Donnerstag, 29. September 2011

Mit Tinte: Nach Abmahnung und Unterlassungsurteil nun der BGH: Pelikan darf doch Druck machen mit Teddybär und Bade-Ente


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Der 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat  Drittanbietern von Druckpatronen nicht untersagt, Bildmotive, die der Originalhersteller für die Zuordnung seiner Patronen zu seinen Druckern verwendet, auch für seine Druckerpatronen zu verwenden.


Geklagt hatte die EPSON Deutschland GmbH, die  Drucker und hierzu passende Farbpatronen herstellt und vertreibt, auf deren Verpackung neben der Artikelnummer und der passenden Drucker-Bezeichnung jeweils Bildmotive  angebracht sind. Die Teddybären, Bade-Enten und Sonnenschirme sollen dann die Zuordnung des Patronentyps zum passenden Drucker ermöglichen. Die Bildmotive weisen die Farbe bzw. die Farben der in der konkreten Patrone enthaltenen Tinte aus. 


Die Tintenauswahl der Beklagten, Unternehmen des Pelikan-Konzerns, umfasst u. a. auch für EPSON-Drucker geeignete Patronen, wobei die Verpackungen der Beklagten ähnliche Bildmotive aufweisen. Die Klägerin hält die Übernahme der Bildmotive insbesondere wegen unzulässiger Rufausbeutung für wettbewerblich unlauter. 

Das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 18.07.2008 (Az. 38 O 185/07) hatte der auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichteten Klage stattgegeben. Das OLG (Az. 20 U 190/08) gab der Beklagten am 09.02.2010 nur in geringem Umfang Recht, bejahte allerdings im Ergebnis eine unlautere Rufbeeinträchtigung. Zur Begründung führte das Berufungsgericht aus, die Verwendung der Bildmotive seitens der Beklagten schwäche zwangsläufig die Zuordnung der Motive zum Unternehmen der Klägerin. Dies sei deshalb unlauter, weil sie über das Maß hinausgehe, das mit vergleichender Werbung notwendigerweise verbunden sei.

Der BGH hat am 28.09.2011 die Urteile von Landgericht und Oberlandesgericht aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen (Az. I ZR 48/10). Nach den hier heranzuziehenden Bestimmungen des § 6 I Nr. 4 Fall 2 UWG  i. V. m. Art. 5 Buchstabe d der Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung sei eine vergleichende Werbung nämlich nur dann unzulässig, wenn diese Werbung das fremde Zeichen herabsetzt oder verunglimpft. Eine Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft, die das Berufungsgericht als ausreichend angesehen hat, sei mit einer Rufbeeinträchtigung nicht gleichzusetzen. 


Auf eine daneben noch zu erwägende Rufausnutzung, die grundsätzlich ebenfalls zur Unzulässigkeit einer vergleichenden Werbung führen kann, kommt es nach Auffassung des 1. Zivilsenats in Karlsruhe im Streitfall nicht an. 

Im Rahmen einer vergleichenden Werbung sei eine gewisse Rufausnutzung oft unvermeidbar. Ob der Werbende, der sich im Rahmen einer vergleichenden Werbung auf ein fremdes Produkt bezieht, auf eine schonendere Form der Bezugnahme verwiesen werden könne, sei eine Frage, die nur im Wege einer Abwägung der Interessen des Werbenden, des betroffenen Zeicheninhabers und der Verbraucher beantwortet werden könne. Da sich Besitzer von EPSON-Druckern allerdings unstreitig vor allem an den Bildmotiven orientierten, müsse es den Beklagten - auch im Interesse der Verbraucher - erlaubt bleiben, zur Kennzeichnung unterschiedlicher Drucker nicht nur auf die Bestellnummern, sondern - zumindest in abgewandelter Form - zusätzlich auf die genannten Bildmotive zu verweisen. 

Eine gewisse Rufausnutzung und Darstellungs-Anlehnung ist also im Rahmen zulässiger vergleichender Werbung nach Einschätzung des Bundesgerichtshofes vom Wettbewerber hinzunehmen.  Eine Entscheidung, die einer zu weitgehenden Monopolisierung werblicher Darstellungsformen entgegentritt.

Das Urteil wurde noch nicht veröffentlicht.


Montag, 12. September 2011

Nach einer Abmahnung im Urheberrecht, Markenrecht oder Wettbewerbsrecht: Einfach 'ne modifizierte strafbewehrte Unterlassungserklärung?

Immer häufiger erschrecken sich internet-affine Abmahnungs-Adressaten: Nach intensiver Online-Recherche in den erkenntnisreichen Tiefen des WorldWideWeb hatte man eine gut klingende sogenannte "modifizierte UE" abgegeben und so innerhalb der ohnehin von der Abmahnungskanzlei recht knapp bemessenen Frist auf die als unverschämt empfundene Abmahnung schriftlich reagiert. Erst nach weiteren Anwaltsschreiben und nach Erhalt von Gerichtspost zeigt der nun eingeschaltete eigene Rechtsanwalt diverse rechtliche und taktische Fehler auf, die sich bei rechtzeitiger und sorgfältiger Überlegung eigentlich hätten vermeiden lassen.

Trotz - oder gerade wegen - des durch die Abmahnungspost erzeugten Zeitdrucks empfielt sich u. a. insbesondere die Prüfung der folgenden Gesichtspunkte, bevor sachgerecht entschieden werden kann, ob die angeforderte strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung mit dem vorformulierten Inhalt, in welcher modifizierten Form oder überhaupt nicht abgegeben werden sollte.

Die pauschalen Formulierungs-Tipps aus dem Netz zur vermeintlich generell richtigen modifizierten strafbewehrten Unterlassungserklärung sind ohne Abstimmung mit den konkret betroffenen Sachverhalten, Hintergründen, Risiken und Interessen recht gefährlich und im Ergebnis nicht zu verantworten.


Zunächst ist nämlich in jedem Einzelfall genau zu prüfen, ob es überhaupt realistische Prozessrisiken gibt für den Fall, das von der Abgabe einer Unterlasungserklärung abgesehen wird. Immerhin kann ein Vertragsstrafenversprechen sehr teuer werden und bleibt zumindest 30 Jahre lang gültig und verbindlich.

Nicht selten ist zumindest die sofortige Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht zu empfehlen, solange nicht vorher im konkreten Fall erforderliche oder zumindest sinnvolle Vorsorge- und/oder Sicherungs-Maßnahmen getroffen worden sind.

Dabei ist auch auf etwaige Risiken zu achten, für Dritte haften zu müssen - sofort oder auch nach mehreren Jahren, z.B. wenn Kinder oder Enkelkinder, Mitarbeiter oder Kollegen in zurechenbarer Weise etwaige Verstöße begehen.

Vorsicht geboten ist bei der unbeabsichtigten konkludenten Verknüpfung der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung mit weitergehenden Anerkenntnissen - z. B. hinsichtlich Schadensersatz oder Kostenerstattung.

Andererseits muss die Erklärung den Anforderungen der aktuellen Rechtsprechung hinsichtlich einer ausreichenden Ernsthaftigkeit und Rechtsverbindlichkeit entsprechen. Sonst kann trotz gutwilliger Erklärungsabgabe dennoch der Erlasss einer einstweiligen Verfügung und/oder eines Unterlassungs-Urteils drohen.

In einigen fälschlicherweise empfohlenen Erklärungs-Entwürfen findet sich ein sogenannter "Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs", obwohl ein Unterlassungsschuldner zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr und damit der gegnerischen Klagebefugnis zu dem damit verbunden Einwendungs-Verzicht gar nicht verpflichtet ist. Von einem derartigen Geschenk an den Abmahner ist folglich dringend abzuraten.

Die Vertragsstrafen-Zusage sollte auch nicht so abgefasst sein, dass der Eindruck entstehen könnte, zukünftig auch für unverschuldete Verstöße zu haften. Auch hierauf hat der Unterlassungsgläubiger nämlich keinen Anspruch.

Ungeschickte Formulierungen können in einem späteren Streitfall schaden, geschickte Formulierungs-Nuancen können bei nicht auszuschließenden nachfolgenden Auseinandersetzungen hilfreich und von Nutzen sein.

Gut zu überlegen ist in jedem Fall, welche Verstoß-Sachverhalte überhaupt relevant sind bzw. noch relevant werden können und ob im konkreten Einzelfall und vor dem Hintergrund der speziellen Risiken und Erwartungen eher eine möglichst eng am vorgeworfenen Verstoßsachverhalt orientierte oder eher eine weite Fassung des Verbotes innerhalb der Unterlassungserklärung zu empfehlen ist. Hierbei werden auch Einschätzungen zu und Erfahrungen mit dem abmahnenden Rechteinhaber und/oder dessen Rechtsanwalt von Bedeutung sein.

Und Achtung, wenn es um's Geld geht: Es besteht zum Einen die Möglichkeit, eine konkret bezifferte Vertragsstrafe einzusetzen, deren Höhe dann bei Erklärungsabgabe festzulegen ist. Zum Anderen kann man stattdessen auf den sogenannten neuen Hamburger Brauch zurückgreifen und die Höhe der Vertragsstrafe nicht festschreiben, sondern in das gerichtlich (nicht immer nur landgerichtlich!) überprüfbare Ermessen des Unterlassungsgläubigers stellen. In dem Zusammenhang vergessen viele, dennoch zumindest eine von der Rechtsprechung bei ausreichender Bemessung zugebilligte Obergrenze festzulegen.

Es sollte ferner verantwortungsvoll geklärt werden, ob im Einzelfall die Unterlassungserklärung befristet und/oder bedingt abgegeben werden darf und soll und welche etwaigen auflösenden Bedingungen sich empfehlen.

Manchmal ist es zudem sinnvoll, über vorsorgliche weitere Unterlassungserklärungen gegenüber Dritten nachzudenken sowie darüber, welche weiteren Veranlassungen und Absicherungen nach der Erklärungsabgabe vorzunehmen sind und welche weiteren Personen nachher oder besser vorher zu informieren und zu instruieren sind.

Schließlich ist es rechtlich und taktisch anzuraten, der schriftlichen strafbewehrten Unterlassungserklärung sinnvolle und hilfreiche weitere Hinweise und Argumente beizufügen, um anlässlich der erhaltenen Abmahnung möglichst zielführend zu agieren und anschließende gerichtliche Verfahren und Kosten zu vermeiden.

Einfach 'ne modifizierte Allround-Unterlassungserklärung aus dem Netz oder von guten Freunden kann folglich den oben angesprochenen individuellen Interessen und Risiken oft nicht ausreichend gerecht werden. Was ist schon einfach?

Sonntag, 4. September 2011

Die Marke als Allheilmittel oder unnötiger Blindflug in die Welt der Abmahnung


Ähnlichkeitsrecherche wichtiger als Markenanmeldung?

In den vergangenen Jahren wurden allein beim Deutschen Patent- und Markenamt jährlich jeweils fast 75.000 Markenanmeldungen vorgenommen. Ist schon schön, so eine eigene MARKE. Das denken sich auch viele (Klein-)Unternehmer und Dienstleister, die mit ihrer Außendarstellung "was hermachen" möchten. Da geht es u.a. darum, den eigenen Namen bzw. das eigene Kennzeichen zu schützen ... und manchmal auch darum, die eigenen kleinen Eitelkeiten zu bedienen und/oder zu befriedigen.

Das ist ja grundsätzlich auch nichts Schlimmes. Schlimm können allerdings die Folgen unüberlegt kurzfristiger und kurzsichtiger "Marken-Aktionen" sein.

So ist der Schritt zu rechtlich und finanziell dramatischen Kollisionen mit ggf. vorrangigen Namens-, Firmen-, Kennzeichen- oder Markenrechten Dritter oft nicht weit. Dies gilt nicht nur bei identischen Bezeichnungen und bei der Berührung von Rechten unmittelbarer Konkurrenten. Das kann auch bei lediglich ähnlicher Logo- oder Wortwahl bzw. bei der Tangierung bekannter Marken - selbst ohne Branchennähe oder sich aufdrängernde Verwechslungsgefahr - auf dem Terrain von Markenrecht und Wettbewerbsrecht gefährlich werden.

Eine nicht geringe Menge Rechtsanwälte und Patentanwälte befasst sich fast ausschließlich mit der Recherche nach mutmaßlichen Verletzungen von Markenrechten ihrer Mandanten und mit daraus erwachsenden Abmahnungen und auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz gerichteten gerichtlichen Verfahren. Da kommt schnell Kater-Stimmung auf, wenn hohe Regress- und Kosten-Forderungen im Briefkasten landen. Was ist denn da schiefgelaufen?

Nicht nur vor einer Markenregistrierung, schon bei Nutzung einer Bezeichnung oder Kennzeichnung im geschäftlichen Verkehr - etwa auch als Domain - ohne vorherige Markenanmeldung ist Umsicht und Vorsicht geboten vor rechtsverletzenden Kollisionen mit vorgehenden Rechten Dritter. Deshalb ist eine Verwendung von Wort-Kennzeichen oder grafischen Logos im Geschäftsleben ohne vorausgegangene Ähnlichkeitsrecherche kaum zu verantworten. Eine eigene Online-Suche bei Google (und anderen geeignet erscheinenden Suchmaschinen) und die eigene Durchsicht von Markenregistern, Handelsregistern und Branchen-Listen sind ein erster Schritt zu vielleicht hilfreichen Überprüfungen. Vertieftere Ergebnisse kann ggf. eine anwaltliche Ähnlichkeitsrecherche liefern. Dabei sollten neben dem jeweils konkreten Risiko-Potenzial auch etwaige konstruktive Begrenzungsmöglichkeiten und Handlungs-Alternativen abgefragt werden.

Und was ist nun mit der Markenanmeldung?

Da wird häufig vom kleinen Unternehmen(sgründer) bzw. Dienstleister die gerade durch eine Markenanmeldung stattfindende Erhöhung der Kollisions- und Konflikt-Risiken unterschätzt ... und der Sinn der schnellen Anmeldung im konkreten Fall nicht selten überschätzt.

Durch die Anmeldung werden manche Streitigkeiten im Markenrecht erst "provoziert", die ohne Anmeldung vielleicht - mangels transparenter Registrierung - gar nicht aufgekommen wären. Dies kann selbstverständlich kein Aufruf sein, Markenverletzungen ohne Markenanmeldung zu betreiben!

In einer großen Zahl von Fällen bedarf  es für einen ausreichenden Kennzeichenschutz allerdings nicht unbedingt einer Markeneintragung: Der Familienname und das Unternehmens-Kennzeichen bzw. die Firma (der Name, unter dem ein Kaufmann auftritt) genießen auch ohne Markeneintragung rechtlichen Schutz vor Verletzung und Missbrauch. Der Dienstleister wird in seinem Geschäftsumfeld oft keine zusätzliche Produkt-Kennzeichnung benötigen - zumal seine Leistungen im Wesentlichen durch seine Persönlichkeit und seine Individualität gekennzeichnet werden. Allerdings kann ein Unternehmens-Kennzeichen nicht ohne Weiteres übertragen bzw. lizensiert werden, wie dies bei der Marke der Fall ist. In vielen Fällen wird es auf eine derartige Verwertungsmöglichkeit aber nicht entscheidend ankommen. Dann kann eine kreativ und klug eingesetzte Unternehmenskennzeichnung für eine gelungene und rechtlich geschützte Außendarstellung völlig ausreichen.

Und dann ist es wichtiger, bei der Auswahl und Gestaltung der Firmierung und Domain eine sorgfältige Recherche nach konfliktträchtigen ähnlichen Kennzeichen oder Marken Dritter durchzuführen, als eine "chicke" Marke für das geschäftliche und werbliche Allheilmittel zu halten. Zumal gerade in der Gründungsphase die finanziellen Ressourcen ohnehin regelmäßig eher begrenzt sein werden.