Das Amtsgericht Bielefeld hilft aus der Einbahnstraße sekundärer Darlegungslast |
Erhellende Hinweise zur Abwehr von Filesharing-Klagen hat jetzt das Amtsgericht Bielefeld mit Beschluss vom 13.10.2016 (Az. 42 C 151/16) erteilt. Dabei greift es das aktuelle Urteil des BGH vom 06.10.2016 (Az. I ZR 154/15) auf: Der abgemahnte Internet-Anschlussinhaber hat nur sehr begrenzte Recherche-, Befragungs- und Auskunftspflichten.
Hier sind die richterlichen Hinweise im Einzelnen:
Das
Gericht weist darauf hin, dass nunmehr höchstrichterlich geklärt bzw.
klargestellt wurde, dass der Anschlussinhaber nicht verpflichtet ist,
internetfähige Geräte der weiteren Nutzer seines Internetanschlusses auf das
Vorhandensein von Filesharing-Software oder der streitgegenständlichen Datei zu
untersuchen oder gar die tatsächlich für die behauptete Rechtsverletzung
verantwortliche Person zu ermitteln und zu benennen. Auch ist aufgrund der Besonderheiten
bei Nutzung einer Filesharing-Software kein konkreter Vortrag zu den An- und
Abwesenheitszeiten des Anschlussinhabers und der Mitbenutzer im genauen
Zeitpunkt der Rechtsverletzung erforderlich. Dies ergibt sich aus dem – noch
nicht schriftlich begründeten – Urteil des BGH vom 6.10.2016, I ZR 154/15, mit
welchem die Revision gegen das Urteil des LG Braunschweig vom 1.7.2015, 9 S
433/15 zurückgewiesen wurde.
Der
Anschlussinhaber ist demnach lediglich verpflichtet, diejenigen Personen, die
den Internetanschluss im Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung regelmäßig
mitbenutzt haben, zu ermitteln und unter Angabe einer ladungsfähigen Anschrift
namentlich zu benennen. Zu einem substantiierten Sachvortrag des
Anschlussinhabers gehört es, die weiteren Nutzer nicht bloß namentlich zu
benennen. Ein substantiierter Sachvortrag verlangt vielmehr, dass der
Anschlussinhaber nähere Angaben zum generellen Nutzungsverhalten der Personen,
denen die Nutzung des Internetanschlusses gestattet wurde, macht. Hierzu
gehören Angaben darüber, wie die Personen Zugang zum Internetanschluss erhalten
haben (LAN oder WLAN, welche Verschlüsselung, Art des Passwortes, welches
internetfähige Endgerät), wie häufig diese Personen das Internet genutzt haben
(täglich, gelegentlich, selten oder fast gar nicht) und wozu das Internet
generell genutzt wurde (z.B. Informationsbeschaffung, Emails, Online-Shopping,
Nutzung sozialer Netzwerke, Spielen, Filesharing, Streaming, Skypen). Dies
stellt – soweit es dem Anschlussinhaber bei Nutzung durch Familienangehörige
nicht ohnehin bekannt ist – auch vor dem Hintergrund des Art. 6 GG keine
überspannten Anforderungen an die Nachforschungspflicht des Anschlussinhabers
dar.
Sofern
ein derart substantiierter Sachvortrag des Anschlussinhabers vorliegt, ist es
unter Berücksichtigung der allgemeinen Darlegungs- und Beweislastverteilung im
Zivilprozess Aufgabe des Rechteinhabers, zu beweisen, dass die weiteren
benannten Nutzer keinen Zugriff auf den Internetanschluss des Anschlussinhabers
hatten und dass der Anschlussinhaber für die behauptete Rechtsverletzung verantwortlich
ist. Ob dem Rechteinhaber dieser Nachweis gelingt, ist dann eine Frage der
tatrichterlichen Beweiswürdigung im Einzelfall. Die pauschal vertretene
Ansicht, der Anschlussinhaber hafte immer dann, wenn kein weiterer Nutzer eine
Tatbegehung eingeräumt habe, vermag angesichts der vorstehenden Ausführungen in
dieser Allgemeinheit nicht zu überzeugen.
Die schriftlichen Entscheidungsgründe des BGH-Urteils vom 06.10.2016 liegen noch nicht vor. Dennoch konnte das Amtsgericht Bielefeld aus den Inhalten des vom BGH im Revisionsverfahren bestätigten Urteils des Landgerichts Braunschweig vom 01.07.2015 (Az. 9 S 433/14, 9 S 433/14 (59)) und aus den bei der öffentlichen Urteilsverkündung in Karlsruhe geäußerten Anmerkungen des I. Zivilsenats mit Recht die einleuchtenden Maßstäbe möglicher angemessener Rechtsverteidigung gegen Filesharing-Klagen aufstellen.
Die schriftlichen Entscheidungsgründe des BGH-Urteils vom 06.10.2016 liegen noch nicht vor. Dennoch konnte das Amtsgericht Bielefeld aus den Inhalten des vom BGH im Revisionsverfahren bestätigten Urteils des Landgerichts Braunschweig vom 01.07.2015 (Az. 9 S 433/14, 9 S 433/14 (59)) und aus den bei der öffentlichen Urteilsverkündung in Karlsruhe geäußerten Anmerkungen des I. Zivilsenats mit Recht die einleuchtenden Maßstäbe möglicher angemessener Rechtsverteidigung gegen Filesharing-Klagen aufstellen.