"Gefällt mir das?" |
Wissenschaftler der Universitäten Cambridge und Stanford um die Forscher Wu Youyou, Michal Kosinski und David Stillwell haben jetzt veröffentlicht, dass durch digitale Auswertung dieser Facebook-„Likes“ die Persönlichkeitsmerkmale der Nutzer ermittelbar sind, und zwar in einem Umfang und mit einer Genauigkeit, die sogar die Kenntnisse von Freunden und Familienmitgliedern deutlich übertreffen kann.
Das führt zu berechtigten Sorgen
um die Persönlichkeitsrechte der Nutzerinnen und Nutzer.
Für die Studie stellten über 86.000 Facebook-Nutzer der
Forschungsgruppe ihre Daten und ihr Profil zur Verfügung. Aus den diversen „Likes“
ergaben sich - was noch nicht verwundert - ihre Vorlieben für bestimmte Arten
von Textbeiträgen, Bildern, Videos oder z. B. auch von Meinungen. Die Probanden
nahmen im Rahmen der Untersuchung auch an detaillierten Psycho-Tests teil, in
deren Verlauf es den Wissenschaftlern insbesondere um die fünf („Big Five“) wesentlichen
Persönlichkeitsmerkmale
- Neurotizismus (der Grad emotionaler Labilität),
- Introversion/Extraversion (das Substantiv zum gebräuchlichen Adjektiv „extrovertiert“ ist nicht „Extroversion“),
- Offenheit für Erfahrungen,
- Gewissenhaftigkeit und
- Verträglichkeit ging.
Die Facebook-Daten und die Test-Ergebnisse wurden sodann abgeglichen,
um so festzustellen, welche „Likes“-Struktur typischerweise auf welche
Persönlichkeitsmerkmale hinweist. So ergab sich etwa, dass das „Liken“ von Dali-Bildern
oder von Beiträgen zum Thema Meditation auf eine überdurchschnittlich große
Offenheit schließen lässt. Unzählige weitere entsprechende Muster konnten
gesichert werden. Auf diese Weise gelang es, ein Programm zu entwickeln, mit
dem anhand der „Like“-Button-Nutzung die persönlichen Wesenszüge bzw.
Charaktere der jeweiligen Facebook-Nutzerinnen und -Nutzer feststellbar sind.
Zusätzlich ließen die Wissenschaftler das persönliche Umfeld wie Arbeitskollegen, Freunde
und Familienangehörige der Test-Personen befragen, welche
Persönlichkeitsmerkmale die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aufweisen. Wiederum waren
insbesondere die oben genannten wesentlichen fünf Eigenschaften gefragt.
Und dann der spannende Vergleich, wessen Urteilsvermögen
treffsicherer ist: Facebook-Button oder Familie? Mit überraschendem, wenn nicht
sogar gruseligem Ergebnis:
Bei lediglich 10 Likes konnte eine Button-Analyse per
Software die Charaktermerkmale der jeweiligen Person besser einzuschätzen als
Arbeitskolleginnen oder -kollegen. Schon bei 70 „Gefällt mir“-Einträgen war das
Programm treffsicherer als private Freunde und bei mindestens 150 Button-Klicks
übertraf das Analyse-Programm sogar Familienmitglieder (bei Lebenspartnern
waren 300 Klicks ausreichend, um gleichzuziehen). Facebook scheint regelmäßig also zumindest mehr über Dich zu wissen als Dein Anwalt.
Auch wenn es einigen ganz nett erscheinen mag, wenn die
Anbieter weltumspannender Netz- und Daten-Werke zunehmend „digitale emotionale Kompetenz“
hinsichtlich der User erlangen (um es beschönigend zu bezeichnen), ist es tatsächlich
bereits seit längerer Zeit unverzichtbar, sich auch bei auf den ersten Blick
banalen Klicks im World Wide Web sorgfältig zu überlegen, welche Abdrücke,
Eindrücke und Spuren aus der eigenen Privat- und Intimsphäre man hinterlässt
und hinterlassen will.