... und bricht einen Holzstab für flapsige Werbung
zwischen Sauerland und Lipperland
Dass auch OLG-Richter
durchaus im Leben stehen und frechen Werbesprüchen nicht selten gelassener
begegnen als manche Richter auf den harten Holzbänken der Landgerichte, demonstrierte
jüngst der Wettbewerbssenat des OLG Hamm mit einem Beschluss vom 10.08.2017
(Az. I-4 U 59/17).
Den Gegenstand der hitzigen
Auseinandersetzung bildete der coole Werbeslogan eines Brennholzhändlers aus
Lippe, der auf seiner Webseite mit der Aussage warb:
Denken Sie an die
Umwelt! Brennholz aus dem Sauerland und dem Ausland waren gestern!!!“
Dies brannte einem
Holzhändler aus dem Sauerland unter den Nägeln, da er sein Unternehmen durch
diesen Slogan verunglimpft sah. Dieses stände bei Google „auf dem allerersten
Platz“ und sein Brennholz würde dennoch pauschal als nicht mehr zeitgemäß
herabgewürdigt. Im Übrigen würde es den Verbraucher überhaupt nicht interessieren,
ob sein Brennholz tatsächlich im Sauerland geschlagen wurde oder vielleicht im
Westerwald. Bei dem Werbeslogan handele es sich jedenfalls um unzulässige
vergleichende und unlautere Werbung.
Nachdem das Landgericht
Arnsberg (Az. I-8 O 32/17) zunächst eine einstweilige Untersagungsverfügung
gegen den Slogan und zugunsten des Brennholzhandels aus dem Sauerland erlassen
hatte, kam dieses hölzerne Werbeverbot nach Berufungseinlegung vor dem Oberlandesgericht
in Hamm schließlich doch nicht auf einen grünen Zweig. Der sauerländische Holzhandel nahm seinen Verbotsantrag
nach dem erhellenden OLG-Hinweisbeschluss in der zweiten Instanz zurück.
Auf dem Holzweg befand
sich die Verfügungsklägerin nach Einschätzung der Berufungsrichter bereits mit
der Einschätzung, es handele sich bei der angegriffenen Werbeaussage um eine
sog. „identifizierende“ vergleichende Werbung:
„Denn hierfür müsste sie
einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder
Dienstleistungen unmittelbar oder mittelbar erkennbar machen. Um dieses Merkmal
zu erfüllen, muss eine Werbung so deutlich gegen einen oder mehrere bestimmte
Mitbewerber gerichtet sein, dass sich eine Bezugnahme auf sie für die
angesprochenen Verkehrskreise förmlich aufdrängt (BGH GRUR 2002, 982, 983 – DIE
„STEINZEIT“ IST VORBEI!).
Hieran fehlt es. Denn die
Werbung macht unter den gegebenen Umständen mit der Aussage „Brennholz aus dem
Sauerland“ die Verfügungsklägerin als ihren konkreten Wettbewerber für den
Verkehr nicht ausreichend deutlich.
Der angesprochene
Verbraucher versteht die Präpositionalgruppe „aus dem Sauerland“ regelmäßig als
Herkunftsangabe, und zwar bezogen auf das vorangestellte Nomen „Brennholz“. Der
angesprochene Verkehr mag damit zwar – so die Ansicht der Verfügungsklägerin –
nicht annehmen, dass das Brennholz im Sauerland geschlagen wurde.
Dennoch wird er allenfalls
davon ausgehen, es gehe um Brennholz, das von im Sauerland ansässigen
Unternehmen angeboten wird.
Die beanstandete Werbung
stellt demnach allenfalls eine pauschale Bezugnahme auf im Sauerland ansässige
Anbieter von Brennholz und damit einen eben nicht ohne weiteres überschaubaren
Kreis von Mitbewerbern dar. Davon, dass der angesprochene Verkehr hiermit
vorrangig die Verfügungsklägerin in Verbindung bringt, kann nicht ausgegangen
werden, auch wenn der Internetauftritt www. … .de bei einer entsprechenden
Recherche auf der Plattform Google an erster Stelle erscheinen mag.“
Auf einem absteigenden Ast
sah das OLG Hamm den klagenden Holzhandel aus dem Sauerland auch mit der Meinung, der beanstandete
Werbeslogan sei etwa herabsetzend oder gar verunglimpfend i. S. d. § 6 Abs. 2
Nr. 5 UWG:
„Selbst wenn man die
beanstandete Werbung noch als vergleichend i.S.d. § 6 Abs. 1 UWG erachten
sollte, wäre sie jedenfalls nicht herabsetzend, geschweige denn verunglimpfend
i.S.d. § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG. Der angesprochene Verkehr fasst die angegriffene
Werbeaussage nicht etwa pauschal in dem Sinne auf, dass der Bezug von Brennholz
der Verfügungskläger an sich „nicht mehr zeitgemäß“ sei (vgl. hierzu vor allem
BGH GRUR 2002, 982, 983 – DIE „STEINZEIT“ IST VORBEI!). Es ist schon
zweifelhaft, ob der Verbraucher den in der Werbung nahezu inflationär
verwendeten Slogan „… war gestern“ überhaupt im Sinne einer Sachaussage
versteht. Selbst wenn dies so sein sollte, wird er ihm unter den gegebenen
Umständen jedoch allenfalls entnehmen, dass er mit dem gegebenenfalls für ihn
ortsnahen Angebot des Verfügungsbeklagten nicht mehr – wie noch „gestern“ – auf
Lieferungen aus dem benachbarten Sauerland oder gar dem Ausland angewiesen ist.“
Eine Holz-Abfuhr erteilte
das OLG ferner einer Bewertung etwa dahingehend, dass der in Rede stehende
Werbeslogan eine „gezielte Behinderung“ i. S. d. § 4 Nr. 4 UWG darstelle:
„Denn der Tatbestand § 4
Nr. 4 UWG ist nur erfüllt, wenn die Schwelle der als bloße Folge des
Wettbewerbs hinzunehmenden Behinderung überschritten hat. Hiervon ist erst
auszugehen, wenn das betreffende Verhalten bei objektiver Würdigung der
Umstände in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen
Entfaltung des Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs
gerichtet ist oder wenn die Behinderung derart ist, dass der beeinträchtigte
Mitbewerber seine Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in
angemessener Weise zur Geltung bringen kann (…). Weder von der einen noch von
der anderen Form der solchermaßen gezielten Behinderung kann vorliegend
ausgegangen werden.“
Und schließlich verheizte
das Berufungsgericht zu Recht auch die Vorwürfe einer vermeintlich durch den Slogan hervorgerufenen wettbewerbswidrigen Irreführung i. S. d. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG bzw. einer vermeintlichen Vorenthaltung wesentlicher Informationen gem. § 5a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UWG als unbegründet:
„Der Verkehr versteht den
plakativen Apell „Denken Sie an die Umwelt!“ nämlich als solchen und damit
„lediglich“ als Aufforderung, sich beim Kauf von Brennholz auch Gedanken zum
Umweltschutz zu machen.
Dass es hierbei maßgeblich
um den Aspekt der Umweltbelastung durch ggf. unnötig lange Transportwege geht,
liegt unter den gegebenen Umständen auf der Hand und bedarf keiner weiteren
Aufklärung. Die Verfügungsklägerin sah dies letztlich nicht anders, wenn sie im
Ver-fügungsantrag beanstandete, dass man solche Aussagen über ein
„umweltfreundliches“, da nur über kurze Distanzen transportiertes Holz nicht
treffen könne. Sie hat den Verfügungsan-trag dementsprechend nicht auf § 5a UWG
gestützt.
Der normal informierte,
angemessen aufmerksame und auch verständige Durchschnittsver-braucher – und auf
diesen kommt es an (§ 3 Abs. 4 UWG) – geht damit auch mitnichten
fälschlicherweise davon aus, der Erwerb von Brennholz bei der
Verfügungsklägerin sei in jedem Fall, also völlig unabhängig von seinem eigenen
Wohnort, „umweltschonender“ als der Kauf von Brennholz aus dem Sauerland oder
gar dem Ausland. Sofern er sich nämlich Gedanken macht, wird er ohne weiteres
erkennen, dass Umweltschutzaspekte nur dann für einen Kauf beim
Verfügungsbeklagten sprechen, wenn sich hierdurch der Transportweg verkürzt.“
Der heutige Verbraucher
ist eben nicht mehr „von gestern“, hat kein Brett vor dem Kopf und verbrennt sich an flapsigen
und manchmal vielleicht sogar frechen Werbesprüchen keineswegs gleich die Finger; das gilt
auch in Lippe und im Sauerland. Gut Holz.