Die Qual der Wahl? Marke, Werktitel, Unternehmenskennzeichen, Domain, Name |
Allein in Deutschland sind mittlerweile über 800.000
nationale Marken beim Deutschen Patent- und Markenamt registriert – und die
Zahl wächst weiter an.
Gleichzeitig nehmen auch die außergerichtlichen und
gerichtlichen Streitigkeiten im Zusammenhang mit Marken und anderen Kennzeichen
kontinuierlich zu. Dabei stellt sich die Frage, inwieweit der Trend zur eigenen
Marke insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stets Sinn macht
oder ob häufig ein substantielleres Nachdenken über etwaige
Kennzeichnungsalternativen nicht sinnvoller wäre.
In dem Zusammenhang sollen nachfolgend
11 immer noch recht weit verbreitete Irrtümer
über die Marke und ihre Alternativen aufgezeigt werden.
1. Die Herbeiführung einer
Markeneintragung beim Deutschen Patent- und Markenamt sichert keineswegs, dass
eine identische oder verwechslungsfähige Marke nicht bereits zuvor zugunsten
eines andere Markeninhabers in das Markenregister eingetragen worden ist, der
dann etwaige vorgehende Rechte geltend machen kann. Das Deutsche Patent- und
Markenamt führt keine Ähnlichkeitsrecherche für den Anmelder durch.
2. Es stimmt zwar, dass man mit
einer registrierten Marke Waren und Dienstleistungen kennzeichnen kann. Man ist
allerdings nicht gezwungen, bei einer beabsichtigten Benennung eigener Waren
oder Dienstleistungen die entsprechende Kennzeichnung markenmäßig anzumelden.
Dennoch kann dies im jeweiligen Einzelfall sinnvoll sein.
3. Oft wird vergessen, dass
auch der eigene Name oder der eigene Firmenname bzw. das sog.
Unternehmenskennzeichen einen Kennzeichenschutz gewähren.
4. Nicht selten verlangen
Markeninhaber von Domaininhabern die Löschung einer Domain, selbst wenn das
vermeintlich anspruchsbegründende Markenrecht erst nach Registrierung bzw.
Nutzung der Domain entstanden ist. Zwar beinhaltet eine Marke oft eine stärkere
Rechtsposition als eine Domain; falls die Domain vor Markenanmeldung allerdings
bereits als Unternehmenskennzeichen oder auch als Werktitel benutzt worden ist,
gilt insoweit der sog. Prioritätsgrundsatz. Gleiches gilt auch dann, wenn die
Domain als solche jedenfalls nicht markenrechtswidrig, wettbewerbswidrig,
unlauter oder irreführend benutzt wird.
5. Nicht selten wird von einer
beabsichtigten Markenanmeldung ohne weiteres abgesehen, wenn der Hinweis
erfolgt, dass die für die Markenanmeldung gewählte Begrifflichkeit wegen ihres
rein beschreibenden Charakters und eines damit verbundenen sog. „Freihaltebedürfnisses“
nicht schutzfähig ist. Selbst wenn Letzteres im jeweiligen Fall zutreffen mag,
so ist es dennoch möglich, durch zusätzliche grafische bzw. bildliche Gestaltungen
zumindest eine entsprechende sog. Wort-Bildmarke im Markenregister eintragen
und auf diese Weise schützten zu lassen.
6. Im Zusammenhang mit der
vorgenannten Vorgehensweise wird dann allerdings manchmal der dadurch erlangte
Schutzbereich fälschlicherweise derart überinterpretiert, als ob er nicht nur
verwechslungsfähige grafische bzw. bildliche Gestaltungen erfasst, sondern auch
allein die in der entsprechenden Abbildung enthaltenen, für sich genommen nicht
schutzfähigen Wortbestandteile.
7. Es kommt immer noch vor,
dass Mandanten meinen, von ihnen geschaffene individuelle Texte (Schriftwerke)
oder von ihnen hergestellte Bildnisse bedürften zu ihrem rechtlichen Schutz
einer entsprechenden „Registrierung“ etwa beim „Patentamt“. Dass die
diesbezüglichen entsprechenden Urheberrechte bereits qua Schöpfungsakt
gesetzlich entstanden sind, wird dabei übersehen.
8. Einem vergleichbaren
Rechtsirrtum unterliegen Autoren oder Publizisten, die meinen, die Titel ihrer
Schriftwerke vorsorglich als Marke anmelden zu müssen. Dies kann im Einzelfall
zwar angebracht sein – wie etwa wenn parallel zu der Verwertung der
Schriftwerke etwa der Vertrieb mit gleicher Kennzeichnung versehener Produkte oder
Dienstleistungen beabsichtigt ist; in der Mehrzahl der Fälle entsteht
allerdings bereits durch die Veröffentlichung der entsprechenden Werke ein sog.
Werktitelschutz, der identischen oder verwechslungsfähigen nachfolgenden Titeln
entgegengehalten werden kann.
9. Unbeschadet dessen sollte
nicht versäumt werden, vor der eigentlichen Veröffentlichung der entsprechenden
Werke in einem der dafür vorgesehenen Medien eine sog. Titelschutzanzeige
hinsichtlich des beabsichtigten Werktitels zu schalten, damit nicht einige
Monate vor der eigentlichen Veröffentlichung Dritte den beabsichtigten Werktitel
noch „wegschnappen“.
10. In dem Zusammenhang wird
manchmal übersehen, dass eine aus den vorgenannten Gründen veröffentlichte
Titelschutzanzeige nicht unbegrenzt für alle Zukunft Gültigkeit und Wirkung
entfaltet. Je nach betroffener Werkgattung (Zeitung, Illustrierte, Buch, Film,
Theaterstück, TV-Serie etc.) kommt ein Zeitraum von ca. drei Monaten bis zu im
Einzelfall 18 Monaten in Betracht.
11. Auch ein letztendlich
tatsächlich verwendeter Werktitel behält nicht zwingend unbegrenzte Zeit seinen
Rechtsschutz. Wenn das entsprechende Werk etwa fünf Jahre lang nicht mehr
lieferbar bzw. sonst wie erhältlich ist und praktisch vollständig vergriffen
ist, endet regelmäßig der diesbezügliche Titelschutz.