Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und die "Süddeutsche Zeitung" versuchen nach insoweit beim Landgericht und beim OLG Frankfurt verlorenen Klageverfahren nun in der Revisionsinstanz vor dem I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, dem Internet-Kulturmagazin "perlentaucher.de" die kommerzielle Verwertung sogenannter Abstracts verbieten zu lassen. Am 15.07.2010 steht die mündliche Verhandlung vor dem BGH an.
Auf ihrer angegriffenen Internetseite bietet perlentaucher.de verkürzte Zusammenfassungen verschiedener Feuilletonartikel von bedeutenden deutschsprachigen Zeitungen an. Dies betrifft u. a. in der FAZ und der SZ abgedruckte Originalrezensionen bzw. Kritiken aktueller Buchveröffentlichungen. An den Abstracts erteilt das verklagte Online-Magazin auch entgeltliche Lizenzen zu Gunsten der Internet-Buchshops amazon.de und buecher.de.
Die Zeitungsverlage wenden sich gegen diese kommerzielle Verwertung der anerkannten Rezensionen im Wege der Weiterlizenzierung an Dritte. Sie nehmen die Beklagte auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz in Anspruch, wobei hinsichtlich des Schadensersatzes lediglich der Feststellungsantrag gestellt wird.
Landgericht (2/3 O 171/06 und 172/06) und OLG (11 U 75/06 und 76/06) haben die Klagen abgewiesen und eine Verletzung urheberrechtlicher Schutzrechte verneint. Die Abstracts seien freie Benutzungen der Originalrezensionen gem. § 24 UrhG und als solche zulässig.
Die Verlage hätten auch keine Ansprüche gem. § 14 Abs. 5 und 6 MarkenG. So habe die Beklagte z.B. das Zeichen „FAZ“ nicht markenmäßig benutzt.
Wettbewerbsrechtliche Ansprüche würden ebenfalls ausscheiden. Insbesondere sei nicht feststellbar, dass die durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Internetnutzer die Abstracts etwa mit den entsprechenden Feuilletonkritiken der Zeitungsverlage verwechselten (§ 4 Nr. 9a UWG). Soweit die Beklagte die Wertschätzung der Originalrezensionen für ihre Internetseite überhaupt ausnutze, sei dies jedenfalls nicht unangemessen i.S. d. § 4 Nr. 9b UWG und urheberrechtlich zudem gestattet.
Unter Berücksichtigung des aktuell eher liberalen Rechtsprechungstrends des BGH ist wohl - m. E. zu Recht - eine Bestätigung der vorherigen Instanzen zu erwarten. Andernfalls müsste man sicherlich einer weiteren Welle von Abmahnungen und Klageverfahren durch "Beton"- und "Kohle"-orientierte Urheber-Egomanen entgegensehen. Damit sollen Urheber keineswegs ihrer Rechte beraubt werden; gerade im Bereich der Online-Kultur würde uns allerdings etwas mehr fruchtbare Durchlässigkeit, friedliche Koexistenz und gönnende Gelassenheit gut tun. Hinzu kommen die verfassungsrechtlichen Dimensionen, die Rechte ... und Pflichten ... beispielsweise aus Art. 5 und Art. 14 GG - und nicht zuletzt der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit.