Das Alter einer Frau … im Internet
- Falten und „Persönlichkeitsentfaltung“ einer Filmproduzentin -
Vorfahrt für die Medien- und Meinungsfreiheit beim Amtsgericht München |
Prominente kämpfen mit einer kleinen Schar darauf
spezialisierter, insbesondere in Berlin und Hamburg ansässiger Rechtsanwälte um
ihre tatsächlich oder vermeintlich verletzten Persönlichkeitsrechte - oft bis
aufs letzte Komma sowie um jedes Haar. Dies geschieht durchaus nicht selten
auch aus meiner Sicht mit berechtigten Belangen und Argumenten.
Gerade die spezialisierten Pressekammern in Hamburg, Berlin
und Köln überheben sich allerdings immer wieder bei der Gewichtung der
Persönlichkeitsrechte auf der einen Seite und der Informations- und
Meinungsfreiheit sowie der Medien- und Pressefreiheit auf der anderen Seite.
Da fällt ein zwischenzeitlich rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts
München (Az. 142 C 30130/14) ins Auge.
Der umstrittene Geburtstag der Filmproduzentin
Ein Online-Lexikon veröffentlichte das Geburtsdatum einer recht
bekannten und renommierten Filmproduzentin, Drehbuchautorin und Regisseurin aus
München, die dagegen auf Unterlassung, auf ein gerichtliches Verbot der
Veröffentlichung, klagte. Eine durchaus öffentliche Aufmerksamkeit erlangende Dissertation
der Regisseurin hatte dem Betreiber des Online-Lexikons als Quelle für den Tag
der Geburt gedient.
Die Klägerin sah ihr Persönlichkeitsrecht verletzt, da
sie keine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens sei und die Veröffentlichung
ihres Alters mit erheblichen Nachteilen für sie verbunden sei. Die Medienbranche
sei eben stark von deutlich jüngeren Menschen geprägt und bei Fernsehsendern
gäbe es Intendanten-Vorgaben, vornehmlich junge Regisseurinnen und Regisseure
zu engagieren, um entsprechend insbesondere das junge Publikum zu erreichen.
Das Verfahren und das Urteil
Nach erfolgloser anwaltlicher Abmahnung erfolgte die ebenso
erfolglose Klage der ewig jungen Drehbuchautorin und geburtstagsresistenten Regisseurin. Das Amtsgericht München hat eine Verletzung des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts der Klägerin verneint und die Klage abgewiesen.
Personenbezogene Daten stellen eben auch einen Teil der
sozialen Realität einer Person dar. Solange veröffentlichte Tatsachen zutreffen,
ein öffentliches Informationsinteresse zur öffentlichen Meinungsbildung besteht und soweit die Folgen der Veröffentlichung für den
Betroffenen oder die Betroffene nicht schwerwiegend sind, müssen nach der
Einschätzung des Gerichts selbst bei Daten aus der Privatsphäre die
Persönlichkeitsinteressen hinter der Meinungsfreiheit zurückstehen.
Der zuständige
Richter berücksichtigte dabei zudem, dass die Geburtstags-Information aus einer
öffentlich zugänglichen Quelle stammte. Im Übrigen habe die Öffentlichkeit
bezüglich der Klägerin ein berechtigtes Interesse, zu erfahren, „in welchem
Alter sie welchen Film produziert hat“. Die Beeinträchtigung der
Filmschaffenden wegen der Veröffentlichung
ihre Geburtsjahres sei demgegenüber eher gering. Welche "Rolle" – um in der Terminologie der Filmbranche zu bleiben – der Eintrag des Geburtsdatums bei
der Produktionsvergabe spielen könnte, war für das Gericht nicht wirklich
nachvollziehbar, zumal schon aus den öffentlich bekannten Produktionsdaten ihrer ersten Filme sich problemlos „eine Alterseinstufung der Klägerin
vornehmen“ lässt.
Resumé
Ich denke, gegen etwaige Altersdiskriminierung darf und muss sich jeder Betroffene und auch die Gesellschaft insgesamt aufstellen und wehren. Eine Veröffentlichung des Alters stellt für sich genommen aber noch keine Diskriminierung dar. Gegenteiliges anzunehmen ginge m. E. viel eher in eine diskriminierende Richtung.
"Gesicht zeigen" und "Alter zeigen" sollte die Devise sein, um gerade im Medien- und Film-Geschäft offensiv übertriebenem Jugendwahn zu begegnen. Gleichzeitig verlangt ein fairer und für alle konstruktiver Umgang miteinander - eigentlich selbstverständlich - eine genauso offene und respektierende Haltung der "Älteren" gegenüber Jüngeren, Branchen-Neulingen und vermeintlich "Verrückten".
Mit dem Urteil des Amtsgerichts München kann und muss die altersbewusste Filmproduzentin leben, mit weniger oder mehr Falten und - auch unbeschadet der Veröffentlichung - hoffentlich hinreichender Gelegenheit zu privater und professioneller Entfaltung.
"Gesicht zeigen" und "Alter zeigen" sollte die Devise sein, um gerade im Medien- und Film-Geschäft offensiv übertriebenem Jugendwahn zu begegnen. Gleichzeitig verlangt ein fairer und für alle konstruktiver Umgang miteinander - eigentlich selbstverständlich - eine genauso offene und respektierende Haltung der "Älteren" gegenüber Jüngeren, Branchen-Neulingen und vermeintlich "Verrückten".
Mit dem Urteil des Amtsgerichts München kann und muss die altersbewusste Filmproduzentin leben, mit weniger oder mehr Falten und - auch unbeschadet der Veröffentlichung - hoffentlich hinreichender Gelegenheit zu privater und professioneller Entfaltung.