die Fragen allerdings zumeist und bezeichnenderweise von den Abmahnern unbeantwortet bzw. ignoriert. Vielleicht geben die im obigen Blog-Post vorgenommenen Verlinkungen des Verfassers noch etwas weitergehende Antworten.

Freitag, 1. Juni 2012

Abmahnung für zweierlei Maß: Wenn ein Link Eindruck erweckt - im Blog und bei Gericht



Medienrechtliche Begründungstechnik aus Hamburg in der Kritik

Nach einem heftig diskutierten aktuellen Urteil der Hamburger Pressekammer soll ein Blogger, und zwar der Kollege Rechtsanwalt Markus Kompa, für Inhalte verlinkter Filmdateien als Störer haften. Über medienrechtliche und verfassungsrechtliche Fragen kann und darf heftig gestritten werden - auch bei Gericht und auch von unterschiedlichen Gerichten und gerichtlichen Instanzen. Das Urteil der "fliegenden" Zivilkammer 24 des Landgerichts Hamburg (Az. 324O 596/11) ist allerdings bereits wegen der im Tatbestand und in seinen Entscheidungsgründen enthaltenen Darstellungs- und Argumentationstechnik als denklogisch, verfahrensrechtlich und materiellrechtlich kritikwürdig und unangemessen zu bewerten.

In dem Zusammenhang fallen u. a. die folgenden Handhabungen auf:

1.
Schon im Urteilstatbestand wird man unter Zugrundelegung der vom Kollegen Rechtsanwalt Thomas Stadler mitgeteilten Details dem wirklichen Sachvortrag des beklagten Bloggers nicht gerecht.

Im Tatbestand finden sich einige Angaben über das vermeintliche Vorgehen der Mitarbeiter der WISO-Redaktion bzw. des ZDF anlässlich ihres "Besuchs" und der Durchführung von "Filmaufnahmen, die am 22.9.2010 mit versteckter Kamera in der Münchener Arztpraxis des Klägers" gefertigt wurden. Im richterlich abgefassten Tatbestand befinden sich auch einige Einzelheiten zu vermeintlich richtigen oder falschen Inhalten einer in dem streitgegenständlichen Fernsehbeitrag abgebildeten Presseerklärung der Charité.

Angaben zu diesbezüglichen Kenntnis- oder Erkenntnis-Möglichkeiten des bloggenden Beklagten finden sich im Urteilstatbestand demgegenüber nicht, obwohl anscheinend gegenüber dem Leser des Urteils der Eindruck erweckt werden soll, der beklagte Blogger habe diesbezügliche Detail-Kenntnisse gehabt bzw. haben müssen. Aber vielleicht sollten wir dem Urteil nicht voreilig bestimmte Eindruckerweckungen vorhalten, obwohl es selbst massiv dazu neigt; dazu sofort mehr:

2.
Die in den Entscheidungsgründen enthaltene Formulierung

"Der mit dem Antrag zu Ziffer 2. beanstandete Eindruck, der Kläger habe in seiner Münchener Praxis Patienten Eigenblutpräparate mit nach Hause gegeben, wird durch die Bezugnahme auf eben die Münchener Praxisräume erweckt. Dieser Eindruck hat jedenfalls prozessual als unwahr zu gelten."

ist entlarvend. Dies gilt insbesondere, wenn einerseits im Zusammenhang mit der Frage eines etwaigen "Eindruck Erweckens" die Pressekammer offensichtlich sehr weite und großzügige Auslegungen vorzunehmen bereit ist, andererseits aber Beweisanträge des Beklagten in recht spitzfindiger Manier und in unangemessener Weise sehr eng auslegen möchte:

"Der Beklagte trägt zwar vor, die Behauptung, der Kläger händige Eigenblutpräparate an seine Patienten aus, sei wahr. Eine solche Äußerung ist aber gar nicht streitgegenständlich. Der Kläger beanstandet nicht die pauschale Aussage, er händige Eigenblutpräparate an Patienten aus, unabhängig davon, wo dies erfolgen soll, sondern bezieht sich ausdrücklich auf eine Abgabe in seiner Münchener Arztpraxis. Ob der Kläger also möglicherweise in seiner Salzburger Praxis Eigenblutpräparate Patienten mit nach Hause gibt, ist weder Gegenstand der angegriffenen Berichterstattung noch des Antrags des Klägers. Bereits aus diesem Grund war dem angebotenen Zeugenbeweis des Beklagten nicht nach zu gehen. Auch darüber hinaus ist der Beweisantritt unsubstantiiert, so dass eine Vernehmung der Zeugen auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinausliefe. Dies folgt schon aus dem Umstand, dass der Beklagte seine Beweisbehauptung darauf bezieht, dass der "Kläger bzw. dessen Mitarbeiter" die Ampullen an Patienten aushändigten. Der Beklagte lässt in seinem Beweisantritt also selbst offen, ob tatsächlich der Kläger die Eigenblutpräparate den Patienten mit nach Hause gibt. Hier auf  kommt es jedoch gerade entscheidungserheblich an, da nur eine solche Behauptung streitgegenständlich ist."


Das ist nach meiner Auffassung unzulässige Wortklauberei. Hier wird in unerträglicher Weise mit zweierlei Maß gemessen.Was veranlasst das Gericht, einem Beweisantritt zu unterstellen, es gehe darin nicht um die naheliegende streitgegenständliche Auslegungsvariante?

Auch unabhängig von der Frage, welche Eindruckerweckungen man aus medialen Berichterstattungen abzuleiten in der Lage oder Willens ist, beschneidet die nicht sachgerechte Berücksichtigung der Beweisantritte des Beklagten diesen nachhaltig in seinen prozessualen Rechten.

3.
Soweit über die fragliche Existenz eines „Gutachtens“ oder einer „objektiven gutachterlichen Beurteilung“ der Charité zur Wirksamkeit der Therapien des klagenden Krebsarztes gestritten wird, finden sich im erstinstanzlichen Urteil widersprüchliche Ansätze und Bewertungen:

 - „Die in dem Fernsehbeitrag gezeigte Abbildung einer Pressemitteilung der Charité bestreitet ausdrücklich die Existenz zur Wirksamkeit der Therapien.“
 - „Dieser Eindruck wird durch den vom Beklagten verfassten Text, der unterhalb des Videos mit dem ZDF-Beitrag zu sehen ist, nicht revidiert.“
 - Der beklagte Blogger weise dort lediglich darauf hin, dass der umstrittene Krebsarzt „stets mit einem vierseitigen Gutachten der Charité“ … „argumentiere“.

Heißt Distanzierung von verlinkten Inhalten jetzt neuerdings „Revidierung“?
Wie soll ein Blogger sachgerechter mit der kurzen Darstellung von (medienrechtlichen) Streitfällen umgehen, als mit der Erwähnung oder Skizzierung beider Streitpositionen?

Falls ein Blogger dabei ansatzweise eigene Bewertungen einfließen lassen sollte – was im Übrigen m. E. mit eine der vornehmsten Aufgaben eines Bloggers ist (!) – dürfte selbst dies vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich garantierten Meinungsfreiheit nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen.

Das Hamburger Urteil geht allerdings noch weiter: Es legt sich fest und legt dabei zu Grunde: „Der so erweckte Eindruck ist unwahr.“ In dem Zusammenhang verweist es auf eine „gutachterliche Stellungnahme der Charité zur Wirksamkeit des Arzneimittels Eigenblutytokine in der Tumormedizin.“ Ja, da wird mal wieder mit weniger anspruchsvollen Maßstäben agiert - statt mit der an anderer Stelle manchmal "akribischen" Bedeutungszumessung zu bestimmten Begrifflichkeiten oder Formulierungen: So wird schon mal schnell aus einer schlichten „gutachterlichen Stellungnahme der Charité zur Wirksamkeit des Arzneimittels Eigenblutytokine in der Tumormedizin“ ein „Gutachten der Charité zur Wirksamkeit der Therapien des Dr.  …“ bzw. eine „objektive gutachterliche Beurteilung, welche den Therapieerfolg wissenschaftlich glaubwürdig belegt“, wie es im dritten Klageantrag heißt. Erstaunlich ungenau, wenn man bedenkt, wie genau die Blog-Formulierungen des Beklagten eingegrenzt werden.

4.
Mit zweierlei Maß wird auch dann gemessen, wenn es um die juristisch und prozessual übliche und zulässige Möglichkeit geht, sich im Rahmen seines Vortrages auf den Inhalt konkret beigefügter Texte zu beziehen.

Die erkennende Kammer verweist in ihren Entscheidungsgründen über lange Passagen auf Urteilstexte aus einem parallelen einstweiligen Verfügungsverfahren des klagenden Krebsarztes gegen das ZDF (Az. 324 O 657/10) sowie auf Veröffentlichungen des Bundesverfassungsgerichts, um damit das hier kritisierte Urteil zu begründen. Dem Beklagten wird im gleichen prozessualen Verfahren und mit dem gleichen Urteil demgegenüber das Recht abgesprochen, sich zur Vermeidung von Wiederholungen seinerseits auf den Text der Widerspruchsschrift vom 26.1.2012 aus eben dem vom Gericht im Urteil unter Bezug genommenen Verfahren des Klägers gegen das ZDF (Az. 324 O 657/10) sowie auf den Schriftsatz der dortigen Antragsgegnerin vom 9.3.2012 zu beziehen und sich den dortigen Inhalt zu Eigen zu machen.

Auch dem Antrag des Bloggers, die vorerwähnte Verfahrensakte beizuziehen, wurde seitens des Gerichts nicht entsprochen.

Im Urteil halten es die Richter dennoch für richtig, sich über drei Seiten lang gerade auf den Inhalt des dort gefällten Urteils zur Begründung des hier gefällten Urteils zu beziehen.

5.
Eine Beiziehung der Akten des Parallelverfahrens wäre im Übrigen auch bereits vor dem Hintergrund des prozessualen Grundsatzes der "Waffengleichheit" fair und geboten gewesen. Dies gilt um so mehr, als die Kammer offensichtlich maßgeblich auf Erkenntnisse oder Bewertungen aus dem Parallelverfahren zurückgreifen will.

6.
Soweit die Pressekammer journalistische Recherchen als "Ausspionieren" klassifiziert bzw. abqualifiziert, ist auch eine derartige Urteilssprache entlarvend. Vier Seiten weiter verlangt das Urteil vom Blogger "eigene Recherchen" zu den Inhalten der verlinkten Filmdatei.

7.
Im hier der Kritik ausgesetzten aktuellen Urteil aus Hamburg ist immer wieder von "Praxis", "Praxisräumen", "Arztpraxis" oder "Arztpraxisräumen" die Rede. Eine genauere und eindeutigere Spezifizierung der Räumlichkeiten findet nicht statt, obwohl nach dem - wenn auch im gerichtlichen Urteilstatbestand nicht wiederfindbar - wohl unstreitig gebliebenen Sachvortrag des Beklagten klargestellt wurde, dass die Filmaufnahmen des ZDF-Teams "keineswegs in den Behandlungszimmern stattfanden, sondern in dem für jedermann frei zugänglichenEmpfangsbereich", was für die Qualität des rechtlich zu bewertenden Schutzbereiches nicht unerheblich sein dürfte.

Dies gilt erst recht, falls der klagende Krebsarzt auch selbst mit Bildaufnahmen seines Instituts bzw. des dortigen Empfangsbereichs nach außen öffentlich und werblich in Erscheinung tritt oder trat. Die entsprechenden Räumlichkeiten sind wohl auch grundsätzlich frei zugänglich, was bei der Abwägung etwaiger Persönlichkeitsrechts-Beeinträchtigungen naturgemäß ebenfalls nicht unbeachtet bleiben darf.

8.
Das Urteil lässt einerseits offen, ob der Blogger sich den Inhalt des verlinkten Fernsehbeitrages zu Eigen macht, andererseits heißt es in den Entscheidungsgründen, „dass er sich nicht inhaltlich mit dem Beitrag auseinandersetzt.“ Dennoch bemüht man die „Grundsätze der Störerhaftung“ und verlangt vom verlinkenden Blogger, Links „zu hinterfragen und eigene Recherchen zu unternehmen“. Der Blogger habe „bei dem Betroffenen nachfragen müssen.“ Und was ist mit weiteren Recherchen des Bloggers beim ZDF … und bei der Charité … und vielleicht auch noch bei unbeteiligten Sachverständigen? Und das alles, „um so das Verhalten des Klägers kritisch zu kommentieren“, wie es an weiterer Stelle des Urteils zu dem Blog-Beitrag des Beklagten heißt. Da werde jemand schlau draus. Medienrechtlich und verfassungsrechtlich wird da allerdings wohl so schnell keiner schlau draus.

9.
Dass die Fachkammer bei der Auslegung der bereits abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärungen des beklagten Bloggers wieder zu m. E. zu engen und zu strengen Auslegungstendenzen neigt, mag an anderer Stelle erörtert werden, wenn es auch ebenfalls ins Bild passt bzw. zu dem schlechten Eindruck einer gerichtlichen Anlegung unterschiedlicher Maßstäbe.

Freitag, 23. Dezember 2011

Urheberrecht und Geld: Fragen an das Geschäftsmodell "Filesharing-Abmahnung" ... und an den BGH

Es ist keine Schande, mit seinen Werken (Kunst, Musik, Film, Literatur, Wissenschaft ...) oder mit seiner Profession (Online-Ermittler oder -Ermittlerin, Rechte-Verwerterin oder -Verwerter, Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt, Richterin oder Richter ... ) Geld zu verdienen oder zu erwirtschaften.

In zwar kreative, aber dennoch tatsächlich und rechtlich nicht hinnehmbare Geldschneiderei artet dies allerdings aus, wenn Schöpfer und/oder tatsächliche oder vermeintliche Rechteinhaber und/oder Recherche-Unternehmen und/oder Anwaltskanzleien und/oder Justizbehörden ein subtiles und ausuferndes Geschäftsmodell konstruieren und pflegen, das faire Darstellungen, angemessene Bewertungen und verhältnismäßige Vorgehens- und Verfahrensweisen in vielen Fällen vermissen lässt.

Wo massenhaft Urheberrechte verletzt werden dürfen grundsätzlich auch massenhaft urheberrechtliche (nicht wettbewerbsrechtliche, § 8 Abs. 4 UWG!) Abmahnungen auf den Weg gebracht werden.

Aber:


  • Warum werden zweifelhafte isolierte "Rechte" zur Verwertung von Musik- oder Filmwerken in P2P-Systemen bzw. Online-Tauschbörsen allein zu dem Zweck lizenziert, dem Lizenznehmer das Generieren von Abmahnungserlösen zu ermöglichen?

  • Warum erzielen einige "Rechteinhaber" mehr Geld mit Abmahnungen als mit den den Abmahnungen zugrundeliegenden "Werken"?

  • Warum gibt es Anwälte, die in den Abmahnungen angebliche Kostenerstattungsansprüche vorspiegeln, die - zumindest in der angegebenen Höhe - tatsächlich den Abmahnenden gar nicht in Rechnung gestellt werden und lediglich der fingierten Forderungsbegründung gegenüber dem Abmahnungsadressaten dienen?

  • Warum werden in vielen Filesharing-Abmahnungen völlig überhöhte und unrealistische Schadensbeträge beziffert - unter unverhältnismäßiger und dramatisierender Fehlinterpretation der Grundsätze der Lizenzanalogie?


  • Warum machen viele Abmahner aus der in ihren Ausprägungen ohnehin recht umstrittenen Störerhaftung desjenigen, der einen Internetanschluss nicht angemessen und zumutbar sichert und überwacht, ohne gesetzliche Grundlage eine quasi angeblich generell einschlägige "Halterhaftung für Internetanschlüsse"? 

  • Warum ignorieren viele Abmahner die tatsächliche und rechtliche Sondersituation bei Hotspots?

  • Warum versuchen viele Abmahn-Kanzleien, die Unterschiede zwischen der - ebenfalls in ihren Ausprägungen umstrittenen - sekundären Darlegungs- und Beweispflicht zu ignorieren und zudem damit eine vermeintlich primäre Darlegungs- und Beweislast des Abgemahnten vorzutäuschen?


  • Warum arbeitet die Abmahnungsbranche z. T. mit bewussten Einschüchterungen und fragwürdigem Psychostress (z. B. mit Platzierung der Abmahnungspost zum Wochende, mit kurzen Fristsetzungen, mit aus dem Zusammenhang gerissenen und/oder veralteten Urteilszitaten, mit unverständlicher Fachterminologie, wiederholten und unrealistischen Drohkulissen etc.)?


  • Warum wird diese Praxis von einigen Gerichten (insbesondere unterer Instanzen, wobei allerdings auch höchstrichterliche Rechtsprechung manchmal nicht weniger kritikwürdig ist) verkannt oder sogar mitgetragen, insbesondere wenn der oder die Abgemahnte ohne anwaltliche Verstärkung den prozessualen Hürden und Fallen (Sach- und Rechtsvortrag, Substantiierungspflicht, Beweisanträge, Rechtsbehelfe bzw. Rechtsmittel etc.) hilflos ausgesetzt ist?

Es wird höchste Zeit, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung sich tatsächlich, technisch und rechtlich vertiefter mit dem Geschäftsmodell Filesharing-Abmahnung befasst, nachdem mit dem WLAN-Urteil des I. Zivilsenats des BGH vom 12.05.2010 (I ZR 128/08) die bei Filesharing-Abmahnungen berührten Problemfelder nur fragmentarisch angegangenen worden sind.

Freitag, 2. Dezember 2011

Abmahnungspost vom Nikolaus: Eine Checkliste zur modifizierten strafbewehrten Unterlassungserklärung nach Filesharing-Abmahnung

Wegen zahlreicher Nachfragen hier eine kurze Checkliste der wesentlichen Aspekte beim Umgang mit strafbewehrten Unterlassungserklärungen insbesondere nach einer Filesharing-Abmahnung. Was ist zu klären, um die im konkreten Einzelfall optimalste modifizierte strafbewehrte Unterlassungserklärung zu gewährleisten?

  • Ist die Abmahnung überhaupt grundsätzlich schlüssig, oder haften ihr bereits so viele Fehler und Ungereimtheiten an - oder handelt es sich um eine der im Umlauf befindlichen "Fake"-Abmahnungen, die ohnehin jede Reaktion überflüssig machen?
  • Wem gegenüber soll ich im konkreten Fall die Erklärung tatsächlich in welcher Form abgeben?
  • Für wie groß halte ich das Risiko, dass während der mich nach der Unterlassungserklärung lebenslang bindenden Verpflichtung durch Dritte aufgrund von mir ggf. zu verantwortender Nichteinhaltung üblicher Sicherheitsstandards über meinen Internetanschluss Urheberrechte des Abmahners verletzt werden?
  • Enthält die Unterlassungserklärung ungewollt eine - vielleicht auch nur mittelbare -  Verknüpfung der zukünftigen Unterlassungs- und Vertragsstrafen-Verpflichtung mit weitergehenden Anerkenntnissen - wie z. B. Schadensersatz- oder Kostenerstattungs-Versprechen?
  • Genügt die Erklärung andererseits den Anforderungen der aktuellen Rechtsprechung an eine ausreichend ernsthafte und rechtsverbindliche Erklärung?
  • Wird fälschlicherweise ein "Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs" verlangt?
  • Wird mit der Vertragsstrafen-Zusage der falsche Eindruck vermittelt, zukünftig auch für unverschuldete Verstöße zu haften, obwohl ich dazu eigentlich nicht verpflichtet bin?
  • Ist im konkreten Einzelfall und vor dem Hintergrund der speziellen Risiken und Erwartungen eher eine möglichst eng am vorgeworfenen Verstoßsachverhalt orientierte oder eher eine weite Fassung des Verbotes innerhalb der Unterlassungserklärung sinnvoll und interessengerecht?
  • Möchte ich in der Unterlassungserklärung bereits eine konkret bezifferte Vertragsstrafe festlegen oder lieber nach dem sogenannten "Neuen Hamburger Brauch" die etwaige, zukünftig angemessene Vertragsstrafe in das gerichtlich (nicht immer nur landgerichtlich!) überprüfbare billige Ermessen des Unterlassungsgläubigers stellen und zusätzlich eine von der Rechtsprechung erlaubte, oft übersehene Obergrenze bestimmen?
  • Sollte und darf ich die Unterlassungserklärung im Einzelfall befristet und/oder bedingt abgeben und welche etwaigen auflösenden Bedingungen empfehlen sich insbesondere?
  • Welche weiteren Hinweise und Argumente sind in Reaktion auf die konkrete Abmahnung der modifizierten strafbewehrten Unterlassungserklärung beizufügen, um anlässlich der erhaltenen Abmahnung möglichst zielführend und interessengerecht zu agieren und anschließende gerichtliche Verfahren und Kosten zu vermeiden?

Montag, 12. September 2011

Nach einer Abmahnung im Urheberrecht, Markenrecht oder Wettbewerbsrecht: Einfach 'ne modifizierte strafbewehrte Unterlassungserklärung?

Immer häufiger erschrecken sich internet-affine Abmahnungs-Adressaten: Nach intensiver Online-Recherche in den erkenntnisreichen Tiefen des WorldWideWeb hatte man eine gut klingende sogenannte "modifizierte UE" abgegeben und so innerhalb der ohnehin von der Abmahnungskanzlei recht knapp bemessenen Frist auf die als unverschämt empfundene Abmahnung schriftlich reagiert. Erst nach weiteren Anwaltsschreiben und nach Erhalt von Gerichtspost zeigt der nun eingeschaltete eigene Rechtsanwalt diverse rechtliche und taktische Fehler auf, die sich bei rechtzeitiger und sorgfältiger Überlegung eigentlich hätten vermeiden lassen.

Trotz - oder gerade wegen - des durch die Abmahnungspost erzeugten Zeitdrucks empfielt sich u. a. insbesondere die Prüfung der folgenden Gesichtspunkte, bevor sachgerecht entschieden werden kann, ob die angeforderte strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung mit dem vorformulierten Inhalt, in welcher modifizierten Form oder überhaupt nicht abgegeben werden sollte.

Die pauschalen Formulierungs-Tipps aus dem Netz zur vermeintlich generell richtigen modifizierten strafbewehrten Unterlassungserklärung sind ohne Abstimmung mit den konkret betroffenen Sachverhalten, Hintergründen, Risiken und Interessen recht gefährlich und im Ergebnis nicht zu verantworten.


Zunächst ist nämlich in jedem Einzelfall genau zu prüfen, ob es überhaupt realistische Prozessrisiken gibt für den Fall, das von der Abgabe einer Unterlasungserklärung abgesehen wird. Immerhin kann ein Vertragsstrafenversprechen sehr teuer werden und bleibt zumindest 30 Jahre lang gültig und verbindlich.

Nicht selten ist zumindest die sofortige Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht zu empfehlen, solange nicht vorher im konkreten Fall erforderliche oder zumindest sinnvolle Vorsorge- und/oder Sicherungs-Maßnahmen getroffen worden sind.

Dabei ist auch auf etwaige Risiken zu achten, für Dritte haften zu müssen - sofort oder auch nach mehreren Jahren, z.B. wenn Kinder oder Enkelkinder, Mitarbeiter oder Kollegen in zurechenbarer Weise etwaige Verstöße begehen.

Vorsicht geboten ist bei der unbeabsichtigten konkludenten Verknüpfung der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung mit weitergehenden Anerkenntnissen - z. B. hinsichtlich Schadensersatz oder Kostenerstattung.

Andererseits muss die Erklärung den Anforderungen der aktuellen Rechtsprechung hinsichtlich einer ausreichenden Ernsthaftigkeit und Rechtsverbindlichkeit entsprechen. Sonst kann trotz gutwilliger Erklärungsabgabe dennoch der Erlasss einer einstweiligen Verfügung und/oder eines Unterlassungs-Urteils drohen.

In einigen fälschlicherweise empfohlenen Erklärungs-Entwürfen findet sich ein sogenannter "Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs", obwohl ein Unterlassungsschuldner zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr und damit der gegnerischen Klagebefugnis zu dem damit verbunden Einwendungs-Verzicht gar nicht verpflichtet ist. Von einem derartigen Geschenk an den Abmahner ist folglich dringend abzuraten.

Die Vertragsstrafen-Zusage sollte auch nicht so abgefasst sein, dass der Eindruck entstehen könnte, zukünftig auch für unverschuldete Verstöße zu haften. Auch hierauf hat der Unterlassungsgläubiger nämlich keinen Anspruch.

Ungeschickte Formulierungen können in einem späteren Streitfall schaden, geschickte Formulierungs-Nuancen können bei nicht auszuschließenden nachfolgenden Auseinandersetzungen hilfreich und von Nutzen sein.

Gut zu überlegen ist in jedem Fall, welche Verstoß-Sachverhalte überhaupt relevant sind bzw. noch relevant werden können und ob im konkreten Einzelfall und vor dem Hintergrund der speziellen Risiken und Erwartungen eher eine möglichst eng am vorgeworfenen Verstoßsachverhalt orientierte oder eher eine weite Fassung des Verbotes innerhalb der Unterlassungserklärung zu empfehlen ist. Hierbei werden auch Einschätzungen zu und Erfahrungen mit dem abmahnenden Rechteinhaber und/oder dessen Rechtsanwalt von Bedeutung sein.

Und Achtung, wenn es um's Geld geht: Es besteht zum Einen die Möglichkeit, eine konkret bezifferte Vertragsstrafe einzusetzen, deren Höhe dann bei Erklärungsabgabe festzulegen ist. Zum Anderen kann man stattdessen auf den sogenannten neuen Hamburger Brauch zurückgreifen und die Höhe der Vertragsstrafe nicht festschreiben, sondern in das gerichtlich (nicht immer nur landgerichtlich!) überprüfbare Ermessen des Unterlassungsgläubigers stellen. In dem Zusammenhang vergessen viele, dennoch zumindest eine von der Rechtsprechung bei ausreichender Bemessung zugebilligte Obergrenze festzulegen.

Es sollte ferner verantwortungsvoll geklärt werden, ob im Einzelfall die Unterlassungserklärung befristet und/oder bedingt abgegeben werden darf und soll und welche etwaigen auflösenden Bedingungen sich empfehlen.

Manchmal ist es zudem sinnvoll, über vorsorgliche weitere Unterlassungserklärungen gegenüber Dritten nachzudenken sowie darüber, welche weiteren Veranlassungen und Absicherungen nach der Erklärungsabgabe vorzunehmen sind und welche weiteren Personen nachher oder besser vorher zu informieren und zu instruieren sind.

Schließlich ist es rechtlich und taktisch anzuraten, der schriftlichen strafbewehrten Unterlassungserklärung sinnvolle und hilfreiche weitere Hinweise und Argumente beizufügen, um anlässlich der erhaltenen Abmahnung möglichst zielführend zu agieren und anschließende gerichtliche Verfahren und Kosten zu vermeiden.

Einfach 'ne modifizierte Allround-Unterlassungserklärung aus dem Netz oder von guten Freunden kann folglich den oben angesprochenen individuellen Interessen und Risiken oft nicht ausreichend gerecht werden. Was ist schon einfach?

Sonntag, 19. Juni 2011

BGH verhandelt über "Falschzitat" oder journalistische Interpretationsfreiheit

Eine ehemalige Tagesschau-Sprecherin und populäre Moderatorin, Journalistin und Buchautorin und der Springer-Verlag verhandeln am 21.06.2011 vor dem 6. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (VI ZR 262/09). Der Klage der prominenten Medienfrau vorausgegangen waren Urteile des Landgerichts Köln vom 14.01.2009 (28 O 511/08) und des Oberlandesgerichts Köln vom 28.07.2009 (15 U 37/09).
 
Die Klägerin hat den Verlag  auf Unterlassung, Richtigstellung und Zahlung einer Geldentschädigung verklagt wegen einer Wortberichterstattung über eine mündliche Äußerung anlässlich ihrer Buchvorstellung.

Die Klägerin hatte auf der streitbefangenen Pressekonferenz am 6. September 2007 gegenüber den anwesenden Journalisten geäußert:
"Wir müssen den Familien Entlastung und nicht Belastung zumuten und müssen auch ´ne Gerechtigkeit schaffen zwischen kinderlosen und kinderreichen Familien. Wir müssen vor allem das Bild der Mutter in Deutschland auch wieder wertschätzen, das leider ja mit dem Nationalsozialismus und der darauf folgenden 68er-Bewegung abgeschafft wurde. Mit den 68ern wurde damals praktisch alles das - alles was wir an Werten hatten - es war ne grausame Zeit, das war ein völlig durchgeknallter Politiker, der das deutsche Volk ins Verderben geführt hat, das wissen wir alle - aber es ist eben auch das, was gut war - das sind die Werte, das sind Kinder, das sind Mütter, das sind Familien, das ist Zusammenhalt - das wurde abgeschafft. Es durfte nichts mehr stehen bleiben."
Der beklagte Verlag hatte in der Print- und der Online-Ausgabe des "Hamburger Abendblatts" vom 7. September 2007 u.a. ausgeführt:
"Das Buch „sei wieder ein ‚Plädoyer für eine neue Familienkultur, die zurückstrahlen kann auf die Gesellschaft’, heißt der Klappentext.“ Die Autorin, „die übrigens in vierter Ehe verheiratet ist, will auch schon festgestellt haben, dass die Frauen ‚im Begriff sind, aufzuwachen’, dass sie Arbeit und Kariere nicht mehr unter dem Aspekt der Selbstverwirklichung betrachten, sondern unter dem der ‚Existenzsicherung’. Und dafür haben sie ja den Mann, der ,kraftvoll’ zu ihnen steht."
Weiter heißt es dort:
"In diesem Zusammenhang machte die Autorin einen Schlenker zum Dritten Reich. Da sei vieles sehr schlecht gewesen, zum Beispiel Adolf Hitler, aber einiges eben auch sehr gut. Zum Beispiel die Wertschätzung der Mutter. Die hätten die 68er abgeschafft, und deshalb habe man nun den gesellschaftlichen Salat. Kurz danach war diese Buchvorstellung Gott sei Dank zu Ende."
Die Klägerin sieht sich als Sympathisantin des Nationalsozialismus verunglimpft und erachtet ihr Persönlichkeitsrecht als durch Falschzitate schwerwiegend verletzt. Ihre berufliche und gesellschaftliche Existenz sei zerstört und ihr sei großer seelischer Schaden zugefügt worden.

Die Klägerin hat den Verlag erstinstanzlich auf Unterlassung und auf Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 50.000 € verklagt.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von lediglich 10.000 € sowie zur Unterlassung der Behauptung verurteilt: 
„In diesem Zusammenhang machte die Autorin einen Schlenker zum Dritten Reich. Da sei vieles sehr schlecht gewesen, zum Beispiel Adolf Hitler, aber einiges eben auch sehr gut. Zum Beispiel die Wertschätzung der Mutter.“ 

Auf die Berufung der Klägerin, die im Berufungsrechtszug zusätzlich die Richtigstellung verlangt hat, dass sie die streitgegenständliche Äußerung so nicht getätigt habe, hat das OLG die Beklagte darüber hinaus zur begehrten Richtigstellung und zur Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von weiteren 25.000 € verurteilt. Die weitergehende Berufung und das Rechtsmittel der Beklagten hat es zurückgewiesen. 

Der beklagte Verlag begehrt mit der vom BGH zugelassenen Revision weiterhin die vollständige Klageabweisung. 

Es bleibt abzuwarten, wie der 6. Zivilsenat die strittige Berichterstattung im Spannungsfeld zwischen der Presse- und Meinungsfreiheit auf der einen Seite und dem Persönlichkeitsrecht auf der anderen Seite beurteilt. Dabei wird es auch auf die Grenzziehung zwischen Tatsachenbehauptung und -bewertung ankommen. Wie weit geht die journalistische Interpretationsfreiheit - insbesondere dann, wenn mit indirekter Rede als Zitate zu verstehende Sätze in den Mund gelegt werden, die so nicht geäußert wurden? Und das auch noch, ohne die "eingearbeitete" Interpretation als solche kenntlich zu machen. 

Es spricht m.E. vieles dafür, dass hier bedauerlicherweise nicht verantwortungsvoll genug zwischen dem Zitat (als Tatsachenbehauptung) und dessen Interpretation (als Meinung und Dafürhalten) getrennt worden ist. In einer Zitat-Wiedergabe hat die Meinung des - oder in diesem Fall - der Zitierenden (Redakteurin) nichts zu suchen. Neben dem Zitat sind selbst gewagte Interpretationen als Meinung und Kommentierung durchaus zulässig und verfassungsrechtlich gewollt.

Update 21.06.2011: Der Bundesgerichtshof hat heute der Revision Recht gegeben und die Klage abgewiesen. In der aktuellen Pressemitteilung des BGH heißt es dazu:
"Der u. a. für den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die beanstandete Berichterstattung das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin nicht beeinträchtigt. Zwar umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Recht am eigenen Wort und schützt den Einzelnen davor, dass ihm Äußerungen zugeschrieben werden, die er nicht getan hat und die seine Privatsphäre oder den von ihm selbst definierten sozialen Geltungsanspruch beeinträchtigen. Der grundrechtliche Schutz wirkt dabei nicht nur gegenüber Fehlzitaten, sondern auch gegenüber unrichtigen, verfälschten oder entstellten Wiedergaben einer Äußerung. Die Beklagte hat die Äußerung der Klägerin aber weder unrichtig noch verfälscht oder entstellt wiedergegeben. Die Äußerung lässt im Gesamtzusammenhang betrachtet gemessen an Wortwahl, Kontext der Gedankenführung und Stoßrichtung nur die Deutung zu, die die Beklagte ihr beigemessen hat."