Posts mit dem Label Namensrecht werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Namensrecht werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Dienstag, 10. August 2021

Social Media: Rechtliche Minenfelder für Influencer & Co.


Urheberrecht, Markenrecht, Internetrecht für Influencer
Influencer sind auf rechtlich gefährlichen Feldern unterwegs.

Die Unbefangenheit und Arglosigkeit, mit der viele sich aufmachen, ohne jede Vorbereitung und Prüfung auf Instagram, bei Snapchat oder in anderen sozialen Medien bildliche und/oder textliche Inhalte zu veröffentlichen, erstaunt mich immer wieder. Immerhin sind die Medien doch voll von Berichten zu juristischen Auseinandersetzungen bspw. über Bildrechte oder Persönlichkeitsrechte. Entsprechende Abmahnungen und Klagen gehören fast schon zum sozialmedialen Alltag. Das sogenannte Internetrecht und Medienrecht birgt dabei oft mehr rechtlichen Sprengstoff, als so mancher vermutet. 

Ohne an dieser Stelle jungen Newcomern, Influencern, Bloggern, Start-Ups und Mediensternchen jeden Mut zum kreativen Durchstarten in lukrative virtuelle Karrierehimmel nehmen zu wollen, sollen hier doch einmal wesentliche Rechtsgebiete bzw. rechtliche „Minenfelder“ aufgezeigt werden, auf denen für die angesprochenen Zielgruppen besonders häufig juristische Konflikt- und Regressrisiken auftauchen. 

Da ist zum einen das Urheberrecht. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der vollständigen oder auch nur teilweisen Übernahme fremder Fotos oder Zeichnungen und dies kann durchaus auch sog. „freies“ oder „kostenloses“ Material betreffen, wenn bspw. die im Zusammenhang mit den entsprechenden Angeboten vorgegebenen Nutzungsbedingungen nicht eingehalten werden oder die grundsätzlich vorgeschriebene Urhebernennung nicht erfolgt. 

Unabhängig vom Urheberrecht ist – auch bei selbst geschossenen Fotos – das Bildrecht der abgebildeten Person zu beachten, ohne deren ausdrückliche Einverständniserklärung nur in rechtlichen Ausnahmefällen eine Veröffentlichung gestattet ist. 

Das vorerwähnte Bildrecht leitet sich ab aus dem Persönlichkeitsrecht bzw. dem Reputationsrecht, das nicht nur im Zusammenhang mit Abbildungen eine Rolle spielen kann, sondern auch im Zusammenhang mit textlichen Äußerungen, die wegen unwahrer oder diskreditierender Inhalte rechtsverletzend sein können. 

Neben den zuvor angesprochenen Bild- und Persönlichkeitsrechten kann zudem auch das Hausrecht der betroffenen Person verletzt werden z. B. durch einverständnislose Veröffentlichung von Abbildungen, die das Grundstück oder auf dem Grundstück befindliche Gegenstände betreffen. Da hilft selbst die sog. „Panoramafreiheit“ nicht immer weiter. 

Häufig verkannte Rechtsmaterien im Zusammenhang mit Kennzeichnungen und Ausgestaltungen innerhalb sozialer Medien bilden das Markenrecht, das Titelrecht und auch das Namensrecht. Mit den vorgenannten Konfliktfeldern können darüber hinaus auch unverhoffte Verstöße im Designrecht, das früher Geschmacksmusterrecht genannt wurde, korrespondieren. Da schmückt man sich schon mal gerne mit prominenten Kennzeichen oder Gestaltungen und selbst dann, wenn es sich dabei im Einzelfall nicht um eine rechtswidrige marken- oder designrechtsverletzende Darstellung handeln sollte, kann unabhängig davon dennoch manchmal das Wettbewerbsrecht dem übermotivierten Internetsternchen einen Strick drehen – etwa bei wettbewerbsrechtlich unzulässiger Rufausbeutung bzw. unlauterer Anlehnung an fremde Leistungen. 

Dass Online-Veröffentlichungen zudem ggf. bestehendes Vertragsrecht verletzen können, liegt in der Natur mancher vertraglicher Regelungen. 

Und dass bei allen Veröffentlichungen auch das Datenschutzrecht nicht unbeachtet bleiben darf, hat gerade in den letzten Jahren viele überfordert. 

Das ist schon eine Menge Stoff, der bei begrenzten zeitlichen und finanziellen Ressourcen möglichst praktikabel, aber dennoch verantwortungsvoll zu beachten, zu prüfen und zu bewältigen ist, wenn man auf diesen Felden nicht ungewollt in die Luft fliegen möchte.



Mittwoch, 5. Oktober 2011

BGH-Urteil zur Verselbständigung von Namen: Das Recht, nach Erwerb von Immobilien den Namen des früheren Eigentümers als Geschäftsbezeichnung und Domain zu nutzen

 ---------------------------------------------------------------------------------------------
Gleichzeitig ein Reminder zum Risiko eines Untergangs bzw. Verfalls sogenannter generischer Marken

Mit Urteil vom 28.09.2011 (Az. I ZR 188/09 - Landgut Borsig) hat der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes entschieden, dass mit dem Erwerb eines Gebäudes oder eines Grundstücks das Recht verbunden sein kann, dieses Anwesen mit dem Namen eines früheren Eigentümers zu bezeichnen (BGH-Pressemitteilung  Nr. 151/2011 vom 29.09.2011).



Kläger ist der in München lebende Nachkomme der Berliner Industriellenfamilie von Borsig. Er hatte den ersten Teil seiner Kindheit auf dem Landgut verbracht.. 

Dessen Vorfahre, Albert Borsig, hatte 1866 das ca. 40 km westlich von Berlin gelegene Gut Groß Behnitz erworben. Nachdem der Grundbesitz 1947 von der sowjetischen Besatzungsmacht enteignet worden war, erwarb der Beklagte zu 1 im Jahr 2000 einen Teil der Liegenschaft von der Treuhand. Der Beklagte zu 1 ist Geschäftsführer der Landgut Borsig Kontor GmbH, die auf dem Anwesen nach der Sanierung unter der Bezeichnung "Landgut Borsig Groß Behnitz" kulturelle und andere Freizeitveranstaltungen durchführt und dort auch typische Produkte aus der Region vertreibt.

Der Beklagte zu 1 hat für sich zudem bei der DENIC den Domainnamen "landgut-borsig.de" registrieren lassen. 


Der Kläger will nach entsprechender Abmahnung die Beklagten verurteilen lassen, es zu unterlassen, die umstrittene Kennzeichnung auf die beschriebene Art und Weise zu verwenden, und ferner die Löschung der registrierten Domain erwirken.

Die Beklagten haben u. a. vorgetragen, ihnen sei die Verwendung des Namens "Borsig" aufgrund einer Gestattung der Borsig GmbH erlaubt. Zudem habe sich der Name "Landgut Borsig" für das Gut in Groß Behnitz verselbständigt und durch den Namensgebrauch seien auch keine schutzwürdigen Interessen des Klägers verletzt.

Die Klage war vor dem Berliner Landgericht (Urteil vom 12.10.2007, Az. 35 O 106/07) und dem Kammergericht (Urteil vom 2010.2009, Az. 5 U 173/07) weitgehend erfolgreich. 

Der BGH hob das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten hin auf. 


Nach Einschätzung des I. Zivilsenats kann der Gebrauch der Bezeichnung "Landgut Borsig" beim Publikum zwar den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Kläger habe als Nachfahre des früheren Eigentümers Ernst von Borsig dem Gebrauch seines Namens zugestimmt. Die Beklagten könnten sich auch nicht mit Erfolg auf eine Gestattung der Namensverwendung durch die heutige Borsig GmbH berufen. 

Nach dem Vortrag der Beklagten könne allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Name "Landgut Borsig" für das Gut Groß Behnitz derartig verselbständigt hat, dass die Zustimmung der Träger des Namens "Borsig" nicht mehr erforderlich war. Voraussetzung hierfür sei, dass die Bezeichnung "Landgut Borsig" zu dem Zeitpunkt, zu dem die Beklagten die Benutzung der Bezeichnung "Landgut Borsig" aufgenommen haben, im allgemeinen Sprachgebrauch der näheren Umgebung üblich war. Hätte sich der Name "Landgut Borsig" auf diese Weise verselbständigt, könnten sich die Beklagten auf dieses Namensrecht stützen. Ihr berechtigtes Interesse, ihre dort betriebenen wirtschaftlichen Aktivitäten mit diesem Namen zu bezeichnen, wäre in diesem Fall nicht zu leugnen. 


Da das Berufungsgericht noch keine Feststellungen dazu getroffen hat, verwies der BGH die Sache an das Kammergericht zurück. 

Vor dem Kammergericht wird es nun auf das Ergebnis der dort durchzuführenden Beweisaufnahme zu den vorgenannten Fragen ankommen. 

Schon jetzt bleibt festzuhalten, dass durch allgemeinen Sprachgebrauch Namensrechte und Kennzeichnungsrechte teilweise untergehen bzw. sich verlagern können und dass mit dem Erwerb von Immobilien oder anderen Objekten auch manchmal unbeabsichtigt oder zunächst unerkannt ein Namensrecht oder Kennzeichnungsrecht bzw. eine Geschäftsbezeichnung generiert oder übertragen werden kann. Diese Phänomen wird auch bei Marken sorgfältig zu beachten bleiben. 

Das Risiko eines Untergangs oder Verfalls von Marken thematisiert § 49 Abs. 2 Ziff. 1 MarkenG, wo es heißt:

... Die Eintragung einer Marke wird ferner auf Antrag wegen Verfalls gelöscht
wenn die Marke infolge des Verhaltens oder der Untätigkeit ihres Inhabers im geschäftlichen Verkehr zur gebräuchlichen Bezeichnung der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, geworden ist ...

Sogenannte praktisch fast zu Gattungsbegriffen gewordene generische Marken wie Aspirin, Bobbycar, Frisbee, Jeep, Kleenex, Nylon, Pampers, Plexiglas, Rigips, Selters, Tempo, Tesa, Uhu oder Vespa können ein Lied davon singen und führen teilweise in dem Zusammenhang harte - manchmal auch gerichtliche - Auseinandersetzungen.

Der Streit um das "Landgut Borsig" bildet in dem Zusammenhang lediglich einen gediegenen Teilaspekt ab, bei dem ein mit einer Kennzeichnung verbundener Immobilienerwerb durch Dritte eine zusätzliche Rolle spielt - neben einer etwaigen Kennzeichen-Verselbständigung durch Eingang in den allgemeinen (regionalen) Sprachgebrauch. Der BGH paart hier die etwaige Entstehung eines allgemeinen regionalen Sprach- und Namensgebrauchs mit einem möglichen Untergang eines objektbezogenen Untersagungsrechts. Den Urteilsgründen kann mit Spannung entgegengesehen werden.