Freitag, 21. August 2020

Bei Filesharing-Abmahnung primär wichtig:

Die erfolgreiche Abwehr unberechtigter Filesharing-Abmahnungen ist kompliziert.

DIE SEKUNDÄREN DARLEGUNGSPFLICHTEN


Viele Internetnutzer ereilen beim Erhalt von urheberrechtlichen Filesharing-Abmahnungen noch immer etliche Unsicherheiten und Irrtümer hinsichtlich der sog. „sekundären Darlegungspflichten“. Wenn der Internetanschlussinhaber eigentlich auch erst im etwaig nachfolgenden gerichtlichen Verfahren zur substantiierten Rechtsverteidigung prozessual verpflichtet ist, empfiehlt es sich in einer Vielzahl von Abmahnungsfällen doch, der Gegenseite zwecks Vermeidung anschließender Klageverfahren bereits frühzeitig überzeugende Verteidigungsargumente entgegenzuhalten.

Dazu gehört die unmissverständliche Zurückweisung unberechtigter Tatvorwürfe und wahrheitsgemäße Darlegungen zur eigenen Router- und Endgeräte-Ausstattung, zur WLAN-Verschlüsselung sowie zum eigenen Internetnutzungsverhalten.

Anzugeben ist ferner, welche Haushaltsangehörigen oder Besucher mit Rücksicht auf ihre technische Ausstattung, ihr Nutzerverhalten, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen.

Insoweit ist der Anschlussinhaber auch im Rahmen des Zumutbaren zu Befragungen und Nachforschungen verpflichtet und hat mitzuteilen, welche relevanten Kenntnisse er auf welche Weise dabei ggf. erhalten hat.

Die Anforderungen an das Erinnerungsvermögen und die darauf fußenden Darlegungen des Internetanschlussinhabers dürfen allerdings – was häufig selbst von Teilen der Rechtsprechung übersehen wird – vor dem Hintergrund des etwaigen Zeitablaufs von mehreren Wochen, mehreren Monaten und manchmal sogar mehreren Jahren nicht überspannt werden. Die prozessualen Anforderungen sind nämlich unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit sachgerecht und fair zu begrenzen.

Ein zu dieser Thematik diesseits bereits im September 2018 errungenes Urteil des Landgerichts Bielefeld hat das in überzeugender Weise bestätigt. Soweit dennoch oft überhöhte Anforderungen an detailliertere sekundäre Darlegungen zurückliegender technischer, häuslicher und familiärer Abläufe und Verhaltensweisen gestellt werden, dient dies demgegenüber primär der zusätzlichen Verunsicherung vieler Abmahnungsadressaten.

Dem ist dann ggf. unter Hinweis auf einschlägige gerichtliche Urteile entschieden entgegenzutreten.

Freitag, 28. Februar 2020

Nicht nur Vermutungen zur GEMA

 
 
Vorsicht: In Sozialen Medien lauern zahlreiche rechtliche Fallstricke.
 

Kurzer Weckruf zur Musik auf Instagram & Co.

Recht häufig geht es in der medienrechtlichen anwaltlichen Praxis aktuell um Influencer oder sonstige Internet- oder Social Media Akteure, die beabsichtigen, eigene Video-Veröffentlichungen oder sonstige Posts mit Musik zu untermalen. 

Nach der sog. „GEMA-Vermutung“ wird bei „in- und ausländischer Tanz- und Unterhaltungsmusik“ (Schmunzeln über diesen Begriff ist erlaubt!) in rechtlichen Streitfällen nicht selten immer noch grundsätzlich zunächst einmal davon ausgegangen, die GEMA (die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) sei als „Verwertungsgesellschaft“ für die Wahrnehmung, die Durchsetzung, die Vergütung und sogar die Vertretung von Komponisten, Textdichtern und Interpreten zuständig.

Das trifft allerdings tatsächlich nicht generell, nicht immer, nicht für alles und nicht für alle zu. 

Auch wenn sich keine GEMA-Problematik eröffnet, können aber dennoch etliche urheberrechtliche Konfliktpotenziale bestehen.

Bei Musiknutzungen etwa in sozialen Medien oder auf eigenen Webseiten kann man sich vor diesem Hintergrund mit Hintergrundmusik ganz schön - oder unschön - die Finger verbrennen. 

Das rechtliche Spannungsfeld zwischen den Polen des Urheberrechts, des Urheberpersönlichkeitsrechts, der Wahrnehmungs- und Verwertungsrechte und der sonstigen diversen Nutzungs- bzw. Lizenzrechte sowie Leistungsschutzrechte bedarf im Einzelfall der genauen Betrachtung, welche Rechte in welchem Kontext in welchen Medien unter welchen Konditionen welcher Person, Gesellschaft oder Institution zuzuordnen sind.  

Dabei ist beispielsweise zu prüfen, ob

·        der/die Komponistin bzw. der/die Textdichter/in des betroffenen Werkes bereits vor über 70 Jahren verstorben ist.

·        es um aus anderen Gründen gemeinfreie Musik geht.

·        das betroffene Werk bei der GEMA gemeldet bzw. registriert ist.

·        der/die Urheber/in einen Wahrnehmungsvertrag mit der GEMA geschlossen hat.

·        die etwaige Freistellungserklärung eines Rechteinhabers gültig und belastbar ist.

·        es zu beachtende Auskunfts-, Nachweis- oder Meldepflichten gibt.

·        Wahrnehmungsrechte anderer Verwertungsgesellschaften (etwa der GVL) und Meldepflichten dieser gegenüber einschlägig sind.

·        es um die Veröffentlichung eines YouTube-Videos geht.

·        es um die Einbettung eines YouTube-Videos in eine Webseite geht.

·        es um andere Nutzungsarten (wenn ja, welche?) geht.

·        eine Creative Commons Lizenz Anwendung findet und eingehalten wird.

·        die Einholung eines Filmherstellungsrechts bzw. Werkverbindungsrechts erforderlich ist.

·        es um das Leistungsschutzrecht des ausübenden Künstlers geht.

·        Urheberpersönlichkeitsrechte berührt bzw. verletzt werden.
 

Wer sich in dem Zusammenhang also nicht die richtigen Fragen stellt oder zu schnelle oder vermeintlich einfache Antworten gibt, dem werden vom Gesetzgeber und von der Rechtsprechung leider immer noch nicht unerhebliche rechtliche und finanzielle Risiken zugemutet. So droht bei rechtswidrig unterbliebener Meldung die GEMA sogar einen 100%igen sogenannten „Kontrollkostenzuschlag“ auf die eigentlich entstandene Lizenzgebühr an.

Vorsicht ist also auch die Mutter der „Musikkiste“.