Samstag, 15. Juni 2013

Kunst-Verbot wegen "Porno"-Falten an der "Seemanns Braut"


 
Eine Mitarbeiterin des Ordnungsamtes beschädigte und entfernte in der Ausstellung einer Herforder Atelier-Gemeinschaft ein provokantes Kunstwerk der Künstlerin Alexandra Sonntag aus Bielefeld. Wie die Neue Westfälische in ihrer Wochenend-Ausgabe berichtet, handelt es sich um eine Installation von mehreren Papierschiffchen, die die studierte Künstlerin aus Sex-Heftchen hergestellt hatte. Die Rauminstallation mit dem Titel „Seemanns Braut“ zielte als künstlerischer und kritischer Kommentar auf die Seefahrer-Romantik und die Zurschaustellung weiblicher Sexualität.
Nach einigen Beschwerden von Passanten, die wohl kein (Kunst-)Verständnis beim Blick in das Schaufenster des ostwestfälischen Kunst-Quartiers aufbringen wollten, marschierte ohne Vorankündigung eine Behörden-Vertreterin in die Galerie und entfernte die Installation. Nach Angaben der Atelier-Gemeinschaft wurden dabei einige Schiffchen sogar zertreten.

Vor dem Ausstellungslokal trafen Beamtin und Künstlerin – wie die NW berichtet – dann doch noch zusammen. Das Ordnungsamt rechtfertigt den Eingriff in die Kunstfreiheit mit dem Vorwurf der „Verbreitung pornografischer Schriften“.  Man verständigte sich. Alexandra Sonntag griff zum schwarzen Filzstift und übermalte auf den Faltungen der Schiffchen teilweise erkennbare Geschlechtsteile und baute die Installation wieder auf.
Zwei Kripo-Beamte der Hansestadt Herford nahmen nach der Zensur die „Seemanns Braut“ nochmals in Augenschein, ohne die Ausstellung weiter zu verbieten.

Einerseits hat nun eine ostwestfälische Behörde an der (veränderten) Schaffung eines neuen, das eigene, m. E. verfassungswidrige Verhalten dokumentierenden Kunstwerkes mitgewirkt. Andererseits hat hier behördliche Gewalt einen sehr bedenklichen unverhältnismäßigen Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Kunstfreiheit und einen provinziellen Eklat produziert, der in seiner Dimension über eine Provinz hinausreicht.