Moses Pelham's Power Productions (Musiklabel 3P) wird der Musik-, Film- und Porno-Branche - nach dem vor dem OLG Frankfurt verlorenen Berufungsverfahren - mit den im Revisionsverfahren weiterverfolgten vermeintlichen urheberrechtlichen Ansprüchen eventuell den "Sommer ihres Lebens" bereiten (in leichter Abwandlung des betroffenen Musiktitels von Sebastian Hämer). Dann nämlich, wenn der 1. Zivilsenat (wegen eines während des Urlaubs des Anschlussinhabers nicht ausreichend verschlüsselten W-LAN-Netzwerkes und einer angeblich in dem Zusammenhang durch einen Dritten stattgefundenen illegalen Teilnahme an einer Musik-Tauschbörse) den Urlauber zum haftenden (Mit-)Störer erklärt. Dann wäre der Erholungswert jenes Urlaubs wohl dahin - schöner Mai hin oder her.
Argumente sind pro und contra zahlreich und z. T. auch vertieft ausgetauscht worden - selbstverständlich außerhalb von Tauschbörsen. Akademisch und dogmatisch lassen sich da ohne alle Frühlingsgefühle zahlreiche Gesichtspunkte und eine Menge juristischer Theorien heranziehen oder neu begründen. Verkehrssicherungspflichten (die nun wirklich nichts mit Frühlingsgefühlen zu tun haben), Halter-Haftungen (die nichts mit Mikrofonhaltern zu tun haben), Garantie-Haftungen ohne Garanten, verschuldensähnliche Bewertungen (bei denen jede Ähnlichkeit rein zufällig ist), Sphären-Theorien und -Klänge oder weitere störende Störer-Geräusche rauschen durch den maienhaften Blätter-Wald.
Auf der anderen Seite - des Waldes - werden dem gegenüber Lieder von Waldeslust und Userfrust, von Piraten-Freiheit und offenen Netzen sowie von Schüler- und Rentner-Abzocke gesungen - möglichst ohne dabei die Urheberrechte anderen Liedgutes zu tangieren.
Wer wird letzlich im Regen - im Mairegen - stehen?
Wahrscheinlich ist es so, wie es häufig mit dem Wetter ist: Schwer vorherzusagen und hinterher stehen meistens alle etwas im Regen.
Besonders könnte das Urteil die erwähnten Heißpunkte bzw. Hotspots treffen .. und deren bisherige Nutzer. Da kann es schnell passieren, dass einem das "Halzband"-Urteil (I ZR 114/06) im Hals stecken bleibt; aber wem?
Bei Hotspots erleichtert m. E. wie so oft ein Blick in das Gesetz die Rechtsfindung:
Das Telemediengesetz (TMG) regelt die Haftung eines Diensteanbieters im Telekommunikationsrecht. Als Diensteanbieter gilt gemäß § 2 TMG
jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt.
Zu den Telemedien gehört unzwiefelhaft auch das Internet.
In § 8 Abs. 1 TMG heißt es dann:
Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie
1. die Übermittlung nicht veranlasst,
2. den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und
3. die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben.
1. die Übermittlung nicht veranlasst,
2. den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und
3. die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben.
Ein Hotspot-Betreiber ist grundsätzlich Diensteanbieter i. S. d. Telemediengesetzes, da er anderen seinen Internetzugang zur Verfügung stellt. Ob er dies gewerblich oder zu privaten Zwecken macht, ist für die Anwendung des TMG an dieser Stelle nicht relevant. Der Diensteanbieter haftet, wenn er anderen seinen Webzugang zur Verfügung stellt, nur dann, wenn er Kenntnis von den über seinen Anschluss begangenen Rechtsverstößen hat und nicht etwa generell und immer.
Nach § 7 Abs. 2 TMG besteht auch keine Pflicht des Hotspot-Betreibers, den Webzugang nach rechwidrigen Benutzungen zu untersuchen bzw. zu kontrollieren oder zu überwachen. Im Gesetz heißt es dazu:
Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.
Wenn der 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes die gesetzlichen Vorgaben zur Haftungsbeschränkung derjenigen beachtet, die bewusst, gewollt und damit "schuldhaft" (vorsätzlich) Webzugänge für Dritte (seien es z. B. Kunden, Gäste oder Besucher) schaffen, muss er eigentlich im Erst-Recht-Schluss die Begrenzung der Haftung auch für Anschlussinhaber anwenden, die ohne entsprechenden Plan, ohne Vorsatz und unfreiwillig praktisch zum "Diensteanbieter" werden - egal ob von Dritten (ohne vorherige Kenntnis des Anschlussinhabers) Mai-Lieder, Rap-Songs oder Hardcore-Filme öffentlich beim Filesharing zugänglich gemacht wurden.
Die Instanzen-Gerichte und die meisten Anwälte (anders als z. B. die Kollegen Stadler und Euler) haben bisher das TMG praktisch links des Maiwaldes liegen lassen. Wir wollen hoffen, dass der BGH den Baum vor lauter Wald sieht und bei seinen Abwägungen die Wertungen des TMG-Gesetzgebers angemessen berücksichtigt.
Ein unbegrenzter Freibrief wird den Hotspots - und anderen Anschlussinhabern - ohnehin am 12. Mai 2010 nicht geschrieben werden: Nach Kenntnis, für die die Abmahner oder Kläger wohl in den meisten Fällen "sorgen", bleibt für den Hotspot-Betreiber - wie für jeden anderen Anschlussinhaber - "nichts wie vorher"; dann beginnen in jedem Fall Untersuchungs- und Überwachungspflichten. Dies wird nicht selten zur anschließenden Schließung des offenen W-LAN-Hotspots führen. Der (Mai-)Regen scheint mal wieder für alle sicher.