Samstag, 15. September 2012

Filesharing-Abmahnung: Das Geschäft mit der kleinen und großen Lüge

mit Update vom 29. September 2012

Lügen haben kurze Beine, in unzähligen Filesharing-Abmahnungen aber dennoch bereits eine lange - und ärgerliche - Tradition. Das artet in vielen Fällen sogar in betrügerische Machenschaften aus. Selbstverständlich agieren nicht alle Abmahner in jedem Fall mit Lug und Trug. Nachdem allerdings nach meiner Wahrnehmung gerade im laufenden Jahr Abmahnungen mit unwahren Behauptungen, vollmundigen Verdrehungen und mit der unseriösen Verbreitung falscher Eindrücke zunehmen,

hier die 12 dreistesten Abmahnungs-Bluffs:


  1. Das angegebene Musik-, Film- oder Software-Produkt existiert gar nicht bzw. der genannte Rechteinhaber ist nicht Anspruchsinhaber bzw. der als solcher ausgewiesene Rechtsanwalt ist nicht bevollmächtigt oder - in ganz krassen (Fake-)Fällen - besitzt gar keine anwaltliche Zulassung.
  2. Die vermeintlichen "Ermittlungsergebnisse" eines angeblich tätig gewordenen Anti-Piracy-Unternehmens mit angeblich dem Abmahnungsempfänger zuzuordnender IP-Adresse und angeblich sicher protokollierten und archivierten sowie angeblich sicher zuzuordnenden Downloads und Filehashwerten existieren nicht bzw. weisen nicht die behauptete eindeutige und revisionssichere Qualität auf.
  3. Es wird fälschlicherweise behauptet, der Bundesgerichtshof habe mit Urteil vom 12.05.2010 entschieden, dass der Inhaber eines Internetanschlusses für alle diesem Internetanschluss zuzuordnenden illegalen Filesharing-Vorgänge Schadensersatz zahlen muss.
  4. Es wird fälschlicherweise behauptet, der BGH habe mit dem gleichen Urteil zur Frage der sogenannten Störerhaftung entschieden, dass ein Internetanschlussinhaber für illegales Filesharing seiner Familienangehörigen oder sonstiger Nutzer seines Interetanschlusses haftet.
  5. Es wird der rechtlich falsche Eindruck erweckt, der Inhaber bzw. die Inhaberin des Internetanschlusses müsse angeblich beweisen, dass er nicht selbst illegales Filesharing betrieben hat.
  6. Es wird der rechtlich falsche Eindruck erweckt, der Inhaber des Internetanschlusses müsse angeblich zur eigenen Entlastung den wirklichen Filesharing-"Täter" ermitteln und benennen.
  7. Es wird der rechtlich falsche Eindruck erweckt, ein vorliegender gerichtlicher Gestattungs-/Auskunfts-Beschluss nach § 101 UrhG belege angeblich alle die vermeintlichen Ansprüche gegen den Abmahnungsempfänger begründenden Voraussetzungen.
  8. Es wird der rechtlich falsche Eindruck erweckt, eine Abänderung der zur Unterschrift vorgelegten strafbewehrten Unterlassungs- und Anerkennungserklärung führe angeblich zur Unwirksamkeit der außergerichtlichen Erklärung und damit zu teuren Unterlassungsklagen.
  9. Es wird der rechtlich falsche Eindruck erweckt, der Streitwert für Abmahnungen und Klagen beispielsweise im Zusammenhang mit einem einzigen Musiktitel betrage 10.000,00 Euro oder mehr.
  10. Es wird der falsche Eindruck erweckt, es gäbe angeblich bereits in diversen Klageverfahren gerichtlich eingeholte Sachverständigen-Gutachten, die die angeblich gerichtsfeste Qualität der Crawler-Protokolle und deren Ergebnisse bestätigten, was ebenfalls unwahr ist.
  11. Es wird der falsche Eindruck erweckt, eine Fristverlängerung gegenüber einem vom Abmahnungsempfänger beauftragten Anwalt oder eine Verhandlung über Betragshöhen komme nicht in Betracht. Stattdessen würde unmittelbar nach Ablauf der gesetzten Frist sofort eine gerichtliche einstweilige Verfügung gegen den Adressaten der Abmahnung beantragt.
  12. Es wird behauptet, alle sachverhaltlichen, technischen und rechtlichen Gegenargumente des bzw. der Abgemahnten seien untaugliche Schutzbehauptungen, technische und rechtliche Fehleinschätzungen sowie ... Lügen.
Aus Anlass der außerordentlich engagierten Kommentare zu diesem Beitrag hier nun als

Update 

vom 29.09.2012 eine weitere Ziffer

   13.  Es werden falsche Eindrücke erweckt über angeblich für die jeweilige Abmahnung geltende anwaltliche Kosten, Kostenberechnungen, Kostenrechnungen, (fehlende) Kostenvereinbarungen, Kostenzahlungen und/oder Kostenerstattungspflichten.