Freitag, 28. August 2015

BGH-Filesharing-Verfahren zu Vermutung und Zumutung


Karlsruhe liefert bald mehr Klarheit für Adressaten urheberrechtlicher Abmahnung

Endlich:
 
Der BGH wird sich absehbar näher befassen mit der die Internetanschlussinhaber belastenden sogenannten „tatsächlichen Vermutung“ bei Filesharing-Abmahnungen bzw. -Klagen. Dabei wird es auch darum gehen, welche Anforderungen bzw. „Zumutungen“ wirklich an die Internetanschlussinhaber gerichtet werden dürfen, um sich erfolgreich gegen Filesharing-Vorwürfe wehren zu können - insbesondere bei familiären Internetanschlüssen. Wie weit gehen die in der Familie zumutbaren Nachforschungspflichten?
 
Anlass der zu erwartenden Klärungen sind die eine Filesharing-Klage der von den Rechtsanwälten Waldorf Frommer vertretenen Constantin Film Verleih GmbH zu Recht abweisenden Urteile des AG Braunschweig vom 27.08.2014 (Az. 117 C 1049/14) sowie des LG Braunschweig vom 01.07.2015(Az. 9 S 433/14).
Die dortige Berufungskammer (9. Zivilkammer) erkannte die grundsätzliche Bedeutung der aktuellen Streitfragen. Im die Revision zum Bundesgerichtshof zulassenden Urteil heißt es u.a.:
„Die Revision war nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache sowohl grundsätzliche Bedeutung hat als auch dies zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich erscheint. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einheitlicher Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. nur BGH NJW 2003, 2319). Dies ist hier der Fall. Bei nahezu allen für Urheberrecht zuständigen deutschen Gerichten sind vergleichbare Verfahren wegen der Erstattung von Abmahnkosten wegen behaupteter Urheberrechtsverletzungen durch das sogenannte „Filesharing“ anhängig, bei denen es jeweils erheblich auf die Fragen ankommt, (i) wie eine etwaige tatsächliche Vermutung „erschüttert“ werden kann bzw. unter welchen Voraussetzungen eine solche nicht eingreift (durch Beweis anderer Anschlussmitbenutzer durch den Beklagten / durch bloßes Behaupten von Anschlussmitbenutzern / durch substantiierte Darlegung anderer Mitbenutzer), und (ii) wie weit die sekundäre Darlegungslast der Beklagten und die in diesem Rahmen bestehende Nachforschungsplicht reicht. Da hierzu auch nach Veröffentlichung der Bearshare-Entscheidung des Bundesgerichtshofs von den Instanzgerichten verschiedene Auffassungen vertreten werden (siehe oben), ist die Zulassung der Revision auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.“
Das Revisionsverfahren vor dem I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe ist dort zum Az. I ZR 154/15 anhängig.
Das Verfahren wird voraussichtlich nicht alle derzeit zu Filesharing-Abmahnungen noch rechtlich umstrittenen Gesichtspunkte klären, kann aber für große Teile der Abmahnungsprosa ein zumutbares Ende erreichen.