Posts mit dem Label Foto werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Foto werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Donnerstag, 16. Januar 2025

Die 7 Todsünden bei Online-Fotos

Im Internet findet sich zu allen möglichen Themen eine wahre Flut von Bildern. 


Phantastische Bauwerke, niedliche Tiere, spektakuläre Landschaften und faszinierende Menschen ... es gibt schon sehr beeindruckende Fotografien im Netz.


So verlockend es ist, auf Instagram & Co. sich solch toller Fotos anderer zu bedienen, so gefährlich kann es auch sein. Doch was sind dabei die riskantesten Fehler?


Todsünde Nr. 1

fremde Fotografien ohne Zustimmung des Fotografierenden bzw. des Rechteinhabers zu kopieren und zu veröffentlichen. 

Dies gilt auch dann, wenn das Lichtbild nicht von einem professionellen Urheber angefertigt wurde. Und es gilt selbst dann, wenn es sich um einfache Schnappschüsse mit grenzwertiger Qualität handelt.


Todsünde Nr. 2

zu glauben, wenn man den Namen des Urhebers nennt – etwa mit einem entsprechenden Copyright-Vermerk – dann sei die Veröffentlichung einfach erlaubt. Die Quellenangabe bzw. die Namensnennung ist zwar grundsätzlich erforderlich, ersetzt aber noch keine Zustimmung zur Veröffentlichung durch den Urheber oder die Urheberin.


Todsünde Nr. 3

sich auf der sicheren Seite und auf rechtmäßigem Weg zu wähnen, wenn man die fremde Fotografie farblich verändert oder wenn man lediglich einen Ausschnitt wählt. Allein der Urheber hat das Recht, das Foto zu verändern bzw. zu bearbeiten. Dieses Recht ist Teil des Urheberrechts.


Todsünde Nr. 4

die verbreitete bzw. veröffentlichte Abbildung fremder Personen ohne deren Zustimmung, außer es handelt sich bei den abgebildeten Personen lediglich um unwesentliches und austauschbares „Beiwerk“ oder auch um die Darstellung von Versammlungen oder Aufzügen. Es wird das sogenannte "Recht am eigenen Bild" verletzt, was der verletzten Person Beseitigungs-, Unterlassungs- und im Einzelfall auch Entschädigungsansprüche zukommen lässt.


Todsünde Nr. 5

zu glauben, zur Unkenntlichmachung der Personen reiche es in jedem Fall aus, wenn die Gesichter nicht erkennbar bzw. unkenntlich gemacht worden sind. Dabei wird übersehen, dass manche Menschen zumindest vom näheren Umfeld manchmal auch schon durch bestimmte körperliche Merkmale, Haltungen, Kleidung, Schmuck, Tattoos etc. - vielleicht auch durch den Kontext mit anderen Bildinhalten - identifizierbar sein können.


Todsünde Nr. 6

im Falle grundsätzlich erlaubter Personenabbildung diese Person in diskreditierender, verächtlich oder lächerlich machender, peinlicher oder sonst wie ehrverletzender Weise zu zeigen. Das verletzt die Persönlichkeitsrechte der abgebildeten Person und führt zu entsprechenden Löschungs-, Unterlassungs- und ggf. auch Schadensersatz-Ansprüchen und kann sogar strafbar sein.


Todsünde Nr. 7


die sogenannte Panoramafreiheit misszuverstehen und falsch anzuwenden. 

Zulässig ist es, „Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Graphik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Bei Bauwerken erstrecken sich diese Befugnisse nur auf die äußere Ansicht“, heißt es in § 59 UrhG. 

Das bedeutet aber nicht, ein Bild etwa von erhöhten Standorten aus zu fertigen, z. B. aus dem Obergeschoss eines benachbarten Gebäudes. Die Panorama-Perspektive erlaubt auch nicht den Einblick in Innenräume und wird selbstverständlich nur unter Respektierung der Persönlichkeitsrechte gewährt.

Vor übereiltem Foto-Posting also besser zunächst daran denken, dadurch nicht andere in ihren Rechten zu beeinträchtigen. Dann klappt's auch mit den Bildern.





Mittwoch, 5. Juli 2023

Rechte an Selfies und anderen Schnappschüssen

 Kurz eingeworfen:  Wenn Bilder ungewollt auf Reisen gehen

Fotos können auch ungewollt um die ganze Welt fliegen.


Es ist schon erstaunlich, wo heutzutage Deine Bilder alle „landen“ können. Damit sind
nicht nur Fotos gemeint, die Du selbst zuhause, im Urlaub oder auf der letzten Fete
geschossen hast. Zudem geht es um nicht nur von Dir, sondern auch von Dritten 
gefertigte Abbildungen, die Dich, Deine Person, Dein Gesicht oder sonstige erkennbare Merkmale zeigen.

Das kann gegenüber einem kleineren oder größeren Freundeskreis oder „Follower“-Kreis
erfolgen, die Bilder können aber in anderen Fällen auch für fremde Dritte oder sogar praktisch für die ganze Welt sichtbar sein ... und sichtbar bleiben.

 Dein Urheberrecht 

Findest Du z. B. selbst gefertigte Urlaubsschnappschüsse oder von Dir aufgenommene Bilder Deines Haustieres oder einer Dir etwa besonders ins Auge gefallenen Blütenpracht im Internet an Stellen bzw. auf Web- oder Social Media-Seiten, auf denen Du diese Fotografien nicht eingestellt hast und für die Du die Fotos auch nicht freigegeben hast, kannst Du Dich als Urheber
bzw. Urheberin bekanntermaßen dagegen vorgehen. Per selbst verfasster oder anwaltlicher
Abmahnung können diejenigen, die für die ohne Deine Einwilligung erfolgte Verbreitung und
öffentliche Zugänglichmachung Deiner Fotografien verantwortlich sind, insbesondere auf
Entfernung, Löschung, Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden.
Und was ist, wenn Du Dich nicht oder nicht primär über die ungenehmigte Verwendung Deiner
fotografischen „Werke“ ärgerst, wenn dir stattdessen vielmehr die identifizierbare Abbildung
Deiner Person gegen den Strich geht?
Auch dann bist Du grundsätzlich nicht schutzlos. Du hast ein – notfalls juristisch durchsetzbares
sog. „Recht am eigenen Bild“. Was bedeutet das?



 Dein Recht am eigenen Bild 

Gemeint ist jede bildliche Darstellung, die Deine Person einem weiteren Kreis als nur dem
engeren Familien- und Freundeskreis erkennbar macht. Bezüglich derartiger Abbildungen hast
Du das Recht, darauf zu bestehen, dass diese nur mit Deiner Einwilligung verbreitet oder
öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen. Diese Rechtsposition ist eine Ausprägung Deines
allgemeinen Persönlichkeitsrechts, Deiner verfassungsrechtlich garantierten Menschenwürde
und Deines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, damit gleichzeitig auch eine Facette
Deiner Datenschutzrechte.
Es handelt sich folglich um eine für Dich äußerst stark legitimierte Rechtsposition, auf die Du
Dich gegenüber Rechtsverletzern massiv berufen kannst – und zwar wiederum mit
Entfernungs-, Löschungs-, Unterlassungs- und Schadensersatz- bzw.
Entschädigungsansprüchen. Diese können korrespondieren mit gegen den Rechtsverletzer
gerichteten ergänzenden Auskunfts- und Kostenerstattungsansprüchen.



 Deine Rechte gegenüber Portalen und Suchmaschinen 

Dienstag, 26. Juni 2018

DSGVO: Mut zum öffentlichen Fotografieren


Fotografieren auf dem schwankenden Boden datenschutzrechtlicher Normen

Wer heutzutage – womit insbesondere die Zeit ab dem 25. Mai 2018 gemeint ist – als Journalist bzw. Fotograf bewegte oder unbewegte Bilder des öffentlichen Lebens erstellt oder gar die Live-Berichterstattung von Sportevents oder ähnlichen Veranstaltungen zu verantworten hat, kann sich häufig nicht von dem Gefühl freimachen, datenschutzrechtlich auf schwankendem Boden unterwegs zu sein.

Selbst wenn man sich vielleicht noch dazu in der Lage sieht, von seinen Interview-Partnern oder von den zuvorderst in Erscheinung tretenden Bild-Akteuren datenschutzrechtliche Einwilligungen – teilweise im mehrseitigem Format – einzuholen, so wird das zumindest hinsichtlich eines im Hintergrund auftauchenden Publikumsverkehrs kaum gelingen.

Was tun?

Gleich vorweg: Eine klare, eindeutige und absolut rechtssichere gesetzliche Regelung existiert dazu aktuell (noch) nicht. Aber es gibt Lösungsstrategien.

Wie war das früher?

Vor Geltung der DSGVO wären die angedeuteten Fälle mehr oder weniger problemlos nach dem Kunsturhebergesetz (KUG) gelöst worden: Danach dürfen Abbildungen von Personen grundsätzlich zwar nur mit Einwilligung des bzw. der Abgebildeten veröffentlicht werden (§ 22 KUG), von diesem Einwilligungserfordernis gibt's dann aber gesetzgeberische Ausnahmen für Bildnisse aus dem Bereich der „Zeitgeschichte“, für Bildnisse, auf denen die Personen nur als „Beiwerk“ neben einer Landschaft oder einer sonstigen Örtlichkeit erscheinen sowie für Bildnisse von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen oder bei einem höheren Interesse der Kunst (vgl. § 23 KUG).

Und heute?

Die neue DSGVO genießt nach Meinung zahlreicher Juristen einen sog. „Anwendungsvorrang“ vor dem KUG.

Nun hat zwar der EU-Gesetzgeber in Art. 85 DSGVO die Mitgliedstaaten aufgefordert, durch Rechtsvorschriften das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, einschl. der Verarbeitung von Daten zu journalistischen Zwecken und zu wissenschaftlichen, künstlerischen und literarischen Zwecken, in Einklang zu bringen. Diese bezüglich der Journalisten als „Presseprivileg“ bezeichnete europarechtliche Vorgabe ist bisher von den dafür zuständigen Landesgesetzgeber aber noch nicht umgesetzt worden. Und das zuvor nach dem alten Bundesdatenschutzgesetz geltende Presse- und Medienprivileg kann gesetzlich nicht mehr herangezogen werden.

Wie sieht eine praktikable rechtliche Lösung aus?

Wenn man sich derzeit dennoch juristisch mit angemessenen, vertretbaren und aktuell handhabbaren Lösungen helfen will, greift man auf die gesetzliche Regelung in Art. 6 Abs. 1 f DSGVO zurück, wonach eine Verarbeitung personenbezogener Daten auch dann rechtmäßig ist, wenn die Verarbeitung „zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte oder Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen“.

Die grundrechtlich geschützte Meinungs- und Informationsfreiheit sowie die Freiheit von Kunst und Wissenschaft bewerte ich als jeweiliges berechtigtes Interesse, das dann mit den Grundrechten und Grundfreiheiten der von der Bildberichterstattung betroffenen Personen, mit deren Persönlichkeitsrechten, abzuwägen ist – auch unter Berücksichtigung etwaig berührter öffentlicher Informationsinteressen sowie unter Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit

Insofern landet man dann praktisch auch wieder bei den grundlegenden gesetzgeberischen Erwägungen und Vorgaben des guten alten KUG. Ob diese Landung mit ausreichender Rechtssicherheit vollzogen wird, bleibt aber vorerst nicht unumstritten.

Und was sagt die Bundesregierung?

Immerhin hat sich zu dieser Problematik noch im Frühjahr dieses Jahres in relativ entspannter Art und Weise das Bundesinnenministerium geäußert und ausdrücklich eine vorrangige Fortgeltung des Kunsturhebergesetzes bejaht sowie gleichzeitig insbesondere die grundrechtlich garantierte Meinungs- und Informationsfreiheit eben als berechtigtes Interesse nach Art. 6 Abs. 1 f der DSGVO eingeordnet.

Zu einer übertriebenen eigenen Knechtung und Knebelung per exzessiver datenschutzrechtlicher Selbstzensur und Selbstbeschneidung besteht m. E. also regelmäßig eher kein Anlass.

Finale oder was oft übersehen wird:

Im für viele unübersichtlichen Meer datenschutzrechtlicher Normen sollte im Übrigen nicht aus den Augen verloren werden, dass die DSGVO insgesamt sechs(!) mögliche Rechtsgrundlagen für die Verarbeitung personenbezogener Daten vorsieht: Das sind schlagwortartig zusammengefasst 

  • neben der Einwilligung (1) 
  • ein abgeschlossener Vertrag (2)
  • bestehende Rechtspflichten (3)
  • Schutz lebenswichtiger Interessen (4) 
  • öffentliches Interesse (5) 
  • berechtigte Interessen auf der einen Seite abgewogen mit etwaig berührten Schutzinteressen auf der anderen Seite (6). 

Damit gibt es noch viel Stoff, die aktuell aufgewühlten datenschutzrechtlichen Wogen in vielerlei Hinsicht in sachgerechter Weise zu glätten.




Donnerstag, 8. September 2016

EuGH urteilt "verflochten" zur Verlinkung

Neues EuGH-Urteil zu Hyperlinks: Verflixt "verflochtene" Steilvorlage
für das Geschäftsmodell urheberrechtlicher Abmahnungen

Urheberrecht: Mit heutigem Urteil aus Luxemburg vom 08.09.2016 (Az. C-160/15) sorgt der EuGH für eine wachsende mediale Unsicherheit bezgl. des Postens von Links im Internet.
Verlinkungen auf illegale Quellen bzw. Inhalte können danach selbst illegal sein. Es ging um Nacktfotos aus dem Playboy.


Streitgegenstand:

Ein niederländisches Webportal hatte auf eine urheberrechtswidrige Filehoster-Webseite mit der Abbildung von Playboy-Fotos verlinkt und trotz Abmahnung fortdauernde Verlinkungen vorgenommen und auch im portaleigenen Forum durch Nutzer einsetzen lassen. Das Webportal verfolgte damit nach eigener Darstellung auch das Ziel,  die Öffentlichkeit über die illegal veröffentlichten Nacktfotos der abgebildeten TV-Moderatorin zu informieren.
Es folgte der Klageweg in den Niederlanden.


Der EuGH entschied

auf die entsprechenden Vorlagefragen der niederländischen Gerichtsbarkeit - insbesondere zur Frage der "öffentlichen Wiedergabe",
„dass zur Klärung der Frage, ob das Setzen von Hyperlinks auf eine Website zu geschützten Werken, die auf einer anderen Website ohne Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers frei zugänglich sind, eine „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne dieser Bestimmung darstellt, zu ermitteln ist, ob die Links ohne Gewinnerzielungsabsicht durch jemanden, der die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung der Werke auf der anderen Website nicht kannte oder vernünftigerweise nicht kennen konnte, bereitgestellt wurden oder ob die Links vielmehr mit Gewinnerzielungsabsicht bereitgestellt wurden, wobei im letzteren Fall diese Kenntnis zu vermuten ist."

Der EuGH-Generalanwalt hatte sich - m. E. zu Recht - zuvor im Rahmen seines Schlussantrags anders entschieden, um „die Förderung der Entwicklung der Informationsgesellschaft in Europa“ nicht zu „gefährden".
Vor zweieinhalb Jahren hatte der EuGH zu Verlinkungen auf legale Internet-Veröffentlichungen selbst noch entschieden, dass Hyperlinks auch ohne Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers auf urheberrechtlich geschützte Werke verweisen dürfen, da die Links im Internet sich nicht an ein von der Quelle abweichendes "neues Publikum" richten.

Mit der nun vorliegenden Entscheidung bereitet der EuGH das Bett oder das Feld für kaum rechtssicher prognostizierbare Streitigkeiten im Spannungsfeld zwischen Urheberrecht und Informations- und Meinungsfreiheit - „verflochten“ u. A. mit Fragen der wirtschaftlichen, medialen und sozialen Hintergründe sowie z. B. auch zu Motiven und Kenntnisständen der Agierenden. Rechtssicherheit in der Informationsgesellschaft sieht anders aus.

Weiterer Orginalton des EuGH:
„Im Rahmen einer derartigen Beurteilung sind eine Reihe weiterer Kriterien zu berücksichtigen, die unselbständig und miteinander verflochten sind. Da diese Kriterien im jeweiligen Einzelfall in sehr unterschiedlichem Maß vorliegen können, sind sie einzeln und in ihrem Zusammenwirken mit den anderen Kriterien anzuwenden … “

Die nächsten Abmahnungen sind höchstwahrscheinlich bereits auf dem Weg.


Dienstag, 6. September 2016

Fettes Urheberrecht: Der BGH und das Fat-Model

Verfremdete Foto-Modelle werden auch von höchsten Instanzen veröffentlicht

Der BGH hat mit seinem Parodie-Urteil vom 28.07.2016 (Az. I ZR 9/15 - „auf fett getrimmt“) nicht nur „Fettes“ zum Spannungsfeld zwischen Meinungsfreiheit und Urheberrecht kundgetan, sondern sogar selbst ein Fat-Model-Foto der Schauspielerin Bettina Zimmermann veröffentlicht. Wird jetzt der Bundesgerichtshof in Karlsruhe urheberrechtlich abgemahnt?


Das durch digitale Manipulationen verfremdete Bild der hübschen Schauspielerin mit Hot Pants und Bikini-Oberteil war 2009 im Rahmen eines Internet-Wettbewerbs entstanden. Dabei sollten die Teilnehmer Fotos von Prominenten mit Bildbearbeitungssoftware so bearbeiten, dass die Promis möglichst fett aussehen. Eines der Promi-Opfer war die bekanntermaßen sehr attraktive Schauspielerin Bettina Zimmermann, die nach der „Bearbeitung“ (wenn es denn eine war) mit voluminösen Schwimmringen und unförmigen Cellulite-Schenkeln auftauchte.

Die BZ aus Berlin veröffentlichte dann diese digital „verfettete“ Optik in einem den Fotowettbewerb aufgreifenden Online-Beitrag.

Der Fotograf des ursprünglichen Portrait-Fotos verlangte mit Abmahnung und Klage von der BZ Schadensersatz und immaterielle Entschädigung wegen der Verwendung und „Entstellung“ seiner Fotografie und der unterbliebenen Angabe seines Namens.

Das BGH-Urteil enthält spannende Ausführungen zur urheberrechtlichen Zulässigkeit und zu der Schrankenwirkung von Parodien, zur Interessenabwägung zwischen Urheberrecht und Meinungsfreiheit und zu den aktuellen unionsrechtlichen Regelungen eines neuen weiten europäischen Parodie-Begriffs.
„Die wesentlichen Merkmale der Parodie bestehen danach darin, zum einen an ein bestehendes Werk zu erinnern, gleichzeitig aber ihm gegenüber wahrnehmbare Unterschiede aufzuweisen, und zum anderen einen Ausdruck von Humor oder eine Verspottung darzustellen. Der Begriff der Parodie hängt nicht von der weiteren Voraussetzung ab, dass die Parodie einen eigenen ursprünglichen Charakter hat, der nicht nur darin besteht, gegenüber dem parodierten ursprünglichen Werk wahrnehmbare Unterschiede aufzuweisen. Zu den Voraussetzungen einer Parodie gehört es außerdem nicht, dass sie das ursprüngliche Werk selbst betrifft … Die Annahme einer … Parodie setzt deshalb nicht voraus, dass durch die Benutzung des fremden Werkes eine persönliche geistige Schöpfung im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG entsteht. Sie setzt ferner keine antithematische Behandlung des parodierten Werkes oder des durch das benutzte Werk dargestellten Gegenstands voraus.“
Der Erste Zivilsenat des BGH hat den Streit zurückverwiesen an das die Klage des Fotografen abweisende OLG Hamburg.

Ob die Hamburger Richterinnen und Richter - dann zunächst dort beim Landgericht – sich demnächst wohl auch mit der fetten
Foto-Veröffentlichung aus Karlsruhe auf Seite 4 des öffentlich zugänglich gemachten BGH-Urteils
befassen müssen?


Freitag, 27. November 2015

Foto-Abmahnung: Land haftet für vom Lehrer gestaltete Schul-Webseite


Das OLG Celle hat mit Beschluss vom 09.11.2015 (Az. 13 U 95/15) entschieden, dass ein Lehrer, der für das Fachangebot seiner Schule im Internet wirbt, „in Ausübung eines öffentlichen Amtes“ handelt und dass das beklagte Land deshalb für dadurch entstehende Urheberrechtsverletzungen haftet (nach §§ 13, 15, 72, 97 Abs. 2 UrhG  i. V. m. § 839 BGB und Art. 34 GG).

Damit hat das OLG das vorausgegangene Urteil des LG Hannover vom 14.07.2015 (Az. 18 O 413/14) bestätigt und die Berufung des Landes Niedersachsen zurückgewiesen.

Das fremde Foto auf der Schul-Homepage

Auf seinen Internetseiten warb ein niedersächsisches Gymnasium u.a. für seine Fremdsprachen-Angebote. Der Schulleiter oder - was nicht aufgeklärt werden konnte - ein anderer Lehrer hatte, ein vom Kläger gefertigtes Foto in die Schul-Webseite eingestellt, um so für den an der Schule angebotenen Spanisch-Unterricht zu werben.
Der Kläger verlangte nun dafür erfolgreich Schadensersatz vom Land Niedersachsen - nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie und unter Berücksichtigung der Honorartabellen der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM).

Die Webseiten-Gestaltung vom Beamten

Schulleiter und die Lehrerinnen und Lehrer des Gymnasiums sind Landesbeamte im staatsrechtlichen bzw. zumindest im haftungsrechtlichen Sinne. Das OLG stellte fest, dass „der jeweilige Beamte, der das von dem Kläger gefertigte Lichtbild zur Bewerbung der an dem …-Gymnasium G. angebotenen Fremdsprache Spanisch auf die Internet-Seiten dieser Schule eingestellt hat, dabei in Ausübung seines öffentlichen Amtes gehandelt hat.“
Dies begründete das Berufungsgericht wie folgt:

„Ist die eigentliche Zielsetzung, in deren Dienst der Beamte tätig wurde, eine hoheitliche, so ist „Ausübung eines öffentlichen Amtes“ nicht nur die unmittelbare Verwirklichung, sondern auch eine entferntere (vorangehende, begleitende oder nachfolgende) dienstliche Betätigung, wenn ein solcher Zusammenhang besteht, dass die vorangehende oder nachfolgende Tätigkeit ebenfalls noch als dem Bereich der hoheitlichen Betätigung zugehörend anzusehen ist (Wöstmann, a. a. O. Rn. 85 m. w. N.).“

Die hoheitliche Online-Werbung 

Den haftungsrechtlich erforderlichen "engen Zusammenhang mit dem Schulbetrieb" begründet das Gericht wie folgt:

„Der hiernach erforderliche enge Bezug der Nutzung des Lichtbildes des Klägers auf den Internet-Seiten der Schule zum Zwecke der Werbung für deren Fremdsprachenangebot mit einer hoheitlichen Tätigkeit besteht. Der Schulbetrieb an öffentlichen Schulen ist eine hoheitliche Aufgabe und für Lehrer die Ausübung eines vom Staat anvertrauten öffentlichen Amtes (Wöstmann a. a. O. Rn. 778 m. w. N.). Zwar ist nicht zu verkennen, dass die Werbung für das Fremdsprachenangebot der Schule im vorliegenden Fall weder eine Lehrtätigkeit als solche darstellte, die den Kernbereich des hoheitlichen Schulbetriebs darstellt, noch vergleichbar eng mit dieser Lehrtätigkeit verbunden war, wie beispielsweise die Zurverfügungstellung von Lehrmaterialien oder Computerprogrammen zur Nutzung während des Studiums, die Gegenstand der vorzitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 16. Januar 1992 und vom 20. Mai 2009 waren. Dennoch besteht der erforderliche enge Zusammenhang. Die als hoheitlich einzuordnende Tätigkeit von Lehrkräften und Beamten der Schulverwaltung geht über den eigentlichen Lehrbetrieb hinaus und umfasst den gesamten Schulbetrieb. Die Bewerbung eines Fremdsprachenangebots stellt sowohl formal als auch materiell Teil des Schulbetriebes dar. Sie soll einerseits die Nachfrage nach entsprechenden Fremdsprachenkursen steigern und damit deren Angebot ermöglichen. Als dergestalt der eigentlichen Lehrtätigkeit vorgelagerte Handlung steht sie weiter auch in der Sache mit dieser im engen Zusammenhang, weil sie auf die in der Lehrveranstaltung zu vermittelnden Inhalte bezogen ist. Sie ist insbesondere nicht mit Fiskalmaßnahmen wie der Beschaffung von Verwaltungshilfsmitteln (z. B. Schreibmaterial) vergleichbar, die nicht Ausübung öffentlicher Gewalt sind (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 16. Januar 1992, a. a. O., Tz. 20 a. E.). Solche nicht als hoheitlich einzuordnenden Fiskalmaßnahmen sind regelmäßig Maßnahmen, die nur die wirtschaftlichen oder technischen Voraussetzungen für die eigentliche hoheitliche Tätigkeit schaffen (BGH, Urteil vom 4. März 1982 - III ZR 150/80, juris Tz. 8). Hierüber geht die Bewerbung des fachlichen Angebots einer Schule aus den vorgenannten Gründen hinaus."


Die Verletzungen von Urheberrecht und Amtspflicht

Der 13. Zivilsenat des OLG Celle bestätigt die erstinstanzlich bereits vom Landgericht Hannover vertretene Rechtsauffassung und bewertet Urheberrechtsverletzungen als gleichzeitige Amtspflichtverletzungen:

"Das Landgericht hat weiter zutreffend erkannt, dass ein Beamter, der in Ausübung seines öffentlichen Amtes eine unerlaubte Handlung auch i. S. d. § 97 UrhG begeht, dadurch zugleich eine ihm dem Träger des Rechts oder Rechtsguts gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 1992, a. a. O. Tz. 21).
Dass Diensteanbieter nach dem Telemediengesetz nicht die Anstellungskörperschaft, sondern der Schulträger ist, ist für die Beurteilung des Anspruchsübergangs nach § 839 BGB, Art. 34 GG unerheblich.“ 

Die anderen Gerichte

Zu vom beklagten Land eingewendeten anderslautenden gerichtlichen Entscheidungen führte das OLG aus:
„Im Hinblick auf die vorprozessual von dem beklagten Land vertretene Rechtsauffassung weist der Senat insbesondere darauf hin, dass das dort in Bezug genommene Urteil des OLG Braunschweig vom 8. Februar 2012 den hier nicht vergleichbaren Sonderfall einer ungenehmigten Fotonutzung für einen privaten E.-Verkauf betraf (2 U 7/11, juris Tz. 57 ff.). Die in Bezug genommene Entscheidung des OLG Hamburg vom 2. September 2009 stützte sich insoweit, als die Zuerkennung eines Zuschlags zum üblichen Honorar aufgrund der unterlassenen Urheberbenennung nicht zuerkannt wurde, tragend darauf, dass dort die unterbliebene Urheberbenennung bereits Teil der vorangegangenen Vereinbarungen und daher durch die dort vereinbarte Vergütung mit abgegolten war (Urteil vom 2. September 2009 - 5 U 8/08, juris Tz. 34).“

Der Internetauftritt als kommunale "Schulanlage"

Das OLG stellt zur nicht in Betracht kommenden Haftung des kommunalen Schulträgers klar:
„Dass der Schulleiter nach § 111 Abs. 2 Satz 1 NSchG u.a. die Aufsicht über die Schulanlage im Auftrag des Schulträgers ausübt, führt nicht dazu, dass der Schulträger anstelle des beklagten Landes passivlegitimiert wäre. Dabei kann offen bleiben, ob der Internetauftritt der Schule Teil der „Schulanlage“ i.S.d. § 111 Abs. 2 Satz 1 NSchG ist, wofür allerdings einiges spricht. ...
 Allein durch die Heranziehung eines Kommunalbeamten zur Erfüllung staatlicher Aufgaben wird dieser aber nicht zu einem Beamten mit einer Doppelstellung im haftungsrechtlichen Sinne; er verbleibt vielmehr in seinem ursprünglichen Anstellungsverhältnis (BGH a.a.O. Tz. 19). Dieser Grundsatz gilt vorliegend entsprechend, wo der Schulleiter als Landesbeamter für die Erfüllung kommunaler Aufgaben herangezogen wird.“ 

Die Bundesländer als neue bzw. nun vielleicht öfter bedachte Abmahnungsadressaten: ... Wenn das "Schule macht", kündigen sich ja spannende Vorgänge an - und vielleicht auch zukünftige Ambitionen des Gesetzgebers, über das sanierungsbedürftige Urheberrecht im digitalen, medialen und kulturellen Wandel neu nachzudenken. 


 

Dienstag, 25. November 2014

Grenzen der Abmahnung beim Verbot kommerzieller Foto-Nutzung per CC-Lizenz - Urteil des OLG Köln zu dradio.de




Hier das aktuelle Urteil des OLG-Köln vom 31.10.2014 (Az. 6 U 60/14) im Wortlaut mit den Passagen, die plausibel begründen, warum ein durch Creative Commons-Lizenz geregeltes Verbot kommerzieller Nutzung zurückhaltend auszulegen und anzuwenden ist (Hervorhebungen durch den Blogger): 

"Bei den Creative Commons-Lizenzen handelt es sich um AGB (Mantz, GRUR Int. 2008, 20, 21; Strobel, MMR 2003, 778, 780), so dass ihre Auslegung unter Berücksichtigung des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen zu erfolgen hat. Die Bedingungen sind für eine Vielzahl von Rechteeinräumungen vorformuliert; der Umstand, dass sie nicht von einer der Vertragsparteien, sondern von dritter Seite erstellt worden sind, ändert nichts an ihrer Bewertung als Allgemeine Geschäftsbedingungen, da sie einseitig seitens des Klägers zur Bedingung der Nutzung seines Bilds gemacht worden sind.
Die Creative Commons-Lizenz ist wirksam in den Nutzungsvertrag einbezogen worden. Auf die Beklagte finden gemäß § 310 Abs. 1 S. 1 BGB die § 305 Abs. 2 und 3 BGB keine Anwendung. Die Einbeziehung über einen „doppelten“ Link ist daher ohne weiteres möglich, und jedenfalls gegenüber einer Organisation von der Größe und internationalen Aufstellung der Beklagten ist auch die Verwendung der englischen Fassung unbedenklich.
bb) Durch die streitgegenständliche Verwendung des Bildes hat die Beklagte entgegen der Annahme des Klägers und des Landgerichts allerdings nicht gegen das Verbot kommerzieller Nutzung verstoßen.
Das Internetangebot der Beklagten stellt zwar, anders als dies die Beklagte vorträgt, und wie es auch Eingang in den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils gefunden hat, kein im strengen Sinne unentgeltliches Angebot dar. Die Beklagte wird vielmehr aus dem Aufkommen des Rundfunkbeitrages gemäß dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag finanziert. Dieser Beitrag ist sowohl im privaten wie auch im nicht-privaten Bereich nicht voraussetzungslos geschuldet, sondern wird als Gegenleistung für das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben (BayVerfGH, DVBl. 2014, 848, juris Tz. 72; die entgegenstehenden Ausführungen in der noch zum alten Rundfunkgebührenrecht ergangenen Entscheidung BVerfGE 31, 314 = NJW 1971, 1739, 1740, auf die sich die Beklagte berufen hat, dürften überholt sein). Nutzern im Bereich der Bundesrepublik Deutschland wird daher das Internetangebot nicht unentgeltlich zur Verfügung gestellt, sondern als Teil der Gegenleistung für den von ihnen gezahlten Rundfunkbeitrag.
Ob eine solche Nutzung von der Ausschlussklausel für „nicht-kommerzielle“ Nutzungen erfasst ist, lässt sich den Bedingungen der Creative Commons-Lizenz nicht eindeutig entnehmen. Nach diesen ist eine Nutzung untersagt „that is primarily intended for or directed toward commercial advantage or private monetary compensation“ (Nr. 4 b), in der deutschen Fassung „die hauptsächlich auf einen geschäftlichen Vorteil oder eine vertraglich geschuldete geldwerte Verfügung abzielt oder darauf gerichtet ist“. Beiden Fassungen lässt sich jedenfalls entnehmen, dass es auf die konkrete Nutzung des lizenzierten Werkes und nicht allgemein auf das Aufgabengebiet des Lizenznehmers ankommt. Der Umstand, dass die Beklagte als Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht gewinnorientiert arbeitet, führt daher nicht dazu, dass von ihr vorgenommene Benutzungshandlungen automatisch als nicht-kommerziell einzuordnen sind.
Für das Verständnis der Lizenzbedingungen können ferner die Erläuterungen in der seitens der Beklagten vorgelegten Broschüre der „Creative Commons“-Organisation „Folgen, Risiken und Nebenwirkungen der Bedingungen ‚nicht-kommerziell - NC‘“ (Anlage B 8, Bl. 169 ff. d. A.) mit herangezogen werden. Auch wenn diese Broschüre nicht als eine „authentische Interpretation“ der Creative Commons-Lizenz angesehen werden kann, so kann sie doch als indizieller Beleg für das Verkehrsverständnis der Lizenz ausgewertet werden.
Auch die Broschüre betont, dass es nicht auf den Lizenznehmer, sondern auf die konkrete Art der Nutzung ankommt (anders, für gemeinnützige Institutionen, Kreutzer, Open Content Lizenzen, 2011, S. 45). „Kommerzielle Nutzung“ wird an einer Stelle in der Broschüre dahingehend erläutert, „dass [die Institution] einen geschäftlichen Vorteil erringen und durch ihr Tun eine geldwerte Vergütung erzielen will. Und auf diese sind alle angewiesen, die nicht durch den Staat oder durch Spenden finanziert werden“ (S. 11 = Bl. 179 d. A.). Auch nach dieser Erläuterung bleibt offen, ob die Nutzung des Bildes durch die Beklagte als kommerziell einzustufen ist, da die Beklagte nach ihrer Selbsteinschätzung weder durch Spenden noch durch den Staat, sondern durch ihre Nutzer finanziert wird. Deutlich wird jedenfalls, dass nach diesem Verständnis „nicht kommerziell“ nicht mit „nicht gewinnorientiert“ gleichgesetzt werden kann, da auch geldwerte Vergütungen, die allein zur Kostendeckung erhoben werden, als „monetary compensation“ zu verstehen sind. Allerdings finden sich in der Broschüre auch Erläuterungen, die wieder Zweifel daran erwecken können, ob nicht doch der Charakter des Lizenznehmers als gewinnorientiert arbeitendes Unternehmen oder gemeinnützige Einrichtung auf die Bewertung Einfluss haben soll. So wird die Nutzung eines Bildes auf der Internetseite eines privaten Unternehmens als eine „ganz klar“ kommerzielle Nutzung bewertet (S. 11 = Bl. 179 d. A.; so auch Kreutzer, Open Content Lizenzen, 2011, S. 43), selbst wenn der Zugang zu der Internetseite - wie bei Unternehmensseiten generell üblich - für den Nutzer vollständig unentgeltlich ist. Andererseits wird dort ausgeführt, dass die Lizenz „nicht-kommerziell“ auch die Nutzung auf „Wikipedia“ untersagt, weil Inhalte von Wikipedia ihrerseits kommerziell vertrieben würden (S. 10 = Bl. 178 d. A.). Die Tätigkeit der Beklagten wäre daher in diesem Sinne bereits dann als kommerziell einzustufen, wenn sie ihrerseits entgeltliche Lizenzen an von ihr produzierten Inhalten erteilen würde.
Die Bewertung der Motivlage der Rechteinhaber, die die hier in Rede stehende Einschränkung der Creative Commons-Lizenz wählen, führt ebenfalls zu keinem eindeutigen Auslegungsergebnis. Als mögliche Motive werden in der Broschüre die Ablehnung von „Geschäftemacherei“ zulasten gemeinnütziger Institutionen (S. 9 = Bl. 177 d. A.) genannt. Als weiteres mögliches Motiv wird das Interesse eines unternehmerisch tätigen Rechteinhabers genannt, seine Inhalte im Bereich von Bildung und Wissenschaft zu verbreiten, nicht aber Konkurrenten unentgeltlich zur Verfügung zu stellen (S. 21 = Bl. 189 d. A.). Auch wenn in der Broschüre betont wird, die Fähigkeit eines Lizenznehmers, für die Lizenz ein Entgelt zu bezahlen, sei für die Bewertung als kommerziell oder nicht-kommerziell nicht einschlägig (S. 12 = Bl. 180 d. A.), so kann - auch vor dem Hintergrund der Ausführungen in der Broschüre zur schwachen Finanzbasis vieler gemeinnütziger Institutionen - nicht ausgeschlossen werden, dass Rechteinhaber mit der Wahl der „non-commercial“-Option in diesem Sinn „bedürftige“ Institutionen unterstützen wollen. Ein ähnliches Motiv kann darin bestehen, zwei Lizenzmodelle anzubieten, ein unentgeltliches für den nicht-kommerziellen und ein entgeltliches für den kommerziellen Einsatz (Kreutzer, Open Content Lizenzen, 2011, S. 46). Gerade bei einem Fotografen, der seine Bilder vermarkten möchte, liegt es nahe, dass er diese nur solchen Institutionen unentgeltlich zur Verfügung stellen möchte, die auf die Nutzung kostenfreier Inhalte angewiesen sind, was bei der Beklagten - ohne die Diskussion über die Angemessenheit der Rundfunkgebühren eröffnen zu wollen - nicht angenommen werden kann.
Ebensowenig lässt sich unter Heranziehung des allgemeinen Zwecks der „Creative Commons“-Lizenzen ein eindeutiges Ergebnis ermitteln. Zwar liegt diesen Lizenzen grundsätzlich der Gedanke zugrunde, dass die unter ihnen zur Verfügung gestellten Inhalte möglichst weit verbreitet werden sollen. Hier ist aber eine Einschränkung dieses Grundsatzes zu beurteilen, die auch nach dem in der Broschüre B 8 wiedergegebenen Verständnis der „Creative Commons“-Organisation zu einer deutlichen Einschränkung der freien Verbreitung führt (S. 10 = Bl. 178 d. A.: „NC [non-commercial] lizenzierte Inhalte können nicht so weit und nicht so leicht verbreitet werden“). Eine Auslegung im Sinn einer möglichst weitgehenden Verbreitungsbefugnis ist daher nicht möglich.
Schließlich spricht auch eine von Jaeger/Mantz in ihrer Besprechung des erstinstanzlichen Urteils (MMR 2014, 478) zitierte Studie der „Creative Commons“-Organisation (http://mirrors.creativecommons.org/defining-noncommercial/Defining_Noncommercial_ fullreport.pdf) für eine beträchtliche Unsicherheit hinsichtlich des Verständnisses der Einschränkung „non-commercial“. Danach ordneten die befragten Nutzer die Tätigkeit staatlicher Organisationen auf einer Skala von 1 (definitiv nicht-kommerziell) bis 100 (definitiv kommerziell) mit 65-75 Punkten ein. Für öffentlich-rechtliche Organisationen wie die Beklagte dürfte nichts anderes gelten. Bemerkenswert ist weiter, dass nach dieser Studie die meisten Befragten als Fall „nicht-kommerzieller“ Nutzung in erster Linie die Nutzung durch Einzelpersonen für persönliche und private Zwecke nannten (S. 50 der Studie), mithin eben das Verständnis zugrunde legten, von dem auch das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung ausgegangen ist.
Auch die Anwendung des § 31 Abs. 5 UrhG, auf den das Landgericht entscheidend abgestellt hat, führt zu keinem eindeutigen Ergebnis. Für die Anwendung des § 31 Abs. 5 UrhG ist vorrangig der von den Parteien verfolgte Vertragszweck zu ermitteln (BGH, GRUR 1984, 528, 529 - Bestellvertrag). In der hier zu beurteilenden Konstellation kann dieser allein durch die nach objektiven Kriterien vorzunehmenden Auslegung der Creative Commons-Lizenz ermittelt werden, der sich aber - wie dargelegt - gerade nicht eindeutig entnehmen lässt, welcher Zweck mit der Einschränkung auf „nicht-kommerzielle“ Nutzungen verfolgt wird. Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Grundgedanke des § 31 Abs. 5 UrhG, die Rechte tendenziell beim Urheber zu belassen, um diesem eine angemessene Beteiligung an der wirtschaftlichen Verwertung seines Werkes zu sichern (BGH, GRUR 2012, 1031, Tz. 17 - Honorarbedingungen freie Journalisten; Senat, NJOZ 2008, 174, 178 - Videozweitverwertung), im Bereich der Open Content-Lizenzen, die im Gegenteil tendenziell eine möglichst weitgehende Verbreitung des Werks erlauben sollen, nicht uneingeschränkt Anwendung finden kann.
Bei dieser Sachlage gehen daher gemäß der Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB, die auch auf vorformulierte Lizenzbedingungen Anwendung findet (Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl. 2013, § 31 Rn. 109), die Zweifel an der Reichweite des Verbots nicht-kommerzieller Nutzungsarten zulasten des Verwenders, hier des Klägers. Da ein Verständnis dieser Einschränkung in dem Sinn, dass die Beklagte als öffentlich-rechtliche Einrichtung das Bild zumindest dann nutzen darf, wenn sie dadurch keinen direkten finanziellen Vorteil erzielt, möglich ist, ist diese Auslegung zu ihren Gunsten zugrunde zu legen."
Daran werden zukünftige urheberrechtliche Foto-Abmahnungen sich messen lassen müssen, in denen nicht selten sehr übereilt eine vermeintlich verbotene kommerzielle Bilder-Nutzung unterstellt wird, wenn in Online-Portalen unter entsprechender CC-Lizenz eingestellte Fotos auf der Webseite der Abgemahnten verwendet werden. 

Samstag, 16. August 2014

Dashcam-Beweis verletzt Recht am Bild

Videoaufnahmen im Straßenverkehr im Spannungsfeld von Beweisnot und Persönlichkeitsrecht

Dashcam vom Gericht zu karger Landschaft verurteilt

Das Amtsgericht München hat mit Beschluss vom 13.08.2014 (Az. 345 C 5551/14) unter Verweis auf Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG sowie § 22 Satz 1 KunstUrhG und § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG darauf hingewiesen, dass Aufzeichnungen aus einer Dashcam bzw. Car-Cam im Zivilprozess nicht als Beweismittel verwertet werden dürfen.

Das Gericht begründet dies mit der Abwägung der jeweils schutzwürdigen Interessen der Beteiligten bzw. Unbeteiligten. Durch Gesetzesverstoß erlangte Beweismittel seien nur ausnahmsweise verwertbar. Voraussetzung sei, dass „der geschützten Eigensphäre überwiegende berechtigte Interessen gegenüberstehen“, was dann im Ergebnis m. E. zu Recht verneint wird.

Dazu führt das AG München aus:

„Die permanente, anlasslose Überwachung des Straßenverkehrs durch eine in einem PKW installierte Autokamera („Car-Cam“ bzw. „Dash-Cam“) verstößt gegen § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG sowie gegen § 22 S. 1 KunstUrhG und verletzt den Beklagten in seinem Recht auf Informationelle Selbstbestimmung als Ausfluss seines Allgemeinen Persönlichkeitsrechts, Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG. Es liegen auch keine überwiegenden Interessen des Beweisführers vor, die die Verwertung dieser rechtswidrig erlangten Beweismittel erlauben würden.“

Nach § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG ist die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit Videoüberwachung nur zulässig, soweit sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Der Zweck der Dashcam im Fahrzeug, Beweismittel im Falle möglicher Verkehrsunfälle zu sichern, ist nach Ansicht des Amtsgerichts München zwar ausreichend konkret, die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen an der Wahrung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts würden allerdings überwiegen. Es sei bei Zulassung derartiger Video-Aufzeichnungen durch deutsche Gerichte eine weite Verbreitung des Einsatzes derartiger Car-Cams zu befürchten und „was mit den so gefertigten Aufzeichnungen geschieht und wem diese zum Beispiel über eine Cloud zugänglich gemacht werden, wäre jeglicher Kontrolle insbesondere durch die aufgezeichneten Personen entzogen.“ Zudem befürchtet das Gericht eine unkontrollierbare Auswertung z. B. durch Gesichtserkennungssoftware sowie „eine privat organisierte dauerhafte und flächendeckende Überwachung sämtlicher Personen, welche am öffentlichen Verkehr teilnehmen“. Anders als bei der freiwilligen Teilnahme an sozialen Netzwerken wie Facebook sei der Datensammlung durch Dashcams jedermann ausgesetzt, der sich in die Öffentlichkeit begibt.

Außerdem verstoße eine anlasslose Verwendung der Car-Cams gegen § 22 S. 1 KunstUrhG, da eine Einwilligung der Abgebildeten, verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt zu werden, nicht vorliege und die Ausnahme des § 23 Abs. 1 Nr. 2 KunstUrhG für Bilder, auf denen Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen, ebenfalls nicht eingreife.

Das Gericht weist ferner darauf hin, dass ein andauernder Einsatz einer Dashcam im Straßenverkehr auch beliebige andere, unbeteiligte Personen, wie z. B. Passanten, fotografisch erfasst – und zwar mit dem Risiko der Verwendung in einer nach § 169 S. 1 GVG öffentlichen Gerichtsverhandlung.

Es würde schließlich durch die permanente, anlasslose Überwachung des Straßenverkehrs und der an ihm beteiligten oder sogar unbeteiligten Personen das berechtigte Interesse der Abgebildeten verletzt im Sinne von § 23 Abs. 2 KunstUrhG sowie deren allgemeines Persönlichkeitsrecht und deren Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, das auch das Recht am eigenen Bild umfasst.

Das Amtsgericht München verkennt dabei nicht, dass die Grundrechte nicht nur die staatliche Gewalt binden, sondern im Rahmen der sogenannten „mittelbaren Drittwirkung“ auch in das Privatrecht ausstrahlen und u.a. für die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe im Zivilrecht heranzuziehen sind.

Die aus dem Rechtsstaatsprinzip ableitbare Verpflichtung zu einer fairen Handhabung des Beweisrechts überwiegt nach der richterlichen Bewertung nicht generell dem informationellen Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen. Das Beweiserhebungsinteresse überwiege jedenfalls dann nicht der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen, „wenn nicht konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine gerichtliche Beweisführung wegen einer erheblichen Beeinträchtigung in naher Zukunft unmittelbar erforderlich wird.“

Weiter heißt es in dem Beschluss:

„Die bloße Möglichkeit des Notwendigwerdens einer Beweisführung aufgrund der generellen Gefährlichkeit des Straßenverkehrs genügt diesen Anforderungen nicht. … Selbst wenn man davon ausgeht, manche Bürger seien in Zeiten sozialer Netzwerke ohnehin mit der Preisgabe persönlicher Informationsgehalte einverstanden bzw. sie hätten sich in Ermangelung einer Alternative hiermit abgefunden, vermag dieser „(…) Verzicht auf Persönlichkeitsrechte jene Bürger, die sie weiterhin schützen wollen, nicht zu binden.“ (Bachmeier, DAR 2014, 21). … Die Alternative zu dieser Ansicht des Gerichts würde konsequenterweise bedeuten, dass jeder Bürger Kameras ohne jeden Anlass nicht nur in seinem PKW, sondern etwa auch an seiner Kleidung befestigen könnte, jedermann permanent gefilmt und überwacht würde und so das Recht auf Informationelle Selbstbestimmung praktisch aufgegeben würde.“

Das überzeugt.

Mittwoch, 28. März 2012

Polizeiliches Fotografier-Verbot verstößt gegen Pressefreiheit - SEK-Einsatz als Ereignis der Zeitgeschichte i. S. d. § 23 KUG

Das Bundesverwaltungsgericht hat am 28.03.2012 ein wegweisendes Urteil (Az. 6 C 12.11) für Journalisten und Fotografen gefällt und ein von der Polizei gegenüber einem Pressefotografen ausgesprochenes Verbot, Polizeibeamte eines Spezialeinsatzkommandos während eines Einsatzes zu fotografieren, für rechtswidrig erklärt.

Im 16.03.2007 waren SEK-Beamte im Rahmen eines Gefangenentransports damit befasst, einen der gewerbsmäßigen Geldwäsche beschuldigten mutmaßlichen Sicherheitschef einer Gruppe organisierter Kriminalität aus der Untersuchungshaft in einer Augenarztpraxis in der Fußgängerzone in Schwäbisch Hall vorzuführen. Der Einsatz wurde von zwei Journalisten, darunter einem Fotoreporter, beobachtet. Der Fotoreporter beabsichtigte, Bilder von den Dienstfahrzeugen und den eingesetzten Beamten anzufertigen. Der SEK-Einsatzleiter sprach daraufhin sofort vor Ort ein Fotografier-Verbot aus und drohte die Beschlagnahme der Fotokamera an, weshalb der Reporter davon absah, Bilder vom Einsatz anzufertigen.

Der Zeitungsverlag erhob nach unbefriedigender außergerichtlicher Korrespondenz mit dem Leiter des Bereitschaftspolizeipräsidiums Feststellungs-Klage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart, das mit Urteil vom 18.12.2008 (Az. 1 K 5415/07) den Journalisten unter Hinweis auf Gefahr für Leib und Leben der Polizeibeamten kein Recht gab. Das beklagte Land rechtfertigte das auf §§ 1, 3 PolG gestützte Verbot unter anderem damit, dass die eingesetzten SEK-Beamten durch eine Zeitungsveröffentlichung von Bildmaterial hätten enttarnt werden können. Damit hätte ihre künftige Verwendbarkeit bei SEK-Einsetzen beeinträchtigt und sie selbst hätten persönlich durch Racheakte gefährdet werden können.

Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim erklärte mit Urteil vom 19.08.2010 (Az. 1 S 2266/09) auf die Berufung des Zeitungsverlags das polizeiliche Fotografier-Verbot für rechtswidrig.

Die Gefahr einer unzulässigen Veröffentlichung der angefertigten Fotografien habe nicht bestanden. Mangels gegenteiliger konkreter Anhaltspunkte sei von einer Vermutung rechtstreuen Verhaltens der Journalisten und damit davon auszugehen, dass sie keine identifizierenden Porträt- oder  Nahaufnahmen der eingesetzten Polizisten und lediglich Bilder veröffentlichen werden, auf denen die SEK-Beamten insbesondere durch Verpixelung ihrer Gesichter unkenntlich gemacht seien.

Die hiergegen gerichtete Revision des Landes Baden-Württemberg wurde vom Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen.

  • Es war nach höchstrichterlicher Bewertung nicht das mildeste Mittel und damit unverhältnismäßig, bereits das Anfertigen der Fotografien polizeilich zu verbieten. 
  • Der Einsatz von Polizeibeamten bzw. ein Einsatz von SEK-Kräften stellt ein zeitgeschichtliches Ereignis i. S. d. des Kunsturhebergesetzes (§ 23 KUG) dar, so dass Bilder auch ohne Einwilligung der abgelichteten Personen veröffentlicht werden durften. 
  • Ein entgegenstehendes berechtigtes Interesse der eingesetzten Polizisten wird erst dann verletzt, wenn die Fotos ohne den erforderlichen Schutz gegen eine Enttarnung der Beamten veröffentlicht werden. 
  • Zur Abwendung dieser Gefahr bedarf es aber regelmäßig keines Fotografier-Verbots, wenn zwischen der Anfertigung der Fotografien und ihrer Veröffentlichung hinreichend Zeit besteht, den Standpunkt der Polizei auf andere, die Pressefreiheit stärker wahrende Weise durchzusetzen.

Freitag, 17. Dezember 2010

Rechte-Verwertung und Kultur der Abmahnung: Preußische Schlösser bleiben der Medienfreiheit verschlossen.

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes, der auch für "Grundstücksrecht" zuständig ist, hält Gebühren für gewerbliche Außenaufnahmen (Foto- und Film-Aufnahmen) von im Eigentum und in Parks der Stiftung "Preußische Schlösser und Gärten" befindlichen historischen Bauten nicht für ungebührlich. Ein Hoch auf die Rechte von kreativen Rechte-Verwertern und eine Klatsche u. a. für Kunst-, Wissenschafts- und Presse-Fotografen.

Mit Urteil vom 17.12.2010 Az. V ZR 44/10 hat laut aktueller Pressemitteilung des BGH der V. Senat die stringente Auffassung vertreten, jeder Grundstückseigentümer, auch der Staat,  könne das Fotografieren und Filmen untersagen, wenn dies von seinem Grundstück aus erfolgt. Dies sei eine Folge des Eigentumsrechts. Jeder Eigentümer könne bestimmen, ob und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen jemand sein Grundstück betritt und ihm stehe das ausschließliche Recht zur Anfertigung und Verwertung von Fotografien zu, die von seinem Grundstück aus aufgenommen worden sind. Diese gelte auch für öffentlich-rechtliche Stiftungen.

Eine im Ergebnis unbefriedigende Entscheidung, die bedauerlicherweise nicht den Mut findet, die gesetzlichen Voraussetzungen der Panoramafreiheit gem. § 59 UrhG vertiefter zu hinterfragen:  Soweit der Gesetzgeber von "öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen" spricht, bleibt durchaus Raum für eine den Verpflichtungen gerade auch staatlichen Eigentums sowie auch den kulturellen, kommunikativen und wissenschaftlichen Grundrechten gerechter werdende Auslegung; dies gilt selbst dann, wenn man mit der Vorinstanz (OLG Brandenburg, Urteil vom 18.02.2010, Az. 5 U 12/09) grundsätzlich eine "Widmung für den Gemeingebrauch" verlangen will für die Qualifizierung beispielsweise eines Parks als "öffentlich". Dieser Grundsatz kann - und muss m. E. - nämlich eine Ausnahme finden dann, wenn Gesichtspunkte der Sozialbindung des Eigentums und/oder Grundrechte mit kultureller, wissenschaftlicher und/oder demokratisch-kommunikativer Prägung wesentlich berührt werden - mit Wechselwirkungen aus dem staatlich-öffentlichen und auf das staatlich-öffentliche Eigentum. Das Brandenburgische OLG hat die insoweit in unserer Medien-Gesellschaft erforderlicher werdende Sensibilität für verfassungskonforme Abwägungen auch mit seinem Urteil vom 09.11.2010, Az. 6 U 14/10, erkannt, von mir aufgegriffen in einem früheren Beitrag.

Der "Grundstücksrecht"-Senat des BGH hat, soweit er zwei der drei zweitinstanzlichen Entscheidungen an den 5. Zivilsenat des Brandenburgischen OLG zurückverwiesen hat, diesem allerdings kaum Spielraum gelassen, erneut den Schrankenbestimmungen des Urheberrechts verfassungsrechtliches Leben einzuhauchen.

Es bleibt als weiter viel Raum für kreative Rechte-Verwerter und für (legale) Vermögensmehrung durch Abmahnungen und Lizenz-Analogien.

Freitag, 3. Dezember 2010

Ich knips Dir ein Schloss. Die Abmahnung und die Lizenzgebühr warten im Park.

BGH-Urteil zur Panorama-Freiheit in Parks öffentlicher Stiftungen wird am 17.12.2010 mit Spannung erwartet. 
 
Sind Fotos - insbesondere Außenaufnahmen - von "öffentlichen" Kulturgütern künftig lizenzpflichtig? 

Nach Abmahnungen durch die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten erhob diese vor dem Landgericht Potsdam auf Unterlassung und Schadensersatz gerichtete Klagen gegen zwei Bildagenturen und eine Internet-Plattform. Die Klägerin beruft sich auf ihre Eigentumsrechte und daraus erwachsende Bildrechte.

Erstinstanzlich wurde den Klagen Ende 2008 stattgegeben. Das Brandenburgische OLG hob die Urteile allerdings im Februar 2010 auf und verneinte das Erfordernis einer Zustimmung des Eigentümers von Parks und historischen Gebäuden zu davon gefertigten kommerziell genutzten Fotos.

Das Oberlandesgericht hatte u.a. auf die Zweckbindung einer öffentlichen Stiftung abgestellt, die ihr Eigentum bzw. die Kulturgüter zu pflegen, zu bewahren und öffentlich zugänglich zu machen habe. Dies wurde von den Anwälten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung aufgegriffen.

Mit Spannung bleibt abzuwarten, ob und wie sich der Bundesgerichtshof insbesondere auch zu Fragen der Panorama-Freiheit sowie allgemeiner zu Ausprägungen der Pressefreiheit und der Informationsfreiheit verhält. Kritische Worte zu ausschweifenden "Verwertungs-Tendenzen" und deutliche Hinweise zur Bedeutung der kommunikativen und kulturellen Grundrechte gerade auch im Kontext von Urheberrecht und Bildrecht täten der aktuellen Diskussion m. E. gut.

Samstag, 25. September 2010

Was schert mich mein Porno von vorgestern: Bald Rückruf-Aktionen auch von Politikern?

Das Landgericht Berlin hat's verboten: Das ausschnittweise "Zitieren" pornografischer Schnipsel einer mittlerweile "seriösen" und preisgekrönten Schauspielerin im TV durch den Privat-Sender RTL.
Obwohl die Einwilligung zur Veröffentlichung des ursprünglichen Filmmaterials gem. § 22 KunstUrhG ohne Zweifel  bereits vor etlichen Jahren durch die damals "freischaffendere" Künstlerin erteilt worden sein muss, scheint die Berliner Pressekammer für das Recht am eigenen bewegten (Nackt-)Bild eine Art "Rückrufrecht wegen gewandelter Überzeugung" i. S. d. § 42 UrhG einführen zu wollen. Nicht uninteressant und nicht auszudenken, was für Möglichkeiten sich da auftun, mittlerweile unliebsame bewegte Bilder und Originaltöne der vergangenen Jahre ausmerzen und vergessen machen zu können:

Eine Scheibenwaschanlage für das Promi-Schaufenster? Ein Persil-Schein für die politische Kochwäsche früherer öffentlich festgehaltener Fehleinschätzungen? Eine weiße Weste über den in der Vergangenheit vielleicht manchmal zu fett gefressenen High-Society-Bauch?

Ein Ende der ewigen Vorhaltung alter Sünden und kein Ende für Gefälligkeits-Journalismus und Hofberichterstattung?

Das Recht am eigenen Bild und die Respektierung des Persönlichkeitsrechts haben ihre Berechtigung - ebenso wie das Recht zur Einwilligung in die Veröffentlichung eigener Bildnisse und eben auch die (nicht schrankenlose) Freiheit der Berichterstattung, das öffentliche Informationsinteresse und das journalistische Veröffentlichungsinteresse, auch und gerade auch dann, wenn letztere durch frühere Schritte, die zwischenzeitlich selbst als "Fehltritte" bewertet werden, geweckt worden sein sollten.

Also besser einen Nachruf auf den möglichen Rückruf. Oder wollen wir publizistische Waschanlagen, Persilscheine und weiße Westen?