Urheberrecht: In München wundern sich Gerichte - und Internetanschlussinhaber |
Fragwürdige schriftliche
Niederlegung hat diese prekäre Widersprüchlichkeit gefunden im Urteil der 21.Zivilkammer des Landgerichts München I vom 08.07.2015 (Az. 21 S 19026/14).
Darin werden vorausgegangene
BGH-Entscheidungen zwar korrekt zitiert; die daraus von den Münchner Richtern
abgeleiteten Argumentationsstränge verlieren allerdings erkennbar den Faden
nach Karlsruhe.
In den Entscheidungsgründen aus
Bayern heißt es u. a. zu Recht:
„Nicht verhehlen kann die Kammer ihre
Verwunderung darüber, dass der Beklagte – gleichsam aus dem Nichts – nach knapp fünf Jahren detailliert rekonstruieren kann, wann er welche Maßnahmen im Nachgang
zur Abmahnung vom xxxxxxxxxx vorgenommen
hat.“
Dennoch meint das Berufungsgericht,
dass „der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nicht“ genügt.
Ein Schelm, wer da nicht den in den
landgerichtlichen Entscheidungsgründen selbst zitierten, von der einschlägigen
BGH-Rechtsprechung aufgestellten „Rahmen des Zumutbaren“ für gesprengt erachtet.
Das Landgericht München I erwartete
insbesondere noch detailliertere Angaben des Beklagten „zu seinen einzelnen
Nachforschungen“ innerhalb der Familie, dazu, „welche konkreten Maßnahmen er unternommen hat, um
relevante Informationen zu erhalten“, sowie alle möglichen Details zu Fragen
der Auffindung, der Speicherung, der Entnahme und/oder der Inhalte eines
etwaigen Routerprotokolls.
Wenn man dieses Urteil liest, wird
man das Gefühl nicht los, dass versucht wird, die
Anforderungen an die sekundären Darlegungen zur Nutzung des familiären Internetanschlusses
und die Anforderungen an etwaige Nachforschungen (zumal innerhalb des eigenen
Haushalts bzw. innerhalb der eigenen Familie) in gleicher Weise zu überspannen, wie die
frühere und zwischenzeitlich vom BGH und vom Bundesverfassungsgericht korrigierte Kölner Rechtsprechung dies hinsichtlich ihrer übertriebenen (und mittlerweile überholten) Anforderungen zur Familien-Überwachung und -Belehrung getan hat.
Mit derart ausufernden und praktisch nie erfüllbaren richterlichen Ansprüchen an interfamiliäre Ermittlungen, technischen Sachverstand und archivarisches Erinnerungsvermögen der Internetanschlussinhaber wird die aktuelle "Münchner Linie" allerdings m. E. in Karlsruhe ebenso wenig durchkommen wie die früheren Überforderungstendenzen des LG und des OLG Köln.
Mit derart ausufernden und praktisch nie erfüllbaren richterlichen Ansprüchen an interfamiliäre Ermittlungen, technischen Sachverstand und archivarisches Erinnerungsvermögen der Internetanschlussinhaber wird die aktuelle "Münchner Linie" allerdings m. E. in Karlsruhe ebenso wenig durchkommen wie die früheren Überforderungstendenzen des LG und des OLG Köln.
Entgegenstehende realistischere und
auch urheberrechtlich und verfassungsrechtlich angemessenere Entscheidungen beispielsweise aus Bielefeld müssen demgegenüber nicht verwundern; sie zeigen vielmehr den richtigen Weg auf - im Rahmen des Zumutbaren.