Freitag, 10. Februar 2017

Narrenfreiheit für Internet-Abmahnungen?


Gewitzter Umgang mit „zickiger“ Anwaltspost zur Faschingszeit

Das Ausmaß der aktuell wieder im Umlauf befindlichen Abmahnungen nimmt schon „karnevalistische Züge“ an. Die Adressaten der entsprechenden Anwaltspost wissen oft nicht, ob sie lachen oder weinen sollen. Im Ergebnis wird es sich in den meisten Fällen empfehlen, einerseits den Ernst der Lage nicht zu verkennen, andererseits die Sache dennoch mit Humor und vielleicht zusätzlicher versierter Hilfestellung anzugehen.

Da marschieren üppige Paragraphenketten und jecke Fachterminologien durch die Fastnacht in den häuslichen Briefkasten, gepaart mit launigen Rechtsprechungszitaten in kaum verständlichem Juristen-Dialekt. An den Kostümkragen geht es insbesondere vermeintlich rechtsverletzenden Online-Veröffentlichungen (z. B. Fotos, Texte, Musik, Werbung, Ebay-Angebote oder sonstige Shop- bzw. Webseiten-Präsentationen etc.). Im anwaltlichen Dichterstreit spielen neben den rechtlichen Klimmzügen zusätzlich dann auch reale und virtuelle, geschäftliche und technische Details eine Rolle.

Grundsätzlich darf man davon ausgehen, dass ein Abmahnungschreiben umso seriöser ist, je nachvollziehbarer und verständlicher es verfasst wurde; hat der Gesetzgeber gerade auf den Rechtsfeldern des Medienrechts, des Urheberrechts, des Markenrechts und des Werbe- und Wettbewerbsrechts doch bewusst das Rechtsinstitut der Abmahnung geschaffen, um auf diese Weise nach Möglichkeit gerichtliche Klageverfahren zu vermeiden. Wer will schon einen prozessualen Zickenkrieg - außer etwaige "Zicken"?

Das Verhindern teurer Prozesse ist natürlich auch vorrangiges Ziel der Abmahnungsempfänger selbst, die allerdings nicht selten aus diesem Antrieb heraus zu übereilt närrische Erklärungen abgeben und Zahlungen leisten – in dem Glauben, sich damit der verrückten Angelegenheit abschließend entledigt zu haben. Dies kann leider ein bedauerlicher und kostspieliger Irrtum sein.

Von den Elferräten der Abmahnungszünfte in die Bütt gelegte Erklärungsmuster, sogenannte strafbewehrte Unterlassungserklärungen, enthalten nämlich oft als harmlose Formsache verkleidete Fußangeln und Fallstricke, die bei ungeprüfter und unveränderter Unterzeichnung zu einem späteren Absturz in eine wenig witzige Katerstimmung führen können: Dann werden hektisch zugesagte Vertragsstrafen plötzlich zu einem unabsehbaren Fass ohne Boden. Zudem können zu weit gefasste Verbotssachverhalte die weitere geschäftliche oder private Bewegungsfreiheit unnötig einschränken. 

Arglos unterzeichnete Formulierungen stellen sich im Nachhinein als geschickt maskierte Anerkenntniserklärungen heraus, zu deren Abgabe in der Form und in dem Umfang überhaupt keine Verpflichtung bestand. Dann bestimmen auf einmal weitere Schadensersatz- und Kostenforderungen die närrische Sitzung, von denen vorher so noch gar nicht die Büttenrede war. Ganz zu schweigen vom Narrhallamarsch der bösen, pseudojuristischen Begleitmusik - wie dem „Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs“, listigen Ermessensklauseln oder raffinierten Gerichtsstandsvereinbarungen.

Da reiht sich so manche Faschingspost ein in den gar nicht so witzigen aktuellen Trend zu „alternativen Fakten“ und „Fake-News“. Aber wer will sich schon freiwillig durch Mummenschanz zum Hoppeditz machen lassen? Dem begegnet der auf solche Weise angegangene Jeck am besten nicht nur mit karnevalistischem Humor, sondern zusätzlich mit gewitzten und schlagkräftigen Argumenten, die an zahlreichen Stellen dieses Blogs mittlerweile über mehrere Sessionen angesammelt worden sind.

Dann gibt’s vielleicht doch noch den verdienten Karnevalsorden...