Montag, 19. März 2012

Abmahnung und Klage vom Pelikan: Wie und wie weit reichen das Markenrecht und weitere Schutzrechte?

Schnell ist man Adressat einer Abmahnung - und dennoch gar nicht so leicht ist die gerichtsfeste Geltendmachung von Markenrecht, Kennzeichenrecht, Firmenrecht oder Domainrecht ... oder gar mehrerer dieser Schutzrechte.


Der Erste Zivilsenat des BGH (Az. I ZR 86/10) verhandelt am 19. April 2012 über die "Musikschule Pelikan"

Die VII. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld hatte mit Urteil vom 9. September 2009 zum Az. 16 O 52/09 der auf  Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz gerichteten Klage der Pelikan Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG, einer der größten Papier-, Büro- und Schreibwarenhersteller in Deutschland, stattgegeben. 

Das erstinstanzliche Urteil lautet:


Den Beklagten wird es untersagt,
im geschäftlichen Verkehr das Zeichen "Pelikan" in Alleinstellung und/oder als Bestandteil eines kombinierten Zeichens, insbesondere als "Musikschule Pelikan", als geschäftliche Bezeichnung einer Musikschule und/oder als Zeichen für Dienstleistungen einer Musikschule zu benutzen;
im geschäftlichen Verkehr das Zeichen "Pelikan" als Domainnamen anzumelden und/oder zu benutzen, insbesondere in Form des Domainnamens "musikschulepelikan.de".
Ihnen wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht, wobei das einzelne Ordnungsgeld den Betrag von 250.000,00 €, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen gemäß Ziffer 1. entstanden ist und noch entstehen wird, soweit diese Handlungen ab dem 11.01.2005 erfolgten.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen gemäß Ziffer 1. entstanden ist und noch entstehen wird, soweit diese Handlungen vor dem 11.01.2005 erfolgten.
Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft über die von der Beklagten seit deren Bestehen erzielten Umsätze zu erteilen, und zwar durch Vorlage eines chronologisch geordneten Verzeichnisses, in dem die Umsätze monatlich, nach dem jeweils tätigen Musiklehrer geordnet, aufgeführt sind.


Der 4. Zivilsenat des OLG Hamm hat auf die Berufung hin den Inhabern der privaten Musikschule Recht gegeben und die Klage abgewiesen - mit Urteil vom 23. März 2010 zum Aktenzeichen I-4 U 175/09.  

Der Bundesgerichtshof hat die Revision auf entsprechenden Antrag der Klägerin hin zugelassen.



Die Klägerin ist Inhaberin zahlreicher Marken, die den Wortbestandteil „Pelikan“ oder die Abbildung eines Pelikans enthalten. Dazu gehört auch die mit Priorität vom 28. November 1942 eingetragenen Wortmarke „Pelikan“. Diese ist u.a. für Lehrmittel eingetragen.

Die Beklagten betreiben in Minden eine im Januar 2004 ins Handelsregister eingetragene private Musikschule unter der Bezeichnung „Musikschule Pelikan GmbH“, in der Instrumental- und Gesangsunterricht angeboten wird. Ferner betreiben die Beklagten unter dem Domainnamen „www.musikschule-pelikan.de“ eine Internetseite.

Die Klägerin macht geltend, dass sie seit längerer Zeit auch Unterrichtshilfen für Lehrer im Grundschulbereich anbietet. Die Klägerin unterhält zudem seit mehreren Jahren im Internet unter der Adresse www.pelikanlehrerinfo.de auch ein Onlineangebot. Sie stützt ihre Abmahnung sowie die nachfolgende Klage auf eine nach ihrer Auffassung vorliegende Verletzung ihrer Marken und ihres Unternehmenskennzeichens.

Das Berufungsgericht hält den Klageantrag in mehrfacher Hinsicht für zu unbestimmt. Außerdem bestehe zwischen den von der Klägerin vertriebenen Waren und den von den Beklagten erbrachten Dienstleistungen keine ausreichende Ähnlichkeit. Ansprüche aufgrund des Unternehmenskennzeichens scheiterten an der vollständigen Branchenunähnlichkeit.

Der BGH wird sich eingehend mit den prozessualen, formalen und materiellen Voraussetzungen der Geltendmachung unterschiedlicher Schutzrechte (Markenrecht, Kennzeichenrecht, Firmenrecht, Domainrecht) zu befassen haben wie auch mit Fragen nach der gerichtlichen Hinweispflicht gem. § 139 ZPO. So begrüßenswert die kritischen und anspruchsvollen Anforderungen des OLG Hamm an die Geltendmachung von Schutzrechten sind, so bedenklich ist andererseits die nach dem Inhalt des Berufungsurteils wohl allenfalls "zurückhaltend" ausgeübte richterliche Hinweispraxis. Wenn das Verfahren vom BGH man nicht wieder an das OLG zurückverwiesen wird ... mit noch länger andauernder Rechtsunsicherheit für alle Beteiligten.