Das Landgericht Braunschweig befasst sich wohl bald mit der Recherche-Software bei Filesharing-Abmahnungen
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In der noch nicht rechtskräftigen Entscheidung heißt es u.
a.:
„Die anderen Teilnehmer müssen aber in die Lage versetzt
sein, auf das gesamte Werk oder zumindest auf verwertbare Teile davon
zuzugreifen. Der nach der Darstellung der Klägerin vom Beklagten eingesetzte
File-Sharing-Client basiert auf dem BitTorrent-Protokoll. Es erlaubt
Teilnehmern, jeweils einzelne Stücke einer Dateien, die Chunks genannt werden,
herunterzuladen und diese nach ihrer Komplettierung zu der ganzen Datei
zusammenzufügen. Diese Chunks müssen eine Mindestgröße von 9 MB aufweisen (vgl.
http:bittorrent-faq.de/). Ein üblicher DSL-16.000-Anschluss erlaubt ein
maximales Uploadvolumen von 2.400 Kbit/Sek, so dass das Hochladen von 9 MB mehr
als 30 Sekunden benötigt. Die Feststellung der Firma Guardaley Ltd. lasten dem
Beklagten aber nur 1 Sekunde oder sogar nur einen Bruchteil davon während der
Verletzungshandlung an, denn sie gibt für sie keinen Zeitraum, sondern einen
einzelnen sekundengenau festgehaltenen Zeitpunkt an. In einer Sekunde lassen
sich aber höchstens 0,29 MB hochladen.“
Weiter wird ausgeführt:
„Folglich ist es ebenso gut möglich und nach allgemeiner
Lebenserfahrung sogar naheliegend, dass der Nutzer im Moment der ihm
angelasteten Verletzungshandlung eine völlig andere als die geschützte Dabei
heruntergeladen hat.“
Sodann folgt die konsequente und überzeugende richterliche
Schlussfolgerung:
„Nach alldem ist die von der Guardaley Ltd. angewandte
Ermittlungsmethode ungeeignet, Rechtsverletzungen im Wege des öffentlichen
Zugänglichmachens geschützter Werke nachzuweisen oder auch nur plausibel
erscheinen zu lassen.“
Dieses Urteil korrespondiert mit vorausgegangenen
richterlichen Bedenken gegen die hier betroffene Ermittlungssoftware „Observer“:
Hinweisbeschluss des AG Koblenz vom 02.01.2015, Az. 153 C3184/14,
davor das Urteil des AG Frankenthal vom 23.06.2014, Az. 3b C 145/14
und schon am 20.01.2012 der Beschluss des OLG Köln, Az. 6 W 242/11.
Die mit Filesharing-Klagen befassten Gerichte sind zu Recht immer
weniger bereit, die den Filesharing-Abmahnungen zugrunde gelegten Recherche-„Ergebnisse“
unreflektiert als schlüssig oder gar bewiesen hinzunehmen. Das ist sachgerecht
und prozessgerecht.