Die Gedanken sind frei.
Der I.  Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 01.12.2010 eine Art Zwischenentscheidung zu der Frage getroffen, ob eine kommerzielle  Verwertung von sogenannten "Abstracts" urheberrechtlich , markenrechtlich und wettbewerbsrechtlich zulässig ist. Hinsichtlich des Streitstoffs darf ich auf meine kurzen Beiträge vom 31.05.2010 und 15.07.2010 verweisen.
Die Zeitungsverlage der  "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und der "Süddeutsche Zeitung" sehen in der kostenpflichtigen Lizenzierung der "Abstracts" zugunsten Dritter eine Verletzung des Urheberrechts an den Buch-Rezensionen, darüber hinaus auch eine Verletzung von Markenrechten sowie einen  Verstoß gegen wettbewerbsrechtliche Regeln. Nach entsprechenden Abmahnungen wurden Klagen gegen "perlentaucher.de" erhoben; diese sind auf  Unterlassung, Auskunftserteilung und auf Feststellung einer  Schadensersatzpflicht gerichtet. 
Das Landgericht Frankfurt a. M. und das OLG Frankfurt a. M. haben die Klagen  abgewiesen. Der I. Zivilsenat des BGH hat die OLG-Urteile aufgehoben und die Sachen an das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. zurückverwiesen. 
Auch nach Auffassung des BGH ist die urheberrechtliche Zulässigkeit  einer Verwertung eines "Abstracts" wesentlich davon abhängig, ob es sich dabei um ein selbständiges Werk handelt, das lediglich in freier Benutzung  der Buch-Rezension geschaffen worden ist und das auf diese Weise ohne Zustimmung des Urhebers verwertet  werden darf gem. § 24 Abs. 1 UrhG . Der BGH meint allerdings, das Oberlandesgericht habe bei der  diesbezüglichen Prüfung der "Abstracts" nicht alle gebotenen rechtlichen Maßstäbe  angelegt und auch nicht alle relevanten tatsächlichen Umstände  berücksichtigt. 
Jetzt muss das OLG Frankfurt a. M. erneut prüfen, ob es  sich bei den gerügten "Abstracts" um selbständige Werke i. S. d. §  24 Abs. 1 UrhG handelt. 
Dabei wird es jeweils auf eine genaue Würdigung des Einzelfalls ankommen.  Bei der Beurteilung ist nach der Vorgabe der BGH-Richter zu beachten, dass grundsätzlich nur die  sprachliche Gestaltung einer Rezension Urheberrechtsschutz genießt - nicht der gedankliche Inhalt. Die Gedanken sind frei.  Es ist urheberrechtlich  zulässig, den Inhalt eines Schriftwerks mit eigenen Worten  zusammenzufassen und diese Zusammenfassung dann auch geschäftlich zu verwerten. Entscheidend wird sein, in welchem Umfang "perlentaucher.de"  in den einzelnen "Abstracts" besonders originelle  Formulierungen der in der Presse veröffentlichten Buch-Rezensionen jeweils wörtlich übernommen hat und ob dies vom Zitierrecht gedeckt bzw. hierdurch gerechtfertigt ist.
Die genauen Entscheidungsgründe des I. Zivilsenats bleiben im Übrigen abzuwarten. Dies gilt auch hinsichtlich der Frage, ob der BGH sich gfls. zur Frage einer verfassungsrechtlichen Güter- und Interessenabwägung im Rahmen der gesetzlichen Schranken des Urberrechts näher äußert.
Ein kleiner Schritt auf dem Weg zur gebotenen Stärkung der Informationsfreiheit scheint mit der verkündeten Zwischenentscheidung getan zu sein. Die Gedanken sind frei.
 
 
