Samstag, 13. Oktober 2012
Filesharing-Abmahnung und Familie: Keine Sippen-Störerhaftung im Urheberrecht
Langsam wird die Luft für die Abmahnungs-Lobby immer dünner. Fragwürdige Anti-Piracy-Ermittlungssoftware, kritische Trojaner-Diskussionen, Schelte an Abzock-Mentalität und Pranger-Taktik, differenzierte Signale vom Bundesverfassungsgericht und nun zunehmende Begrenzung der in den Filesharing-Abmahnungen ausufernd ge- oder missbrauchten Störerhaftung für Familien-Angehörige nun auch durch ein Urteil des viel gescholtenen Landgerichts Köln.
Die zur pauschalen Unterstellung ausgeartete Vermutung, dass der Internetanschlussinhaber vermeintlich festgestelltes und vermeintlich dokumentiertes illegales Filesharing und daraus abgeleitete Rechtsverletzungen angeblich täterschaftlich begangen, unterstützt, zugelassen oder in verantwortlicher Weise als sogenannter Störer ermöglicht habe, geht bei einem von einer Familie genutzten Internetanschluss zunehmend ins Leere.
Die Kollegen Ferner und Stadler befassen sich erhellend mit der aktuellen Entscheidung der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 11.09.2012 (33 O 353/11), das seine klageabweisende Entscheidung m. E. differenziert und überzeugend begründet – ohne Diskrepanz zum Urteil des Ersten Zivilsenats des BGH vom 12.05.2010 (I ZR 121/08) – Sommer unseres Lebens – und im Einklang mit der im LG-Urteil umfangreich zitierten aktuellen Rechtsprechung des OLG Köln vom 16.05.2012.
Der demgegenüber für einige als Alarm und Rückschlag empfundene, recht rechteinhaber-freundliche BGH-Beschluss vom 19.04.2012 (I ZB 80/11) betrifft nicht Fragen der Täter- oder Störerhaftung, sodass man m. E. durchaus optimistisch sein darf in Richtung auf eine zunehmende auch höchstrichterliche Tendenz, mit einer ausufernden Filesharing-Haftung kritischer und sachgerechter umzugehen.
Hoffnung macht dabei auch der Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 21.03.2012 (1 BvR 2365/11), in dem es zwar primär um verfahrensrechtliche und verfassungsrechtliche Bewertungen geht, in dem die höchsten deutschen Richter allerdings zwischen den Zeilen (und mit Beschlusszitaten des OLG Frankfurt) ziemlich deutlich gezeigt haben, mit welchen Bewertungen zur Störerhaftung man in Karlsruhe “sympathisiert”.
Die neuen richterlichen Bewertungs-Tendenzen sind dabei durchaus kein Freibrief für sanktionslose illegale Rechtsverletzungen oder unsubstantiiertes bzw. ungeschicktes Verteidigungsvorbringen, allerdings auch keineswegs als "Lästigkeits"-Reaktion der Richterinnen und Richter ob der zunehmenden Klagehäufigkeit nach erfolglosen Filesharing-Abmahnungen abzutun, sondern entsprechen vielmehr sachgerecht und sauber subsumierend den geltenden gesetzlichen Regelungen aus dem Urheberrecht, dem Delikts- und Haftungsrecht sowie dem Verfassungsrecht. Pauschale Sippenhaft zu Lasten ganzer Familien war und ist mit dem geltenden Recht nicht in Einklang zu bringen.
Eine bloße Filesharing-Vermutung gegenüber einer mit Internetanschluss ausgestatteten Familie macht noch keinen Abmahnungs-"Sommer".
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