Eine Mitarbeiterin des Ordnungsamtes beschädigte und
entfernte in der Ausstellung einer Herforder Atelier-Gemeinschaft ein
provokantes Kunstwerk der Künstlerin Alexandra Sonntag aus Bielefeld. Wie die
Neue Westfälische in ihrer Wochenend-Ausgabe berichtet, handelt es sich um eine
Installation von mehreren Papierschiffchen, die die studierte Künstlerin
aus Sex-Heftchen hergestellt hatte. Die Rauminstallation mit dem Titel „Seemanns
Braut“ zielte als künstlerischer und kritischer Kommentar auf die
Seefahrer-Romantik und die Zurschaustellung weiblicher Sexualität.
Nach einigen Beschwerden von Passanten, die wohl kein
(Kunst-)Verständnis beim Blick in das Schaufenster des ostwestfälischen
Kunst-Quartiers aufbringen wollten, marschierte ohne Vorankündigung eine Behörden-Vertreterin
in die Galerie und entfernte die Installation. Nach Angaben der
Atelier-Gemeinschaft wurden dabei einige Schiffchen sogar zertreten.
Vor dem Ausstellungslokal trafen Beamtin und Künstlerin –
wie die NW berichtet – dann doch noch zusammen. Das Ordnungsamt rechtfertigt den
Eingriff in die Kunstfreiheit mit dem Vorwurf der „Verbreitung pornografischer
Schriften“. Man verständigte sich.
Alexandra Sonntag griff zum schwarzen Filzstift und übermalte auf den Faltungen
der Schiffchen teilweise erkennbare Geschlechtsteile und baute die Installation
wieder auf.
Zwei Kripo-Beamte der Hansestadt Herford nahmen nach der Zensur die „Seemanns Braut“
nochmals in Augenschein, ohne die Ausstellung weiter zu verbieten.
Einerseits hat nun eine ostwestfälische Behörde an der
(veränderten) Schaffung eines neuen, das eigene, m. E. verfassungswidrige
Verhalten dokumentierenden Kunstwerkes mitgewirkt. Andererseits hat hier behördliche
Gewalt einen sehr bedenklichen unverhältnismäßigen Eingriff in die
verfassungsrechtlich geschützte Kunstfreiheit und einen provinziellen Eklat
produziert, der in seiner Dimension über eine Provinz hinausreicht.