Sonntag, 9. März 2025

Die 7 Todsünden bei anwaltlichen Dienstleistungen

  Die Suche nach verlässlicher anwaltlicher Hilfe ist nicht immer leicht.

Obwohl von Rechtsanwälten eigentlich fundierte rechtliche Hilfe benötigt und zu Recht erwartet wird, kommen immer wieder schlimme Enttäuschungen und tatsächlich schamlose Zumutungen vor … zum Leidwesen so mancher Mandanten.

Dr. jur. Ralf Petring war fast 40 Jahre lang als Medienanwalt aktiv und hatte Einblick in die erschreckenden Praktiken mancher Juristen, die als schwarze Schafe den Berufsstand der Anwälte in Misskredit bringen.

Doch was sind die hauptsächlichen Unsitten bei anwaltlichen Dienstleistungen?


Nr. 1

Es beginnt bereits vor der eigentlichen rechtlichen Beratung oder Vertretung, nämlich bei marktschreierischer unzutreffender Außendarstellung, unlauterer, irreführender Werbung. Da werden nicht selten Kompetenzen vorgegeben, die so nicht bestehen.

Es ist viel anständiger und für die Rechtssuchenden hilfreicher, wenn ihnen der zunächst angesprochene Anwalt stattdessen tatsächlich auf dem relevanten Rechtsgebiet spezialisierte Kanzleien empfiehlt – oder zumindest Stellen oder Quellen nennt, über die fachlich einschlägig ausgewiesene Juristen auffindbar sind.


Nr. 2

Eine fehlende oder unzureichende Aufklärung über bestehende Risiken – materiellrechtlicher, verfahrensrechtlicher und kostenmäßige Art – kann zu späterem bösen Erwachen führen. Der Anwalt ist aber verpflichtet, auf Prozessrisiken und Kostenrisiken unmissverständlich hinzuweisen.


Nr. 3

Stattdessen wird das Mandat manchmal nach der Kanzlei bzw. dem Kanzleiumsatz zugute kommenden Gesichtspunkten ausgeführt. Das kann z. B. dadurch geschehen, dass die konkreten anwaltlichen Tätigkeiten vorrangig danach ausgerichtet werden, Streitgegenstände mit hohen Streitwerten zu priorisieren und auch ggf. im konkreten Fall eigentlich unnötige Gebührentatbestände auszulösen. Letzteres kann u. a. etwa durch eine vermeidbare Instanz, eine verzichtbare Besprechung(sgebühr) oder einen unangebrachten Vergleich (mit daraus ableitbarer Einigungsgebühr) entstehen. Wobei ein Abraten von verfahrensverkürzenden und Kostenrisiken begrenzenden Kompromissen sich ebenfalls als Kostenschneiderei und unnütze „Instanzen-Turnerei“ darstellen kann.


Nr. 4

Eigentlich selbstverständlich, allerdings häufig vernachlässigt wird die zunächst regelmäßig erforderliche exakte Klärung der den Rechtsfragen bzw. dem juristischen Streit zugrundeliegenden Sachverhalte. Ohne ausreichenden anwaltlichen Zeiteinsatz bei der Ermittlung, Erörterung und evtl. möglichen Prüfung der entscheidungserheblichen tatsächlichen Vorgänge kann eine belastbare rechtliche Bewertung nicht erfolgen.


Nr. 5

Übersehen oder übergangen wird anschließend gerne die Frage der sogenannten Beweislast. Welcher der Streitparteien ist im etwaig anstehenden Prozess denn verpflichtet, entscheidungsrelevante Tatsachen nachzuweisen? Und welche wie zu bewertenden Beweismittel (etwa Zeugen, Urkunden bzw. Verträge) stehen der eigenen Seite oder der Gegenseite zur Verfügung? Das sollte frühzeitig geklärt und abgewogen werden.


Nr. 6

Die sechste Todsünde so mancher Rechtsanwälte betrifft ein Hauptfeld ihrer Profession: Das zielführende Argumentieren gegenüber der Gegenseite, dem Gegenanwalt, dem Gericht oder der Behörde. Es kann entscheidend sein, ob, wann und auf welche Weise mein Anwalt welche Argumente anbringt, ob er schlagkräftige Einwendungen übersieht oder auslässt, ob der Rechtsvertreter sein Pulver evtl. zu früh verschießt, die Gegenseite unterschätzt – oder sogar fälschlicherweise überschätzt und ob er in der mündlichen Gerichtsverhandlung durch ein engagiertes und überzeugendes Plädoyer das Ruder vielleicht noch herumreißen kann.


Nr. 7

Nicht nur, aber auch bei Anwälten kommt es vor: arrogantes, herablassendes, unfreundliches Auftreten – und zwar gegenüber der Mandantschaft, der Gegenseite, den Gegenanwälten, dem Gericht und/oder der Behörde. Das erschwert oder verhindert sogar angemessene Lösungen und ein konstruktives Verhandlungsklima sowie die Bereitschaft aller Beteiligten, daran mitzuwirken. Stattdessen Öl ins Feuer zu gießen dient allenfalls anwaltlichen Honorarambitionen.

Der interessengerecht agierende Rechtsanwalt bleibt sachlich und besonnen. Und er (oder sie!) kommuniziert proaktiv, wobei durchgängig und transparent der Kontakt mit der Mandantschaft gehalten wird – zum jeweils aktuellen Stand der Dinge und über anstehende Verfahrensabläufe.


Zum Thema auch mein gleichlautender YouTube-Beitrag vom 08.03.2025.



Donnerstag, 27. Februar 2025

Die 7 Todsünden beim Anwaltsbesuch


Was kann ich falsch machen beim Gang zum Rechtsanwalt?
                


Damit der nächste Besuch beim Anwalt kein gruseliger Reinfall wird, hier die Fehler, die Sie in Ihrem eigenen Interesse besser vermeiden sollten:


Nr. 1

Die erste Todsünde beginnt eigentlich schon vor dem beabsichtigten Anwaltsbesuch: 

Wenn Sie statt einer gezielten Auswahl Ihres anwaltlichen Dienstleisters einfach den sozusagen „nächstbesten“ Rechtsanwalt aufsuchen - vielleicht aus der näheren Nachbarschaft oder zumindest örtlich schnell zu erreichen. Das kann kein wirklich zielorientiertes Auswahlkriterium für eine sachgerechte Mandatierung sein. 

Da sollte stattdessen vielmehr recherchiert werden - nach passender anwaltlicher Spezialisierung (evtl. ein einschlägiger Fachanwalt?) und nachweislich überzeugenden positiven Bewertungen (im eigenen Umfeld und/oder im Netz). Es gibt etliche seriöse Quellen, wenn auch manche positive Bewertung auf Plausibilität und Verifizierbarkeit zu prüfen sein wird.


Nr. 2

Nach derartiger Vorauswahl sollte ein unverbindliches persönliches (oder zumindest fernmündliches) Vorgespräch oder eine kostenlose „Erstberatung“ nicht ausgelassen werden, um den anwaltlichen Berater besser kennenzulernen. Sie dürfen dabei allerdings nicht den Fehler machen zu glauben, im Erstgespräch würden Sie bereits kostenlos die abschließenden Antworten auf Ihre rechtlichen Fragen und die Lösung Ihres rechtlichen Problems erhalten. 

Kein seriöser Rechtsanwalt stellt Ihnen ohne jede Honorierung sein juristisches Knowhow, seine Kompetenz und seine prozessualen Erfahrungen zur Verfügung.


Nr. 3

Machen Sie nicht den Fehler, die Anwaltskanzlei Ihrer Wahl unvorbereitet und planlos aufzusuchen. 

Es empfiehlt sich vielmehr, sortierte Unterlagen und Korrespondenzen mitzubringen und den Rechtsanwalt möglichst vollständig und konzentriert zu informieren. Ihr Anwalt ist auf umfassende Informationen angewiesen und wird im Gespräch Relevantes und Wichtiges von Unwesentlichem trennen können.


Nr. 4

Warten Sie nicht zu lange damit, sich kompetenter juristischer Unterstützung zu versichern, auch um etwaig laufende Fristen nicht zu versäumen und um durch frühzeitiges Agieren ggf. gegenüber der Gegenseite strategische Vorteile zu gewinnen.


Nr. 5

Achten Sie neben passender Spezialisierung und ausgewiesener Kompetenz auch auf eine gut funktionierende Kommunikationsebene, eine im besten Fall „gleiche Wellenlänge“. 

So angenehm ein sympathischer und empathischer Ansprechpartner ist; sie sollten Ihrem rechtlichen Dienstleister dennoch nicht übel nehmen sondern eher hoch anrechnen, wenn er die Objektivität, das Standing und die anwaltliche Unabhängigkeit mitbringt, Sie auch auf etwaige Risiken und auf Ihre eigenen Mankos hinzuweisen, anstatt Ihnen lobhudelig das Blaue vom Himmel zu versprechen.


Nr. 6

Denken Sie nicht, es komme nicht auch auf Ihre Mithilfe, Ihr aktives Mitdenken an. Rechtliche Auseinandersetzungen gewinnt man besser im Team. 

Dabei sollten Sie allerdings nicht versuchen, dem Rechtsanwalt Ihre juristische Nachhilfe angedeihen zu lassen. Fragen sind aber immer erlaubt; es gibt bekanntlich keine dummen Fragen, nur leider manchmal dumme Antworten.


Nr. 7

Und schließlich wäre es eine Todsünde, nicht das Thema Geld anzusprechen. Die Honorarfrage ist schließlich für beide Seiten nicht ganz unwichtig. Guter Rat muss nicht (zu) teuer sein; kein oder schlechter Rat ist meistens viel teurer.


Zum obigen Thema auch der gleichlautende YouTube-Beitrag vom 26.02.2025.


Rechtsanwälte/Anwälte im Sinne dieses Blogbeitrags sind auch Rechtsanwältinnen/Anwältinnen.





Donnerstag, 16. Januar 2025

Die 7 Todsünden bei Online-Fotos

Im Internet findet sich zu allen möglichen Themen eine wahre Flut von Bildern. 


Phantastische Bauwerke, niedliche Tiere, spektakuläre Landschaften und faszinierende Menschen ... es gibt schon sehr beeindruckende Fotografien im Netz.


So verlockend es ist, auf Instagram & Co. sich solch toller Fotos anderer zu bedienen, so gefährlich kann es auch sein. Doch was sind dabei die riskantesten Fehler?


Todsünde Nr. 1

fremde Fotografien ohne Zustimmung des Fotografierenden bzw. des Rechteinhabers zu kopieren und zu veröffentlichen. 

Dies gilt auch dann, wenn das Lichtbild nicht von einem professionellen Urheber angefertigt wurde. Und es gilt selbst dann, wenn es sich um einfache Schnappschüsse mit grenzwertiger Qualität handelt.


Todsünde Nr. 2

zu glauben, wenn man den Namen des Urhebers nennt – etwa mit einem entsprechenden Copyright-Vermerk – dann sei die Veröffentlichung einfach erlaubt. Die Quellenangabe bzw. die Namensnennung ist zwar grundsätzlich erforderlich, ersetzt aber noch keine Zustimmung zur Veröffentlichung durch den Urheber oder die Urheberin.


Todsünde Nr. 3

sich auf der sicheren Seite und auf rechtmäßigem Weg zu wähnen, wenn man die fremde Fotografie farblich verändert oder wenn man lediglich einen Ausschnitt wählt. Allein der Urheber hat das Recht, das Foto zu verändern bzw. zu bearbeiten. Dieses Recht ist Teil des Urheberrechts.


Todsünde Nr. 4

die verbreitete bzw. veröffentlichte Abbildung fremder Personen ohne deren Zustimmung, außer es handelt sich bei den abgebildeten Personen lediglich um unwesentliches und austauschbares „Beiwerk“ oder auch um die Darstellung von Versammlungen oder Aufzügen. Es wird das sogenannte "Recht am eigenen Bild" verletzt, was der verletzten Person Beseitigungs-, Unterlassungs- und im Einzelfall auch Entschädigungsansprüche zukommen lässt.


Todsünde Nr. 5

zu glauben, zur Unkenntlichmachung der Personen reiche es in jedem Fall aus, wenn die Gesichter nicht erkennbar bzw. unkenntlich gemacht worden sind. Dabei wird übersehen, dass manche Menschen zumindest vom näheren Umfeld manchmal auch schon durch bestimmte körperliche Merkmale, Haltungen, Kleidung, Schmuck, Tattoos etc. - vielleicht auch durch den Kontext mit anderen Bildinhalten - identifizierbar sein können.


Todsünde Nr. 6

im Falle grundsätzlich erlaubter Personenabbildung diese Person in diskreditierender, verächtlich oder lächerlich machender, peinlicher oder sonst wie ehrverletzender Weise zu zeigen. Das verletzt die Persönlichkeitsrechte der abgebildeten Person und führt zu entsprechenden Löschungs-, Unterlassungs- und ggf. auch Schadensersatz-Ansprüchen und kann sogar strafbar sein.


Todsünde Nr. 7


die sogenannte Panoramafreiheit misszuverstehen und falsch anzuwenden. 

Zulässig ist es, „Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Graphik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Bei Bauwerken erstrecken sich diese Befugnisse nur auf die äußere Ansicht“, heißt es in § 59 UrhG. 

Das bedeutet aber nicht, ein Bild etwa von erhöhten Standorten aus zu fertigen, z. B. aus dem Obergeschoss eines benachbarten Gebäudes. Die Panorama-Perspektive erlaubt auch nicht den Einblick in Innenräume und wird selbstverständlich nur unter Respektierung der Persönlichkeitsrechte gewährt.

Vor übereiltem Foto-Posting also besser zunächst daran denken, dadurch nicht andere in ihren Rechten zu beeinträchtigen. Dann klappt's auch mit den Bildern.





Freitag, 6. Dezember 2024

Die 7 Todsünden bei Online-Bestellungen


                            Jetzt auch auf YouTube!

Nicht nur in der Vorweihnachtszeit suchen viele nach verlockenden Kaufangeboten im Internet. Dabei werden oft riskante Fallstricke übersehen, wodurch man gutes Geld verlieren kann.

Aber was sind nun die häufigsten, teuersten und sündhaftesten Fehler bei Bestellungen im Internet?



Todsünde Nr. 1 bei Online-Bestellungen

Es wäre so leicht und so einfach und es wird dennoch nicht selten ausgelassen: Ein zumindest kurzer Blick in das Impressum des Anbieters:

Gibt es überhaupt einen entsprechenden Menüpunkt? Und wenn ja, welche Abgaben fehlen dort eventuell? Eine kryptische Firmenangabe ohne Benennung der als Inhaber oder Vertreter verantwortlichen Person(en)? Keine plausible Anschrift? Oder eine Adresse im außereuropäischen Ausland? Keine E-Mail-Adresse? Keine Telefonnummer? Keine Angabe zur Aufsichtsbehörde? Keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer? All dies kann Anlass sein, die Alarmglocken zum Schrillen zu bringen. Zumindest besteht umso mehr Anlass zur Vorsicht, je mehr der vorgenannten Mankos auftauchen.



Todsünde Nr. 2 bei Online-Bestellungen

Keine eindeutigen und vollständigen Angaben zum Produkt? Und vielleicht keine erforderliche Widerrufsbelehrung? Finger weg von derartigen Angeboten. Die „Katze im Sack“ lässt grüßen.



Todsünde Nr. 3 bei Online-Bestellungen

Das Internet enthält soviel nützliche Informationen. Warum nicht mal einen Blick in evtl. vorhandene Onlinebewertungen und -tests riskieren – sowohl hinsichtlich des Anbieters als auch zum konkreten Produkt. Aber Achtung: Es gibt auch Fake-Bewertungen, manchmal erkennbar durch Werbetext-Anmutung, ausschweifende, übertriebene Lobhudelei, eine Vielzahl gleichlautender positiver Bewertungstexte oder auch das vollständige Fehlen kritischer Stimmen.



Todsünde Nr. 4 bei Online-Bestellungen

Sofort beim ersten aufgefundenen Angebot zuzuschlagen und von einem vorherigen Preisvergleich abzusehen, kann zu einem unnötig teuren Einkauf führen und damit bares Geld verschwenden. Dabei gibt es doch durchaus seriöse, transparente und aussagekräftige Vergleichsportale.



Todsünde Nr. 5 bei Online-Bestellungen

Beim Bestellvorgang sollte zudem auf eine sichere Zahlungsabwicklung geachtet werden. Sich schutzlos auf eine risikoreiche „Vorkasse“ einzulassen, wird nicht selten mit nicht rückholbarem Geldverlust und fehlender oder mangelhafter Lieferung bestraft.



Todsünde Nr. 6 bei Online-Bestellungen

Obwohl gesetzlich der Grundsatz der sogenannten „Datensparsamkeit“ gilt, werden manchmal bei der Bestellung oder auch schon bei einer ggf. vorausgehenden Online-Registrierung persönliche Daten abgefragt, deren Offenlegung für die Geschäftsabwicklung gar nicht erforderlich wäre. Was geht den Anbieter mein Familienstand, meine Kinderzahl, mein Beruf, meine Wohn- bzw. Eigentumsverhältnisse, meine Freizeit-Vorlieben oder meine persönlichen Kontakte an? Aber Daten sind eben in der heutigen Welt sehr wertvoll und stellen immer häufiger die „Währung“ dar, mit der die Kundin oder der Kunde bezahlen oder zusätzlich bezahlen soll. Den Einsatz sollte man sich in jedem Einzelfall gut überlegen.



Todsünde Nr. 7 bei Online-Bestellungen

Als nicht zu vernachlässigende Todsünde bei Bestellungen im Internet wird es oft übersehen, den Bestellvorgang und die Inhalte der Bestellung selbst zu dokumentieren und durch entsprechende Downloads und/oder Screenshots zu sichern. Dabei ist das wirklich nicht schwer und kann im Falle späterer Auseinandersetzung durchaus hilfreich sein. Es sich zu sparen, kann sich demgegenüber später sündhaft rächen – wie das so ist bei „Todsünden“.



Mittwoch, 5. Juli 2023

Rechte an Selfies und anderen Schnappschüssen

 Kurz eingeworfen:  Wenn Bilder ungewollt auf Reisen gehen

Fotos können auch ungewollt um die ganze Welt fliegen.


Es ist schon erstaunlich, wo heutzutage Deine Bilder alle „landen“ können. Damit sind
nicht nur Fotos gemeint, die Du selbst zuhause, im Urlaub oder auf der letzten Fete
geschossen hast. Zudem geht es um nicht nur von Dir, sondern auch von Dritten 
gefertigte Abbildungen, die Dich, Deine Person, Dein Gesicht oder sonstige erkennbare Merkmale zeigen.

Das kann gegenüber einem kleineren oder größeren Freundeskreis oder „Follower“-Kreis
erfolgen, die Bilder können aber in anderen Fällen auch für fremde Dritte oder sogar praktisch für die ganze Welt sichtbar sein ... und sichtbar bleiben.

 Dein Urheberrecht 

Findest Du z. B. selbst gefertigte Urlaubsschnappschüsse oder von Dir aufgenommene Bilder Deines Haustieres oder einer Dir etwa besonders ins Auge gefallenen Blütenpracht im Internet an Stellen bzw. auf Web- oder Social Media-Seiten, auf denen Du diese Fotografien nicht eingestellt hast und für die Du die Fotos auch nicht freigegeben hast, kannst Du Dich als Urheber
bzw. Urheberin bekanntermaßen dagegen vorgehen. Per selbst verfasster oder anwaltlicher
Abmahnung können diejenigen, die für die ohne Deine Einwilligung erfolgte Verbreitung und
öffentliche Zugänglichmachung Deiner Fotografien verantwortlich sind, insbesondere auf
Entfernung, Löschung, Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden.
Und was ist, wenn Du Dich nicht oder nicht primär über die ungenehmigte Verwendung Deiner
fotografischen „Werke“ ärgerst, wenn dir stattdessen vielmehr die identifizierbare Abbildung
Deiner Person gegen den Strich geht?
Auch dann bist Du grundsätzlich nicht schutzlos. Du hast ein – notfalls juristisch durchsetzbares
sog. „Recht am eigenen Bild“. Was bedeutet das?



 Dein Recht am eigenen Bild 

Gemeint ist jede bildliche Darstellung, die Deine Person einem weiteren Kreis als nur dem
engeren Familien- und Freundeskreis erkennbar macht. Bezüglich derartiger Abbildungen hast
Du das Recht, darauf zu bestehen, dass diese nur mit Deiner Einwilligung verbreitet oder
öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen. Diese Rechtsposition ist eine Ausprägung Deines
allgemeinen Persönlichkeitsrechts, Deiner verfassungsrechtlich garantierten Menschenwürde
und Deines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, damit gleichzeitig auch eine Facette
Deiner Datenschutzrechte.
Es handelt sich folglich um eine für Dich äußerst stark legitimierte Rechtsposition, auf die Du
Dich gegenüber Rechtsverletzern massiv berufen kannst – und zwar wiederum mit
Entfernungs-, Löschungs-, Unterlassungs- und Schadensersatz- bzw.
Entschädigungsansprüchen. Diese können korrespondieren mit gegen den Rechtsverletzer
gerichteten ergänzenden Auskunfts- und Kostenerstattungsansprüchen.



 Deine Rechte gegenüber Portalen und Suchmaschinen 

Freitag, 22. Juli 2022

NICHT NUR ZUR SOMMERZEIT


Sternchen und Likes verfliegen bei hitzigen Gemütern.

Coole Abwehr hitziger Rezensionen 


Die Lust darauf, ein Unternehmen oder einen Dienstleister im Internet öffentlich nicht nur mit Sternchen und Likes zu bewerten, sondern in teilweise vernichtender Art und Weise hinsichtlich der angebotenen Produkte bzw. Leistungen oder auch persönlich in ungerechtfertigter Weise zu diskreditieren, nimmt seit einiger Zeit fühlbar zu. Bei allem Verständnis für zutreffend begründete Kritik, das Recht auf freie Meinungsäußerung und das berechtigte Interesse potenzieller Kunden oder Geschäftspartner an auch subjektiven und wortstark zugespitzten Informationen und Wahrnehmungen, kann dennoch der oder die jeweils Bewertete nicht völlig schutzlos jeglicher Bewertungswillkür ausgesetzt sein. 

Schließlich geht es dabei in unserem zunehmend digitalisierten und internetaffinen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben nicht selten um geschäftliche bzw. berufliche Existenzen. Da können im Einzelfall mit jahrelangem, teilweise jahrzehntelangem Engagement aufgebaute unternehmerische Wertschätzung und Anerkennung, ja die gesamte erreichte Reputation, mit einem Klick zunichte gemacht werden. 

Doch der Adressat entsprechender unberechtigter Anwürfe und Missbilligung ist dem nicht schutzlos ausgesetzt. Das Medienrecht, das Persönlichkeits- und Reputationsrecht und nicht zuletzt auch das Deliktsrecht sowie das Strafrecht geben bei seriöser rechtlicher Prüfung und Handhabung in den meisten Fällen juristische Instrumente an die Hand, mit denen verbreitende Medien und/oder die agierenden Personen, um nicht „Täter“ zu sagen, in ihre Schranken zu weisen und das Risiko fortdauernder Existenz gefährdender Rufbeeinträchtigung zu begrenzen, wenn nicht gar zu beseitigen.

Dabei wird es u. a. darauf ankommen, inwieweit unwahre Tatsachenbehauptungen, die Vermittlung falscher Eindrücke, ehrverletzende Schmähungen oder unzulässige Abwertungen vorliegen. Dies ist seitens des rechtlichen Beistands – bei aller verständlicher Emotionalisierung des betroffenen Bewertungsadressaten – engagiert und detailliert, aber dennoch besonnen und mit kühlem Kopf zu prüfen und bei der Einleitung rechtlicher Schritte zu berücksichtigen und abzuwägen. 

Zur Erreichung möglichst kurzfristiger und damit möglichst schnell schadensmindernder Löschungen oder Entschärfungen überhitzter Bewertungsinhalte sollte es dabei das Ziel sein, durch klares und argumentationsstarkes Agieren bereits außergerichtlich eine schnelle Lösung zu erzielen. Das setzt selbstverständlich eine ebenfalls möglichst kurzfristige, umfassende, konkrete und sachgerechte Information seitens des Beeinträchtigten voraus. Eventuell durch mehrere Instanzen zu führende gerichtliche Verfahren – außerhalb ggf. bei zeitnahem Agieren möglicher prozessualer Eilverfahren – können insoweit allenfalls die zweitbeste, weil langsamere Lösung bieten. 

Und tatenloses Zusehen stellt überhaupt keine Lösung dar, sondern beflügelt vielleicht sogar weitere überambitionierte Rezensenten, Querulanten oder Lästerer.

Dienstag, 12. April 2022

Emojis, Meinungsfreiheit und verletzte Gefühle

 

Emojis können verschiedenste Meinungen und Gefühle mitteilen.

 Nur zur Erinnerung: Das Grundgesetz schützt – wenn auch nicht schrankenlos – das Recht, seine Meinung „in Wort, Schrift und Bild“ frei zu äußern und zu verbreiten (Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 des Grundgesetzes). 

Als Bilder mit zusätzlichem ansatzweisem Schriftcharakter stellen sich auch die sog. Emojis dar. Und im digitalen Zeitalter der sog. „sozialen“ Medien und unzähliger Gelegenheiten, online zu kommentieren und zu bewerten, spielen die kleinen, mal niedlichen, ein anderes Mal hässlichen digitalen Piktogramme eine zunehmende Rolle.

 

Da wird gelacht und geweint, gestaunt und geblinzelt, gestrahlt und gemeckert, geküsst und gewunken, geschwitzt, gefürchtet und getrauert. 


Kann man damit die Rechte anderer verletzen? 

Was man allgemein mit einem klaren Ja, einem gehobenen Daumen, beantworten kann, lässt sich im jeweiligen Einzelfall keineswegs immer so einfach und so eindeutig beurteilen. Wie im analogen Leben kommt es auch in der digitalen Welt häufig auf den Kontext und den Gesamtzusammenhang bzw. die Begleitumstände an. 

Dazu gehören u. a. der vorausgegangene Kommunikationsverlauf, die typischen Kommunikationsweisen auf der jeweils benutzten Plattform und der sog. „Empfängerhorizont“ des  Adressaten und des erreichbaren Publikums respektive der Follower.

Da werden Richterinnen und Richter bei der Klärung etwaiger Rechtsverletzungen keinen leichten Job haben, müssen sie sich doch in die Wahrnehmung eines „unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums“ hineinversetzen. 

Die Juristen haben dann zu klären, ob Persönlichkeitsrechte verletzt wurden und ob sich daraus im konkreten Fall Unterlassungs-, Löschungs- und Entschädigungsansprüche ergeben. 

Dabei kommt es insbesondere auf den jeweiligen Sinngehalt an, der der streitgegenständlichen Emoji-Verwendung zu entnehmen ist. 


Emojis können, das soll nicht vergessen werden, so viel: 

Sie betonen, verstärken oder dramatisieren die Aussage, sie können aber auch vorausgegangene schärfere Formulierungen abmildern, Statements Dritter kommentieren, eigene Positionen klarstellen oder unterschiedliche Gefühle wie Liebe, Trauer, Angst, Wohlwollen und Hass transportieren. 

Nutzen wir die vorhandene Vielfalt an kleinen Gesichtern, Gegenständen, Symbolen und Gesten nicht als destruktive Waffenkammer, sondern als Schatzkiste wortloser – aber nicht sprachloser – Emotionen, als kleine kommunikative Hilfe bei empfundener Sprachlosigkeit und vielleicht als hoffnungsvolle Brücke zu nachfolgend wiedergefundener Sprache.

 

Donnerstag, 27. Januar 2022

Alles KLAR im Internet? Aktuelle BGH-Urteile zur Klarnamenpflicht in sozialen Medien

Der III. Zivilsenat in Karlsruhe urteilte zu Online-Pseudonymen

Der Bundesgerichtshof hatte am 27.01.2022 darüber zu entscheiden, ob die Anbieter sozialer Netzwerke deren Nutzung in anonymisierter bzw. pseudonymisierter Form zu ermöglichen haben. Mediennutzer und Medienanwälte waren gespannt. 

Die beiden Verfahren vor dem III. Zivilsenat (Az. III ZR 3/21 und Az. III ZR 4/21) richten sich gegen Facebook. Der Portalbetreiber hatte, gestützt auf seine Nutzungsbedingungen vom 30.01.2015 und vom 19.04.2018, die in den beiden prozessualen Verfahren betroffenen Nutzerkonten wegen Nichteinhaltung der vorgegebenen Klarnamenpflicht gesperrt. Nach den streitgegenständlichen Facebook-AGB ist bei der Nutzung der Plattform der wahre Name bzw. der Name zu verwenden, der auch im täglichen Leben verwendet wird. 

Hiergegen sind der im ersten Fall betroffene Nutzer und die im zweiten Fall betroffene Nutzerin gerichtlich vorgegangen. Sie stützen sich dabei auf die bis November 2021 geltende Regelung des § 13 Abs. 6 S. 1 Telemediengesetz (TMG). Dort heißt es, dass ein Diensteanbieter die Nutzung von Telemedien anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen hat, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist. 


Was geschah bisher vor Gericht?

Nach unterschiedlichen erstinstanzlichen Urteilen des Landgerichts Traunstein v. 02.05.2019 (Az. 8 O 3510/18) sowie des Landgerichts Ingolstadt v. 13.09.2019 (Az. 31 O 227/18) hatte das OLG München am 08.12.2020 (Az. 18 U 2822/19 Pre und Az. 18 U 5493/19 Pre) in beiden Fällen Facebook Recht gegeben und eine Klarnamenpflicht auf der dortigen Plattform gestattet. Zwar sei die oben erwähnte gesetzliche Regelung des TMG grundsätzlich anwendbar; es sei Facebook allerdings – auch um Nutzer von einem rechtswidrigen Verhalten im Internet abzuhalten – nicht zumutbar, die Verwendung von Pseudonymen zu ermöglichen und damit von der Klarnamenpflicht abzusehen.

 

Und was sagt nun der BGH zur Klarnamenpflicht?

Der III. Zivilsenat hat die beiden Streitfälle praktisch für Altfälle entschieden, d. h. für Nutzerinnen und Nutzer, die seit langem Pseudonyme auf der Plattform verwenden. 

In dem Fall des klagenden Nutzers (Az. III ZR 3/21) hat der Bundesgerichtshof Facebook verurteilt, es zu dulden, dass der Kläger seinen Profilnamen in ein Pseudonym ändert; die soziale Plattform hat dem Kläger unter Verwendung des gewählten Profilnamens Zugriff auf die Funktionen seines Nutzerkontos zu gewähren.

Die gegenteilige Vorgabe, der Kontoinhaber habe bei der Nutzung des sozialen Netzwerks den Namen zu verwenden, den er auch im täglichen Leben verwendet, sei rechtlich unwirksam, weil eine derartige Klarnamenpflicht den Nutzer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Eine derartige Regelung sei mit der bis zum 30.11.2021 geltenden Fassung des § 13 Abs. 6 S. 1 TMG, insbesondere mit dem darin zum Ausdruck kommenden Grundgedanken, dass ein Diensteanbieter die Nutzung der Telemedien anonym bzw. pseudonymisiert zu ermöglichen hat, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist, nicht vereinbar. 

Der Kläger darf folglich das Netzwerk unter einem Pseudonym nutzen. Eine Klarnamenpflicht wird höchstrichterlich in dem Zusammenhang verneint. 

Auch die Klägerin im Verfahren zum Az. III ZR 4/21 muss sich nicht auf eine Klarnamenpflicht verweisen lassen und kann von Facebook die Freischaltung ihres Nutzerkontos und den Zugriff auf dessen Funktionen beanspruchen. 

Der BGH stellt in seinen Urteilen klar, dass es auf die aktuellen gesetzlichen Vorgaben der DSGVO für seine Entscheidung nicht angekommen ist, da diese datenschutzrechtlichen Regelungen zum damaligen Zeitpunkt des Facebook-Beitritts der Kläger und damit bei Einbeziehung der strittigen AGB-Klauseln noch nicht galten. 

Zumindest für langjährige Facebook-Nutzerinnen und -nutzer besteht folglich keine Klarnamenpflicht.


Dienstag, 10. August 2021

Social Media: Rechtliche Minenfelder für Influencer & Co.


Urheberrecht, Markenrecht, Internetrecht für Influencer
Influencer sind auf rechtlich gefährlichen Feldern unterwegs.

Die Unbefangenheit und Arglosigkeit, mit der viele sich aufmachen, ohne jede Vorbereitung und Prüfung auf Instagram, bei Snapchat oder in anderen sozialen Medien bildliche und/oder textliche Inhalte zu veröffentlichen, erstaunt mich immer wieder. Immerhin sind die Medien doch voll von Berichten zu juristischen Auseinandersetzungen bspw. über Bildrechte oder Persönlichkeitsrechte. Entsprechende Abmahnungen und Klagen gehören fast schon zum sozialmedialen Alltag. Das sogenannte Internetrecht und Medienrecht birgt dabei oft mehr rechtlichen Sprengstoff, als so mancher vermutet. 

Ohne an dieser Stelle jungen Newcomern, Influencern, Bloggern, Start-Ups und Mediensternchen jeden Mut zum kreativen Durchstarten in lukrative virtuelle Karrierehimmel nehmen zu wollen, sollen hier doch einmal wesentliche Rechtsgebiete bzw. rechtliche „Minenfelder“ aufgezeigt werden, auf denen für die angesprochenen Zielgruppen besonders häufig juristische Konflikt- und Regressrisiken auftauchen. 

Da ist zum einen das Urheberrecht. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der vollständigen oder auch nur teilweisen Übernahme fremder Fotos oder Zeichnungen und dies kann durchaus auch sog. „freies“ oder „kostenloses“ Material betreffen, wenn bspw. die im Zusammenhang mit den entsprechenden Angeboten vorgegebenen Nutzungsbedingungen nicht eingehalten werden oder die grundsätzlich vorgeschriebene Urhebernennung nicht erfolgt. 

Unabhängig vom Urheberrecht ist – auch bei selbst geschossenen Fotos – das Bildrecht der abgebildeten Person zu beachten, ohne deren ausdrückliche Einverständniserklärung nur in rechtlichen Ausnahmefällen eine Veröffentlichung gestattet ist. 

Das vorerwähnte Bildrecht leitet sich ab aus dem Persönlichkeitsrecht bzw. dem Reputationsrecht, das nicht nur im Zusammenhang mit Abbildungen eine Rolle spielen kann, sondern auch im Zusammenhang mit textlichen Äußerungen, die wegen unwahrer oder diskreditierender Inhalte rechtsverletzend sein können. 

Neben den zuvor angesprochenen Bild- und Persönlichkeitsrechten kann zudem auch das Hausrecht der betroffenen Person verletzt werden z. B. durch einverständnislose Veröffentlichung von Abbildungen, die das Grundstück oder auf dem Grundstück befindliche Gegenstände betreffen. Da hilft selbst die sog. „Panoramafreiheit“ nicht immer weiter. 

Häufig verkannte Rechtsmaterien im Zusammenhang mit Kennzeichnungen und Ausgestaltungen innerhalb sozialer Medien bilden das Markenrecht, das Titelrecht und auch das Namensrecht. Mit den vorgenannten Konfliktfeldern können darüber hinaus auch unverhoffte Verstöße im Designrecht, das früher Geschmacksmusterrecht genannt wurde, korrespondieren. Da schmückt man sich schon mal gerne mit prominenten Kennzeichen oder Gestaltungen und selbst dann, wenn es sich dabei im Einzelfall nicht um eine rechtswidrige marken- oder designrechtsverletzende Darstellung handeln sollte, kann unabhängig davon dennoch manchmal das Wettbewerbsrecht dem übermotivierten Internetsternchen einen Strick drehen – etwa bei wettbewerbsrechtlich unzulässiger Rufausbeutung bzw. unlauterer Anlehnung an fremde Leistungen. 

Dass Online-Veröffentlichungen zudem ggf. bestehendes Vertragsrecht verletzen können, liegt in der Natur mancher vertraglicher Regelungen. 

Und dass bei allen Veröffentlichungen auch das Datenschutzrecht nicht unbeachtet bleiben darf, hat gerade in den letzten Jahren viele überfordert. 

Das ist schon eine Menge Stoff, der bei begrenzten zeitlichen und finanziellen Ressourcen möglichst praktikabel, aber dennoch verantwortungsvoll zu beachten, zu prüfen und zu bewältigen ist, wenn man auf diesen Felden nicht ungewollt in die Luft fliegen möchte.



Mittwoch, 24. März 2021

Private Geheimpolizei in Familien und Wohnungen

 BGH-Urteil: Verdächtigungen und Verhöre nach anwaltlichen Abmahnungen

Was unbescholtene Haus- und Wohnungseigentümer in ihren Briefkästen vorfinden, löst auch und gerade in aktuellen Pandemiezeiten nicht selten Bestürzung und Entsetzen aus. Da wird in umfangreicher Anwaltspost unter Vorlage gerichtlicher Beschlüsse und unter Hinweis auf ergangene höchstrichterliche Entscheidungen verlangt, Familienangehörige, Mitbewohner und Gäste wegen vermeintlich über das Internet begangener Urheberrechtsverletzungen quasi geheimdienstlich zu bespitzeln und zu denunzieren. Andernfalls drohen die Abmahner mit erheblichen Schadensersatz- und Kostenforderungen. Gleichzeitig wird für den Fall eines unkooperativen Verhaltens die Gefahr mehr­instanzlicher gerichtlicher Verfahren mit immensen Prozesskosten angekündigt.

 

Ist man dann zu familiärem Verrat verpflichtet?

 Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe (verkündet am 17.12.2020, Az. I ZR 228/19) hat nun auf über 30 Seiten Klarheit dazu geschaffen. Obwohl einige Abmahnanwälte dies anders darzustellen versuchen, sind die Inhaber*innen von häuslichen Internetanschlüssen nicht dazu verpflichtet, nach Erhalt einer Filesharing-Abmahnung den Abmahnern außergerichtlich etwa Familienangehörige oder Mitbewohner*innen der illegalen Teilnahme an Online-Tauschbörsen zu bezichtigen und sie ggf. so „ans Messer zu liefern“.

 

Greift die sekundäre Darlegungslast oder die Störerhaftung ein?

 Die in derartigen Abmahnungsschreiben häufig zu findende gegenteilige Argumentation, der schuld- und ahnungslose Abmahnungsadressat müsse innerhalb der eingeräumten Frist seinen sog. „sekundären Darlegungspflichten“ nachkommen, da er ansonsten selbst hafte, ist ebenso falsch wie ein etwaiger Versuch der Film-, Serien- oder Audio-Produzenten, mit sog. „tatsächlichen Vermutungen“ oder gar mit einer angeblich jeden Anschlussinhaber treffenden „Störerhaftung“ zu argumentieren. Dies geht spätestens seit der Änderung des Telemediengesetzes (TMG) vom 28.09.2017 ebenso fehl wie der in manchen Abmahnungen ausdrücklich oder unterschwellig enthaltene Vorwurf, man habe evtl. den häuslichen Internetanschluss nicht ausreichend abgesichert oder unzulänglich kontrolliert.

 

Was ist mit drohenden Abmahnungs- und Prozesskosten?

 Wenn die Abmahner schließlich damit drohen, trotz fehlender Täterschaft des Anschlussinhabers sei dieser für den Fall anschließender gerichtlicher Verfahren zumindest gesetzlich verpflichtet, die wegen fehlender Auskunft erforderlich gewordenen Prozesskosten zu erststatten, wird mit der o. g. BGH-Entscheidung auch derartigen fehlerhaften Rechtsbehauptungen ein Riegel vorgeschoben. Karlsruhe verneint eindeutig entsprechende vorgerichtliche Kostenerstattungsansprüche.

 

Keine Panik!

 Wie so oft bei rechtlichen Auseinandersetzungen gilt auch in urheberrechtlichen und medienrechtlichen Streitfällen der Grundsatz: Bange machen gilt nicht. Und zu Stasi-ähnlichen Methoden innerhalb der eigenen Familie bzw. der eigenen Wohnung ist man auch urheberrechtlich nicht verpflichtet.