Dienstag, 12. April 2022

Emojis, Meinungsfreiheit und verletzte Gefühle

 

Emojis können verschiedenste Meinungen und Gefühle mitteilen.

 Nur zur Erinnerung: Das Grundgesetz schützt – wenn auch nicht schrankenlos – das Recht, seine Meinung „in Wort, Schrift und Bild“ frei zu äußern und zu verbreiten (Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 des Grundgesetzes). 

Als Bilder mit zusätzlichem ansatzweisem Schriftcharakter stellen sich auch die sog. Emojis dar. Und im digitalen Zeitalter der sog. „sozialen“ Medien und unzähliger Gelegenheiten, online zu kommentieren und zu bewerten, spielen die kleinen, mal niedlichen, ein anderes Mal hässlichen digitalen Piktogramme eine zunehmende Rolle.

 

Da wird gelacht und geweint, gestaunt und geblinzelt, gestrahlt und gemeckert, geküsst und gewunken, geschwitzt, gefürchtet und getrauert. 


Kann man damit die Rechte anderer verletzen? 

Was man allgemein mit einem klaren Ja, einem gehobenen Daumen, beantworten kann, lässt sich im jeweiligen Einzelfall keineswegs immer so einfach und so eindeutig beurteilen. Wie im analogen Leben kommt es auch in der digitalen Welt häufig auf den Kontext und den Gesamtzusammenhang bzw. die Begleitumstände an. 

Dazu gehören u. a. der vorausgegangene Kommunikationsverlauf, die typischen Kommunikationsweisen auf der jeweils benutzten Plattform und der sog. „Empfängerhorizont“ des  Adressaten und des erreichbaren Publikums respektive der Follower.

Da werden Richterinnen und Richter bei der Klärung etwaiger Rechtsverletzungen keinen leichten Job haben, müssen sie sich doch in die Wahrnehmung eines „unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums“ hineinversetzen. 

Die Juristen haben dann zu klären, ob Persönlichkeitsrechte verletzt wurden und ob sich daraus im konkreten Fall Unterlassungs-, Löschungs- und Entschädigungsansprüche ergeben. 

Dabei kommt es insbesondere auf den jeweiligen Sinngehalt an, der der streitgegenständlichen Emoji-Verwendung zu entnehmen ist. 


Emojis können, das soll nicht vergessen werden, so viel: 

Sie betonen, verstärken oder dramatisieren die Aussage, sie können aber auch vorausgegangene schärfere Formulierungen abmildern, Statements Dritter kommentieren, eigene Positionen klarstellen oder unterschiedliche Gefühle wie Liebe, Trauer, Angst, Wohlwollen und Hass transportieren. 

Nutzen wir die vorhandene Vielfalt an kleinen Gesichtern, Gegenständen, Symbolen und Gesten nicht als destruktive Waffenkammer, sondern als Schatzkiste wortloser – aber nicht sprachloser – Emotionen, als kleine kommunikative Hilfe bei empfundener Sprachlosigkeit und vielleicht als hoffnungsvolle Brücke zu nachfolgend wiedergefundener Sprache.