Donnerstag, 8. September 2016

EuGH urteilt "verflochten" zur Verlinkung

Neues EuGH-Urteil zu Hyperlinks: Verflixt "verflochtene" Steilvorlage
für das Geschäftsmodell urheberrechtlicher Abmahnungen

Urheberrecht: Mit heutigem Urteil aus Luxemburg vom 08.09.2016 (Az. C-160/15) sorgt der EuGH für eine wachsende mediale Unsicherheit bezgl. des Postens von Links im Internet.
Verlinkungen auf illegale Quellen bzw. Inhalte können danach selbst illegal sein. Es ging um Nacktfotos aus dem Playboy.


Streitgegenstand:

Ein niederländisches Webportal hatte auf eine urheberrechtswidrige Filehoster-Webseite mit der Abbildung von Playboy-Fotos verlinkt und trotz Abmahnung fortdauernde Verlinkungen vorgenommen und auch im portaleigenen Forum durch Nutzer einsetzen lassen. Das Webportal verfolgte damit nach eigener Darstellung auch das Ziel,  die Öffentlichkeit über die illegal veröffentlichten Nacktfotos der abgebildeten TV-Moderatorin zu informieren.
Es folgte der Klageweg in den Niederlanden.


Der EuGH entschied

auf die entsprechenden Vorlagefragen der niederländischen Gerichtsbarkeit - insbesondere zur Frage der "öffentlichen Wiedergabe",
„dass zur Klärung der Frage, ob das Setzen von Hyperlinks auf eine Website zu geschützten Werken, die auf einer anderen Website ohne Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers frei zugänglich sind, eine „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne dieser Bestimmung darstellt, zu ermitteln ist, ob die Links ohne Gewinnerzielungsabsicht durch jemanden, der die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung der Werke auf der anderen Website nicht kannte oder vernünftigerweise nicht kennen konnte, bereitgestellt wurden oder ob die Links vielmehr mit Gewinnerzielungsabsicht bereitgestellt wurden, wobei im letzteren Fall diese Kenntnis zu vermuten ist."

Der EuGH-Generalanwalt hatte sich - m. E. zu Recht - zuvor im Rahmen seines Schlussantrags anders entschieden, um „die Förderung der Entwicklung der Informationsgesellschaft in Europa“ nicht zu „gefährden".
Vor zweieinhalb Jahren hatte der EuGH zu Verlinkungen auf legale Internet-Veröffentlichungen selbst noch entschieden, dass Hyperlinks auch ohne Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers auf urheberrechtlich geschützte Werke verweisen dürfen, da die Links im Internet sich nicht an ein von der Quelle abweichendes "neues Publikum" richten.

Mit der nun vorliegenden Entscheidung bereitet der EuGH das Bett oder das Feld für kaum rechtssicher prognostizierbare Streitigkeiten im Spannungsfeld zwischen Urheberrecht und Informations- und Meinungsfreiheit - „verflochten“ u. A. mit Fragen der wirtschaftlichen, medialen und sozialen Hintergründe sowie z. B. auch zu Motiven und Kenntnisständen der Agierenden. Rechtssicherheit in der Informationsgesellschaft sieht anders aus.

Weiterer Orginalton des EuGH:
„Im Rahmen einer derartigen Beurteilung sind eine Reihe weiterer Kriterien zu berücksichtigen, die unselbständig und miteinander verflochten sind. Da diese Kriterien im jeweiligen Einzelfall in sehr unterschiedlichem Maß vorliegen können, sind sie einzeln und in ihrem Zusammenwirken mit den anderen Kriterien anzuwenden … “

Die nächsten Abmahnungen sind höchstwahrscheinlich bereits auf dem Weg.