Neulich in einem Hinterzimmer einer Rechte-Verwertungs-Gesellschaft mit noch gut funktionierendem Geschäftsmodell im Geschäftsfeld "Urheberrecht":
"Da soll noch einer sagen, 'ne Filesharing-Abmahnung sei ungerechtfertigt. Das sind doch alles nur billige "Schutzbehauptungen".
Na ja, dass wir extra eine GmbH gegründet haben, die sich spezielle Lizenzrechte einräumen lässt, bzgl. einzelner Musik- und Filmwerke Filesharing zu betreiben, hatte nicht wirklich den Sinn, tatsächlich diese z. T. kaum herkömmlich verwertbaren Werke in P2P-Systemen einzustellen (wenn, dann allenfalls zu dem Zweck, andere zum abmahngeeigneten Filesharing zu verführen ;-)
Primärer Anlass war die fiktive Gestaltung von theoretischen Verwertungsrechten, die wir eigentlich gar nicht selbst verwenden wollen, sondern auf deren Basis wir dann lukrative Abmahnungen an Inhaber von Internetanschlüssen und potentielle Filesharing-Teilnehmer versenden können. Was soll daran bitte rechtsmissbräuchlich sein?
Auch dies Gerede um mögliche unterschiedliche Zeitmessungen des crawlenden Anti-Piracy-Unternehmens auf der einen Seite und des Internet-Service-Providers auf der anderen Seite können wir nicht mehr hören. Das nervt - wenn auch in Einzelfällen daran was dran sein mag. Auf Einzelschicksale können wir da wirklich keine Rücksicht nehmen.
Das gleiche gilt für angeblich manipulierbare IP-Adressen und mögliche Veränderungen von Datei-Inhalten nach gleichbleibendem, zuvor generiertem Hashwert. Es muss zudem reichen, wenn die Test-Downloads oft nur wenige Sekunden umfassen. Monitoring und Speicherplatz kosten schließlich Geld.
Jeder Internet-Anschlussinhaber und jede Internet-Anschlussinhaberin ist selbst schuld, etwas so gefährliches wie einen Internet-Anschluss zuzulassen. Die sollen uns erstmal beweisen, das sie nicht selbst Filesharing betrieben haben. Obwohl der BGH insoweit eigentlich nur von einer sekundären Darlegungslast spricht und nicht von einer Beweislast des Abmahnungsadressaten. Und obwohl der BGH in dem gern von uns erwähnten Urteil vom 12. Mai 2010 ausdrücklich ausgeführt hat, dass eine mangelhafte Absicherung des Internet-Anschlusses noch keine Filesharing-Täterschaft, keine täterschaftliche Urheberrechtsverletzung und noch keine Schadensersatz-Ansprüche begründet.
Außerdem bleibt uns ja immer noch die Störerhaftung, die sowieso keiner richtig kapiert. Wir meinen, dass damit alle Internet-Anschlussinhaber für alles haften müssen, was uns stört. Die vom BGH angenommene "Prüfungspflicht hinsichtlich ausreichender Sicherungsmaßnahmen ... um unberechtigte Zugriffe Dritter auf das Drahtlosnetzwerk zu verhindern" ist doch eine tolle Sache, zumal sich immer deutlicher herausstellt, dass "unberechtigte Zugriffe Dritter" auf ein WLAN-Netzwerk praktisch mit den üblichen "Sicherungsmaßnahmen" eben doch nicht verhindert werden können: Die aktuellen Erkenntnisse um Sicherheitslücken von Telekom-Routern (trotz WPA2-Verschlüsselung und trotz ultralangem und kompliziertem Passwort) belegen das. Und sogar in LAN-Netzwerken können z. B. durch Rootkits verschleierte Trojaner-Angriffe mit fremden Filesharing-Teilnahmen über den eigenen Rechner bzw. den eigenen Internet-Anschluss nicht seriös ausgeschlossen werden. Aber wir lassen uns auch von den Diskussionen um Bundes- oder Staatstrojaner nicht in unserer stringenten Einschätzung der abmahnungsbegründenden Sach- und Rechtslage beirren - nur nicht von Fakten verwirren lassen ;-) ... und auch nicht von kritischer Schelte des Bundesverfassungsgerichts wegen Verdrängung von kritischen obergerichtlichen Argumenten, die gegen eine Haftung für Ehegatten oder für (fast oder bald) erwachsene Söhne oder Töchter oder andere (Familien-)Angehörige sprechen. Stattdessen weiter so ... "
Fragt sich nur, wie lange noch.
Donnerstag, 26. April 2012
Die brave Filesharing-Abmahnung gegen wachsende technische und rechtliche Widerstände: Störer, Router, Trojaner und Richter
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