Sonntag, 4. September 2011

Die Marke als Allheilmittel oder unnötiger Blindflug in die Welt der Abmahnung


Ähnlichkeitsrecherche wichtiger als Markenanmeldung?

In den vergangenen Jahren wurden allein beim Deutschen Patent- und Markenamt jährlich jeweils fast 75.000 Markenanmeldungen vorgenommen. Ist schon schön, so eine eigene MARKE. Das denken sich auch viele (Klein-)Unternehmer und Dienstleister, die mit ihrer Außendarstellung "was hermachen" möchten. Da geht es u.a. darum, den eigenen Namen bzw. das eigene Kennzeichen zu schützen ... und manchmal auch darum, die eigenen kleinen Eitelkeiten zu bedienen und/oder zu befriedigen.

Das ist ja grundsätzlich auch nichts Schlimmes. Schlimm können allerdings die Folgen unüberlegt kurzfristiger und kurzsichtiger "Marken-Aktionen" sein.

So ist der Schritt zu rechtlich und finanziell dramatischen Kollisionen mit ggf. vorrangigen Namens-, Firmen-, Kennzeichen- oder Markenrechten Dritter oft nicht weit. Dies gilt nicht nur bei identischen Bezeichnungen und bei der Berührung von Rechten unmittelbarer Konkurrenten. Das kann auch bei lediglich ähnlicher Logo- oder Wortwahl bzw. bei der Tangierung bekannter Marken - selbst ohne Branchennähe oder sich aufdrängernde Verwechslungsgefahr - auf dem Terrain von Markenrecht und Wettbewerbsrecht gefährlich werden.

Eine nicht geringe Menge Rechtsanwälte und Patentanwälte befasst sich fast ausschließlich mit der Recherche nach mutmaßlichen Verletzungen von Markenrechten ihrer Mandanten und mit daraus erwachsenden Abmahnungen und auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz gerichteten gerichtlichen Verfahren. Da kommt schnell Kater-Stimmung auf, wenn hohe Regress- und Kosten-Forderungen im Briefkasten landen. Was ist denn da schiefgelaufen?

Nicht nur vor einer Markenregistrierung, schon bei Nutzung einer Bezeichnung oder Kennzeichnung im geschäftlichen Verkehr - etwa auch als Domain - ohne vorherige Markenanmeldung ist Umsicht und Vorsicht geboten vor rechtsverletzenden Kollisionen mit vorgehenden Rechten Dritter. Deshalb ist eine Verwendung von Wort-Kennzeichen oder grafischen Logos im Geschäftsleben ohne vorausgegangene Ähnlichkeitsrecherche kaum zu verantworten. Eine eigene Online-Suche bei Google (und anderen geeignet erscheinenden Suchmaschinen) und die eigene Durchsicht von Markenregistern, Handelsregistern und Branchen-Listen sind ein erster Schritt zu vielleicht hilfreichen Überprüfungen. Vertieftere Ergebnisse kann ggf. eine anwaltliche Ähnlichkeitsrecherche liefern. Dabei sollten neben dem jeweils konkreten Risiko-Potenzial auch etwaige konstruktive Begrenzungsmöglichkeiten und Handlungs-Alternativen abgefragt werden.

Und was ist nun mit der Markenanmeldung?

Da wird häufig vom kleinen Unternehmen(sgründer) bzw. Dienstleister die gerade durch eine Markenanmeldung stattfindende Erhöhung der Kollisions- und Konflikt-Risiken unterschätzt ... und der Sinn der schnellen Anmeldung im konkreten Fall nicht selten überschätzt.

Durch die Anmeldung werden manche Streitigkeiten im Markenrecht erst "provoziert", die ohne Anmeldung vielleicht - mangels transparenter Registrierung - gar nicht aufgekommen wären. Dies kann selbstverständlich kein Aufruf sein, Markenverletzungen ohne Markenanmeldung zu betreiben!

In einer großen Zahl von Fällen bedarf  es für einen ausreichenden Kennzeichenschutz allerdings nicht unbedingt einer Markeneintragung: Der Familienname und das Unternehmens-Kennzeichen bzw. die Firma (der Name, unter dem ein Kaufmann auftritt) genießen auch ohne Markeneintragung rechtlichen Schutz vor Verletzung und Missbrauch. Der Dienstleister wird in seinem Geschäftsumfeld oft keine zusätzliche Produkt-Kennzeichnung benötigen - zumal seine Leistungen im Wesentlichen durch seine Persönlichkeit und seine Individualität gekennzeichnet werden. Allerdings kann ein Unternehmens-Kennzeichen nicht ohne Weiteres übertragen bzw. lizensiert werden, wie dies bei der Marke der Fall ist. In vielen Fällen wird es auf eine derartige Verwertungsmöglichkeit aber nicht entscheidend ankommen. Dann kann eine kreativ und klug eingesetzte Unternehmenskennzeichnung für eine gelungene und rechtlich geschützte Außendarstellung völlig ausreichen.

Und dann ist es wichtiger, bei der Auswahl und Gestaltung der Firmierung und Domain eine sorgfältige Recherche nach konfliktträchtigen ähnlichen Kennzeichen oder Marken Dritter durchzuführen, als eine "chicke" Marke für das geschäftliche und werbliche Allheilmittel zu halten. Zumal gerade in der Gründungsphase die finanziellen Ressourcen ohnehin regelmäßig eher begrenzt sein werden.