Verwaltungsgericht bestätigt Informationsanspruch
der Presse gegen das Finanzministerium
Düsseldorf/Bielefeld. Die Redaktion und der Verlag der regionalen
Tageszeitung Neue Westfälische
konnten erfolgreich den Informationsanspruch der Presse gegen das
Finanzministerium in Düsseldorf durchsetzen. Das Verwaltungsgericht stellte
klar, dass Presseauskünfte über regionale Selbstanzeigen-Statistiken weder das
Steuergeheimnis verletzen, noch schwebende Ermittlungsverfahren beeinträchtigen.
Die Presse- und Informationsfreiheit hat insoweit Vorrang.
Ein Redakteur des Bielefelder Zeitungsverlages recherchiert
bereits seit längerer Zeit zum Thema "Steuerhinterziehung" und
"Selbstanzeigen" und bat in dem Zusammenhang den
nordrhein-westfälischen Finanzminister um Auskunft über Zahlen und die
monatliche Entwicklung der in den vergangenen Jahren mit Bezug zur Schweiz
erstatteten Selbstanzeigen in Ostwestfalen-Lippe.
Ministerielle Absage
wegen „Steuergeheimnis“
Das Finanzministerium lehnte gegenüber dem Journalisten die
erbetenen Auskünfte ab. Die Verhältnisse in den einzelnen Regionen seien sehr
unterschiedlich, ein Vergleich sei nicht sachgerecht. Es bestehe ein
Auskunftsverweigerungsrecht, da die begehrten Auskünfte die sachgemäße
Durchführung schwebender Verfahren vereiteln, erschweren, verzögern oder
gefährden könnten. Außerdem wollte man keine Presseauskünfte erteilten, da das
Steuergeheimnis dem entgegenstehe.
Klageverfahren gegen
das Land NRW
Der Zeitungsverlag und sein
Redakteur gaben sich mit dieser ministeriellen Absage nicht zufrieden
und erhoben eine auf die entsprechende Auskunftserteilung gerichtete Klage
gegen das Land NRW.
In der mündlichen Verhandlung vor der 1. Kammer des
Verwaltungsgerichts Düsseldorf am 13.12.2013 machte der Präsident des
Verwaltungsgerichts, Dr. Heusch, deutlich, dass der besondere grundrechtliche
Schutz der Presse- und Rundfunkfreiheit auch den presserechtlichen
Auskunftsanspruch umfasst. Deshalb müssten eine etwaige Auskunftsverweigerung
rechtfertigende gesetzliche Ausschlusstatbestände stets restriktiv ausgelegt
werden. Entgegen der Argumentation des beklagten Landes seien durch die
journalistisch begehrten Auskünfte Rückschlüsse auf einzelne Verfahren oder auf
die Identität von Selbstanzeigenerstattern nicht möglich. Auch das
Steuergeheimnis werde nicht tangiert.
Ostwestfalen ist kein
Swinger-Club
Dies gelte auch unter Berücksichtigung eines Beschlusses des
Oberverwaltungsgerichts vom 27.06.2012 (Az. 5 B 1463/11), auf den sich das
Ministerium berufen hatte. In jenem Verfahren ging es um journalistische Fragen
zu einem behördlichen Einsatz der Polizei und der Steuerfahndung in einem
Swinger-Club, um Einzelheiten zu einer Razzia im Rocker-Milieu.
Nach zweistündiger Verhandlung und dem unmissverständlichen
richterlichen Hinweis sowie nach mehrfachen Verhandlungsunterbrechungen und
etlichen Telefonaten zwischen dem Finanzministerium und seinem
Prozessbevollmächtigten erklärte sich das beklagte Land schließlich bereit, den
eingeklagten presserechtlichen Auskunftsanspruch zu erfüllen. Das Verfahren
konnte auf Kosten des Landes eingestellt werden.
Der Fall Hoeneß aus
Bayern sorgt für Selbstanzeigen-Boom in Ostwestfalen-Lippe
Die vom Finanzminister gegenüber dem klagenden Journalisten offengelegten
Zahlen belegen, dass Veröffentlichungen über den Kauf einer Steuer-CD, über das
Scheitern des Steuerabkommens mit der Schweiz oder auch über den Fall Hoeneß zu
einem jeweils nachfolgenden massiven Anstieg der Selbstanzeigen auch in
Ostwestfalen-Lippe geführt hat. Über die Ergebnisse ihrer Recherchen berichtet die Neue Westfälsche in ihrer heutigen Ausgabe.
Nicht selten neigen
Behörden bzw. Ministerien dazu, den berechtigten Informationsanspruch der
Öffentlichkeit mit im Einzelfall nicht gerechtfertigten Scheinargumenten (wie
etwa „Steuergeheimnis“ oder z. B. auch „Urheberrecht“) zu boykottieren. Das
Klageverfahren in Düsseldorf bestätigt, dass behördlicher
Informationsverweigerung bei journalistischen Recherchen engagiert und - vor dem Hintergrund von
Presse- und Informationsfreiheit - auch hartnäckig zu begegnen ist.
Die
rechtlichen Interessen der Kläger vertrat Rechtsanwalt Dr. Ralf Petring, Bielefeld - www.wendundpartner.de
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