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Sonntag, 9. März 2025

Die 7 Todsünden bei anwaltlichen Dienstleistungen

  Die Suche nach verlässlicher anwaltlicher Hilfe ist nicht immer leicht.

Obwohl von Rechtsanwälten eigentlich fundierte rechtliche Hilfe benötigt und zu Recht erwartet wird, kommen immer wieder schlimme Enttäuschungen und tatsächlich schamlose Zumutungen vor … zum Leidwesen so mancher Mandanten.

Dr. jur. Ralf Petring war fast 40 Jahre lang als Medienanwalt aktiv und hatte Einblick in die erschreckenden Praktiken mancher Juristen, die als schwarze Schafe den Berufsstand der Anwälte in Misskredit bringen.

Doch was sind die hauptsächlichen Unsitten bei anwaltlichen Dienstleistungen?


Nr. 1

Es beginnt bereits vor der eigentlichen rechtlichen Beratung oder Vertretung, nämlich bei marktschreierischer unzutreffender Außendarstellung, unlauterer, irreführender Werbung. Da werden nicht selten Kompetenzen vorgegeben, die so nicht bestehen.

Es ist viel anständiger und für die Rechtssuchenden hilfreicher, wenn ihnen der zunächst angesprochene Anwalt stattdessen tatsächlich auf dem relevanten Rechtsgebiet spezialisierte Kanzleien empfiehlt – oder zumindest Stellen oder Quellen nennt, über die fachlich einschlägig ausgewiesene Juristen auffindbar sind.


Nr. 2

Eine fehlende oder unzureichende Aufklärung über bestehende Risiken – materiellrechtlicher, verfahrensrechtlicher und kostenmäßige Art – kann zu späterem bösen Erwachen führen. Der Anwalt ist aber verpflichtet, auf Prozessrisiken und Kostenrisiken unmissverständlich hinzuweisen.


Nr. 3

Stattdessen wird das Mandat manchmal nach der Kanzlei bzw. dem Kanzleiumsatz zugute kommenden Gesichtspunkten ausgeführt. Das kann z. B. dadurch geschehen, dass die konkreten anwaltlichen Tätigkeiten vorrangig danach ausgerichtet werden, Streitgegenstände mit hohen Streitwerten zu priorisieren und auch ggf. im konkreten Fall eigentlich unnötige Gebührentatbestände auszulösen. Letzteres kann u. a. etwa durch eine vermeidbare Instanz, eine verzichtbare Besprechung(sgebühr) oder einen unangebrachten Vergleich (mit daraus ableitbarer Einigungsgebühr) entstehen. Wobei ein Abraten von verfahrensverkürzenden und Kostenrisiken begrenzenden Kompromissen sich ebenfalls als Kostenschneiderei und unnütze „Instanzen-Turnerei“ darstellen kann.


Nr. 4

Eigentlich selbstverständlich, allerdings häufig vernachlässigt wird die zunächst regelmäßig erforderliche exakte Klärung der den Rechtsfragen bzw. dem juristischen Streit zugrundeliegenden Sachverhalte. Ohne ausreichenden anwaltlichen Zeiteinsatz bei der Ermittlung, Erörterung und evtl. möglichen Prüfung der entscheidungserheblichen tatsächlichen Vorgänge kann eine belastbare rechtliche Bewertung nicht erfolgen.


Nr. 5

Übersehen oder übergangen wird anschließend gerne die Frage der sogenannten Beweislast. Welcher der Streitparteien ist im etwaig anstehenden Prozess denn verpflichtet, entscheidungsrelevante Tatsachen nachzuweisen? Und welche wie zu bewertenden Beweismittel (etwa Zeugen, Urkunden bzw. Verträge) stehen der eigenen Seite oder der Gegenseite zur Verfügung? Das sollte frühzeitig geklärt und abgewogen werden.


Nr. 6

Die sechste Todsünde so mancher Rechtsanwälte betrifft ein Hauptfeld ihrer Profession: Das zielführende Argumentieren gegenüber der Gegenseite, dem Gegenanwalt, dem Gericht oder der Behörde. Es kann entscheidend sein, ob, wann und auf welche Weise mein Anwalt welche Argumente anbringt, ob er schlagkräftige Einwendungen übersieht oder auslässt, ob der Rechtsvertreter sein Pulver evtl. zu früh verschießt, die Gegenseite unterschätzt – oder sogar fälschlicherweise überschätzt und ob er in der mündlichen Gerichtsverhandlung durch ein engagiertes und überzeugendes Plädoyer das Ruder vielleicht noch herumreißen kann.


Nr. 7

Nicht nur, aber auch bei Anwälten kommt es vor: arrogantes, herablassendes, unfreundliches Auftreten – und zwar gegenüber der Mandantschaft, der Gegenseite, den Gegenanwälten, dem Gericht und/oder der Behörde. Das erschwert oder verhindert sogar angemessene Lösungen und ein konstruktives Verhandlungsklima sowie die Bereitschaft aller Beteiligten, daran mitzuwirken. Stattdessen Öl ins Feuer zu gießen dient allenfalls anwaltlichen Honorarambitionen.

Der interessengerecht agierende Rechtsanwalt bleibt sachlich und besonnen. Und er (oder sie!) kommuniziert proaktiv, wobei durchgängig und transparent der Kontakt mit der Mandantschaft gehalten wird – zum jeweils aktuellen Stand der Dinge und über anstehende Verfahrensabläufe.


Zum Thema auch mein gleichlautender YouTube-Beitrag vom 08.03.2025.



Donnerstag, 27. Februar 2025

Die 7 Todsünden beim Anwaltsbesuch


Was kann ich falsch machen beim Gang zum Rechtsanwalt?
                


Damit der nächste Besuch beim Anwalt kein gruseliger Reinfall wird, hier die Fehler, die Sie in Ihrem eigenen Interesse besser vermeiden sollten:


Nr. 1

Die erste Todsünde beginnt eigentlich schon vor dem beabsichtigten Anwaltsbesuch: 

Wenn Sie statt einer gezielten Auswahl Ihres anwaltlichen Dienstleisters einfach den sozusagen „nächstbesten“ Rechtsanwalt aufsuchen - vielleicht aus der näheren Nachbarschaft oder zumindest örtlich schnell zu erreichen. Das kann kein wirklich zielorientiertes Auswahlkriterium für eine sachgerechte Mandatierung sein. 

Da sollte stattdessen vielmehr recherchiert werden - nach passender anwaltlicher Spezialisierung (evtl. ein einschlägiger Fachanwalt?) und nachweislich überzeugenden positiven Bewertungen (im eigenen Umfeld und/oder im Netz). Es gibt etliche seriöse Quellen, wenn auch manche positive Bewertung auf Plausibilität und Verifizierbarkeit zu prüfen sein wird.


Nr. 2

Nach derartiger Vorauswahl sollte ein unverbindliches persönliches (oder zumindest fernmündliches) Vorgespräch oder eine kostenlose „Erstberatung“ nicht ausgelassen werden, um den anwaltlichen Berater besser kennenzulernen. Sie dürfen dabei allerdings nicht den Fehler machen zu glauben, im Erstgespräch würden Sie bereits kostenlos die abschließenden Antworten auf Ihre rechtlichen Fragen und die Lösung Ihres rechtlichen Problems erhalten. 

Kein seriöser Rechtsanwalt stellt Ihnen ohne jede Honorierung sein juristisches Knowhow, seine Kompetenz und seine prozessualen Erfahrungen zur Verfügung.


Nr. 3

Machen Sie nicht den Fehler, die Anwaltskanzlei Ihrer Wahl unvorbereitet und planlos aufzusuchen. 

Es empfiehlt sich vielmehr, sortierte Unterlagen und Korrespondenzen mitzubringen und den Rechtsanwalt möglichst vollständig und konzentriert zu informieren. Ihr Anwalt ist auf umfassende Informationen angewiesen und wird im Gespräch Relevantes und Wichtiges von Unwesentlichem trennen können.


Nr. 4

Warten Sie nicht zu lange damit, sich kompetenter juristischer Unterstützung zu versichern, auch um etwaig laufende Fristen nicht zu versäumen und um durch frühzeitiges Agieren ggf. gegenüber der Gegenseite strategische Vorteile zu gewinnen.


Nr. 5

Achten Sie neben passender Spezialisierung und ausgewiesener Kompetenz auch auf eine gut funktionierende Kommunikationsebene, eine im besten Fall „gleiche Wellenlänge“. 

So angenehm ein sympathischer und empathischer Ansprechpartner ist; sie sollten Ihrem rechtlichen Dienstleister dennoch nicht übel nehmen sondern eher hoch anrechnen, wenn er die Objektivität, das Standing und die anwaltliche Unabhängigkeit mitbringt, Sie auch auf etwaige Risiken und auf Ihre eigenen Mankos hinzuweisen, anstatt Ihnen lobhudelig das Blaue vom Himmel zu versprechen.


Nr. 6

Denken Sie nicht, es komme nicht auch auf Ihre Mithilfe, Ihr aktives Mitdenken an. Rechtliche Auseinandersetzungen gewinnt man besser im Team. 

Dabei sollten Sie allerdings nicht versuchen, dem Rechtsanwalt Ihre juristische Nachhilfe angedeihen zu lassen. Fragen sind aber immer erlaubt; es gibt bekanntlich keine dummen Fragen, nur leider manchmal dumme Antworten.


Nr. 7

Und schließlich wäre es eine Todsünde, nicht das Thema Geld anzusprechen. Die Honorarfrage ist schließlich für beide Seiten nicht ganz unwichtig. Guter Rat muss nicht (zu) teuer sein; kein oder schlechter Rat ist meistens viel teurer.


Zum obigen Thema auch der gleichlautende YouTube-Beitrag vom 26.02.2025.


Rechtsanwälte/Anwälte im Sinne dieses Blogbeitrags sind auch Rechtsanwältinnen/Anwältinnen.





Samstag, 1. Juli 2017

Das Echo zum WLAN-Gesetz: Das #Einmaleins vom #Eigelb im #Schlupfloch

Das WLAN-Gesetz wird mit den Netzsperren noch einige Fragen aufwerfen

Es war der letzte Sitzungstag der aktuellen Legislaturperiode, als der Bundestag am 30.06.2017 das „TMG-Änderungsgesetz“, das sogenannte WLAN-Gesetz, beschlossen hat. WLAN-Betreiber sollen danach nicht mehr behördlich verpflichtet werden können, ihren Internetanschluss durch ein Passwort zu verschlüsseln und die Nutzer zu registrieren oder gar ihren offenen WLAN-Zugang einzustellen. Die Hoffnung, offenes WLAN anbieten zu können, ohne Angst vor Abmahnungen haben zu müssen, wächst.

Die Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries bewertet die Gesetzesnovelle als einen „wichtigen Baustein der Digitalen Agenda“. Fabian Reinbold witzelt auf netzwelt.de über „die Reform der Reform der Reform“.

Die Störerhaftung ist laut taz.de nun endlich „weitgehend vom Tisch“, nach der Stuttgarter Zeitung ist sie „passé“, die ZEIT redet von „abgeschafft“ - wie sz.de es formuliert „diesmal wirklich“.

Ingo Dachwitz von netzpolitik.org fragt sich, ob das nun ein „Running Gag mit Happy End“ ist und bezeichnet den bisherigen Zustand unserer digitalen Entwicklung in Deutschland als „peinlich“, zumal die bis dato geltende sogenannte Störerhaftung ein „lukratives Geschäftsmodell“ für spezialisierte Anwaltskanzleien bildete. Stefan Krempl bezeichnet deshalb auf heise.de das Ende der Störerhaftung auch als „den Garaus“ für ein „Damoklesschwert“.

Die Rechteinhaber bekommen allerdings nun die Möglichkeit, WLAN-Betreiber zur Sperrung bestimmter Seiten oder Inhalte zu verpflichten.

Diese stattdessen jetzt ermöglichten Netzsperren erzeugen bei Ingo Dachwitz „einen faden Beigeschmack“. Er sieht darin „eine Gefahr für die Kommunikationsfreiheit“, zumal das Sperr-Verfahren auch nach Auffassung zahlreicher Sachverständiger „zu ungenau geregelt sei“.

Netzsperren ohne Richtervorbehalt, praktisch „auf Zuruf“, haben denn auch für den SPD-Netzexperten Lars Klingbiel einen „Beigeschmack“, während sein Fraktionskollege Markus Held von einem „Meilenstein“ spricht. Tobias Keber von der Hochschule für Medien bezeichnet den vorgenommenen Interessenausgleich immerhin als „fair“. Für Stephan Tromp vom Handelsverband Deutschland stellt das Gesetz einen guten „Kompromiss“ dar.

Oliver Süme, Vorstand beim Verband der Internetwirtschaft eco, riecht „Wahlkampf“-Luft mit deshalb bemühter „Symbolkraft“ und kritisiert die privaten Netzsperren als neue „Hürden“, als „absurd und inakzeptabel“.  Und Florian Drücke vom Bundesverband Musikindustrie moniert einen aus seiner Sicht zu beklagenden „Durchsetzungs-Leerraum“. Für den IHA-Manager Stefan Dinnendahl ist das neue Gesetz für die Hotelbranche zumindest noch „nicht das Gelbe vom Ei.“

Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen, spricht vom „kleinen Einmaleins der Digitalisierung“ und rügt die Einführung der Netzsperren laut netzpolitik.org als einen „Elfmeter ohne Torwart, den die Große Koalition trotzdem danebenschieße“. Man lasse „den Bäcker an der Ecke und den Freifunker im Regen stehen“. Auf spiegel.de wird er mit der Befürchtung zitiert: „Gerade nichtkommerzielle Anbieter werden hier wieder abgeschreckt und entweder voreilig blocken oder aber erst gar nicht ihr WLAN öffnen.“ 

Dort führt Fabian Reinbold dann zutreffend aus: „Es wird wohl darauf ankommen, wie die Regelung zu den Unterlassungsansprüchen umgesetzt wird - von Privatpersonen, aber auch von gewerblichen Anbietern, die große WLAN-Hotspots in Städten betreiben - und nicht zuletzt von Abmahnanwälten, die bislang stets die Lücken jedes neuen Gesetzes für sich zu nutzen wussten.“

Ein etwaiges „Schlupfloch“ stellt der Strafrechtler Udo Vetter in seinem law blog vor: Nach dem Gesetzeswortlaut gelte die Privilegierung der WLAN-Betreiber lediglich bei einer Verletzung geistigen Eigentums durch die Nutzung eines „Telemediendienstes“. „Eine dezentral organisierte Tauschbörse, die wohl wichtigste Plattform für Urheberrechtsverletzungen, ist aber eher kein Telemediendienst.“ Das könne „sich doch als Schlupfloch für die Abmahnindustrie erweisen“. Die Rechteinhaber könnten „sich auf den Standpunkt stellen, dass die alten Abmahn- und Schadensersatzregeln unverändert weiter gelten, wenn zum Beispiel der Betrieb eines Filesharing-Clients wie eMule nicht unterbunden wurde.“

Die Linke Petra Sitte bewertet die Websperren als „ein völlig untaugliches Mittel“, illegale Inhalte im Netz zu verhindern. Sie sieht ein weiteres Problem: Kein privater Anbieter könne wissen, wie er seinen Router einstellen müsse.

Rechtsanwalt Christian Solmecke ist nach alledem  gespannt, „wie sich dieses Sperr-Instrument in der Praxis auswirken wird.“ In das gleiche Horn stößt Reto Mantz, Richter am Landgericht Frankfurt am Main, wenn er darauf hinweist, dass „aufgrund gesetzestechnischer Mängel Unklarheiten“ verbleiben, „die der beabsichtigten Rechtssicherheit im Wege stehen könnten“.

Der Abmahnungs-Drops, bzw. das Eigelb ist wohl doch noch nicht vollständig gelutscht. Da können sich noch einige Schlupflöcher der Abmahnbranche im kleinen oder großen Einmaleins aus Urheberrecht, Medienrecht und Prozessrecht auftun. Prost Mahlzeit.