Donnerstag, 29. Dezember 2011

BGH-Urteil zur Beweislast für Fälschung bzw. Erschöpfung im Markenrecht


Verkauf gefälschter bzw. "erschöpfter" Markenschuhe?  

Nach dem Verhandlungstermin vom 21.12.2011 wird der Erste Zivilsenat des Bundesgerichtshofs am 15.03.2012 in den Verfahren I ZR 52/10 und I ZR 137/10 darüber befinden müssen, wer die Beweislast dafür trägt, dass "markierte" Ware angeblich gefälscht ist bzw. dass die Markenrechte erschöpft sind, weil die Waren vermeintlich mit Zustimmung des Markeninhabers in der EU in Verkehr gebracht worden sind.

1. Fall:
Die Klägerin im Verfahren I ZR 52/10 ist Produzentin der als „Converse All Star Chuck Taylor“ bezeichneten Freizeitschuhe und Inhaberin mehrerer Marken mit den Wortbestandteilen „CONVERSE“ und „ALL STAR“. Beklagte ist in diesem Verfahren die Lieferantin der Handelsgruppen "Rewe" und "real" sowie der Verbrauchermärkte "toom".

Die Klägerin behauptet, eine "toom"-Verbrauchermarkt in Solingen und ein "real"-Warenhaus in Neuss hätten im September 2008 von der Beklagten gelieferte Produktfälschungen angeboten.

Der wegen Verletzung von Markenrechten nach vorausgegangener Abmahnung u.a. auf Unterlassung gerichteten Klage hat das Landgericht Stuttgart mit Urteil vom 17.11.2009 (Az. 17 O 714/08) stattgegeben. Im Berufungsverfahren hat dann allerdings das Oberlandesgericht Stuttgart mit seiner Entscheidung vom 04.03.2010 (Az. 2 U 86/09) die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe weder nachweisen können, dass es sich bei den Freizeitschuhen um Fälschungen handele, noch, dass die Markenrechte im vorliegenden Fall nicht erschöpft seien. Der Erste Zivilsenat hat in diesem Verfahren (Az. I ZR 52/10) die Revision zugelassen.

2. Fall:
Die Klägerin im Verfahren I ZR 137/10 vertreibt in Deutschland, Österreich und der Schweiz exklusiv den Freizeitschuh „Converse All Star Chuck Taylor“. Die Beklagte in jenem Verfahren gehört zur "Metro"-Gruppe und verkaufte in der Zeit von 2006 bis 2008 in ihren Cash & Carry Märkten wiederholt originale Freizeitschuhe der Markeninhaberin. Die Klägerin behauptet, die fraglichen Schuhe seien in den USA in Verkehr gebracht worden und für einen Vertrieb in Deutschland oder einem anderen EU-Mitgliedstaat fehle es an einer Zustimmung der Markeninhaberin. 

Das Landgericht Hamburg hat mit Urteil vom 30.10.2008 (Az. 327 O 569/07) und das Hanseatische Oberlandesgericht mit Urteil vom 07.07.2010 (Az. 5 U 246/08) der ebenfalls u. a. auf Unterlassung gerichteten Klage stattgegeben. Das OLG hat dabei im Berufungsverfahren die Auffassung vertreten, die Beklagte sei beweispflichtig dafür, dass die Markenrechte erschöpft seien, und habe diesen Beweis nicht erbracht. Das Berufungsgericht hat allerdings die Revision gegen diese Entscheidung zugelassen.

Der Klärung der unter den Oberlandesgerichten umstrittenen Beweislast-Fragen darf mit Interesse entgegengesehen werden. Von der BGH-Entscheidung können bedeutende Weichenstellungen für die zukünftige markenrechtliche Abmahnungs-Praxis abhängen.