Es landen wieder mehr Filesharing-Abmahnungen und -Klagen im Briefkasten |
Zumutbares zur sekundären Darlegungslast bei Filesharing-Abmahnungen und -Klagen
Auch nach den BGH-Urteilen mit so klingenden Namen wie
„Everytime we touch“ (BGH-Urteil vom 12.05.2016, Az. I ZR 48/15), „Loud“
(BGH-Urteil vom 30.03.2017, Az. I ZR 19/16) und „Konferenz der Tiere“ (BGH-Urteil
vom 06.12.2017, Az. I ZR 186/16) erleben zahlreiche Internetanschlussinhaber
derzeit wieder gehäuft die Zustellung einer oder mehrerer anwaltlicher
Filesharing-Abmahnungen.
Hintergrund der auflebenden anwaltlichen Abmahnungspraxis
ist die sich bei einigen Gerichten zunehmend entwickelnde Praxis, im Rahmen der
Verteidigung gegen derartige urheberrechtliche Abmahnungen immer
detailverliebtere Darlegungen des Internetanschlussinhabers zu verlangen - zu allen
möglichen und teilweise auch unmöglichen häuslichen, technischen und familiären
Vorgängen, Abläufen und Handhabungen. Dies alles soll der Erfüllung der sog. „sekundären
Darlegungspflicht“ dienen.
Ein Gesichtspunkt ist dabei allerdings in der letzten Zeit
etwas zu kurz gekommen, obwohl gerade der BGH eigentlich im Rahmen seiner
Filesharing-Rechtsprechung nie einen Zweifel hat aufkommen lassen daran, dass
es auf diesen Gesichtspunkt häufig in besonderer Weise ankommt, wenn darüber zu
befinden ist, was von einem Internetanschlussinhaber unter welchen Voraussetzungen
verlangt werden kann, wenn er sich erfolgreich und zu Recht gegen unberechtigte
Filesharing-Abmahnungen und -Klagen wehren will.
Das ist der Gesichtspunkt der „Zumutbarkeit“.
Grundsätzlich gilt, dass der Adressat einer Filesharing-Abmahnung
bzw. einer Filesharing-Klage dann, wenn er nicht für die streitgegenständlichen
Urheberrechtsverletzungen verantwortlich ist, seine eigene persönliche Täterschaft
ausdrücklich verneinen muss. Dieses bloße Bestreiten reicht allerdings nicht aus.
Darüber hinaus ist vorzutragen, ob und ggf. welche anderen
Personen selbstständigen Zugang zu dem Internetanschluss hatten und als Täter
der behaupteten Rechtsverletzung in Betracht kommen. Dabei wird „im Rahmen des
Zumutbaren“ auch verlangt, innerhalb des in Betracht kommenden Personenkreises
Nachforschungen, insbesondere Befragungen anzustellen und sodann auch
wahrheitsgemäß mitzuteilen, welche Erkenntnisse über die Umstände einer
eventuellen Verletzungshandlung dabei gewonnen werden konnten.
In dem Zusammenhang werden nachvollziehbare Angaben erwartet
dazu, wie die anderen, ernsthaft für die betroffenen Rechtsverletzungen in
Betracht kommenden Personen in welcher Weise und mit welcher technischen
Ausrüstung wie oft und mit welchen Kenntnissen und Fähigkeiten das Internet
nutzen. Ferner sollen Angaben dazu gemacht werden, inwiefern die benannten
Personen in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, den etwaigen Rechtsverstoß
ohne Wissen und Zutun des Abmahnungsadressaten zu begehen.
Da ist so mancher schnell überfordert. Dies wird besonders
anschaulich, wenn entsprechende, möglichst konkrete „sekundäre Darlegungen“ im
Rahmen eines Klageverfahrens für eine sachgerechte Klageverteidigung
vorausgesetzt werden, obwohl die prozessrelevanten Vorgänge vielleicht bereits
mehrere Jahre zurückliegen. Aktuelle Filesharing-Klagen betreffen nicht selten
Sachverhalte aus den Jahre 2013 und 2014, liegen also etliche Jahre zurück und
sind deshalb kaum vollständig erinnerlich oder ermittelbar.
Aber selbst dann, wenn die Vorgänge erst einige Wochen oder
Monate zurückliegen, fällt es oft schwer, zu sämtlichen der oben angedeuteten
Detail-Themen umfassend und in jeder Hinsicht substantiiert den genauen Sachstand
zu schildern.
Dann wird die sog. „sekundäre Darlegungslast“ schnell zur
primär den Internetanschlussinhaber treffenden „primären Darlegungsfalle“.
Deshalb sind in dem Zusammenhang möglichst schnell substantiellere
Vorgaben der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den
diesbezüglichen Zumutbarkeitsgrenzen für die Inhaber von Internetanschlüssen von
Nöten.