Samstag, 27. März 2010

Schadensersatz bei Filesharing-Abmahnung? ... Wer den Schaden hat ...

Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen bzw. - wie der Volksmund  in der aktuelleren Version sagt - spottet jeder Beschreibung.

Welche gewagten Berechnungsmodelle sich zur Berechnung vermeintlicher Schäden oder Schadensersatz-Ansprüche in Abmahnungen der Musik- und Filmbranche finden, das sprengt alle möglichen und unmöglichen Vorstellungen.
Gehen die Abmahnungen der Musik-Labels, der Filmbranche und der vermeintlichen Rechtevermarkter gegen tatsächliche oder angebliche Tauschbörsen-Nutzer in Wirklichkeit ins Leere?

Im Urheberrecht juristisch anerkannt sind lediglich drei Schadensberechnungen:

1. Die Gewinnabschöpfung:
Der Verletzer bzw. der Abgemahnte hat seinen durch die Urheberrechtsverletzung generierten Gewinn, den sog. Verletzer-Gewinn, an den Verletzten, den Urheber bzw. Rechteinhaber, herauszugeben. Dieses Modell wurde gerade wieder im Fall des Möllemann-Videos vom BGH (I ZR 122/08 und I ZR 130/08) herangezogen. In Filesharing-Fällen gibt es i. d. R. keine abschöpfbaren konkreten Gewinne des Rechtsverletzers bzw. des Abgemahnten.

2. Der entgangene Gewinn:
Der Verletzer bzw. der Abgemahnte hat dem Verletzten, dem Urheber bzw. Rechteinhaber den diesem wegen der Urheberrechtsverletzung entgangenen Gewinn zu erstatten.
Kausal durch die etwaige Urheberrechtsverletzung entgangene Gewinne lassen sich auch im Zusammenhang mit der Teilnahme an Tauschbörsen kaum greifbar beziffern bzw. nach dem Grundsatz hypothetischer Kausalität kaum sachgerecht schätzen:
Wieviel Geschäfte wären ohne die jeweiligen P2P-Vorgänge tatsächlich getätigt worden und welcher Gewinn wäre dadurch auf Seiten des Rechteinhabers erwirtschaftet worden? Viel, wenig, keiner .. ?
Es kursieren dennoch Abmahnungen, in denen werden mit viel Phantasie sogar vermeintlich entgangene Download-Umsätze hochgerechnet und erstattet verlangt oder zur Grundlage "großzügiger" Vergleichsangebote gemacht. Das grenzt an Betrug.
Generell ist die Bereitschaft, in Abmahnungen brauchbare Unternehmenszahlen zur Belegung der konkreten Gewinn-Situation offen zu legen, naturgemäß äußerst gering.

3. Die Lizenz-Analogie:
Bleibt als Schaden der Lizenzbetrag, den bei vertraglicher Einräumung ein vernünftiger Lizenzgeber als angemessen gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte.
Wie hoch ist diese fiktive Lizenzgebühr bei der Teilnahme an einer Musik-, Film- oder Software-Tauschbörse? Wieviel zahlt ein verständiger Filesharing-User für das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung des urheberrechtlich geschützten Materials zum kostenlosen Download durch Dritte? Vielleicht gar nichts? Wäre eine Lizenzgebühr nicht ohnehin in P2P-Netzwerken systemwidrig?

Wer hat welchen konkreten und kausal auf die spezielle vermeintliche Filesharing-Nutzung zurückzuführenden Schaden? Das ist im Einzelfall kaum zwingend zu berechnen und kaum seriös gemäß § 287 ZPO gerichtlich zu schätzen. Abgesehen davon setzt ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Urheberrechtsverletzung stets ein Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) voraus, woran es in vielen Fällen fehlen kann.

Auf jeden Fall muss nicht zwangsläufig  beim Adressaten der Abmahnung ein Schaden "landen", denn es gibt zahlreiche Gegenargumente und zielführende Hilfe bei der Abwehr von Filesharing-Abmahnungen.

Donnerstag, 4. März 2010

Das BVerfG-Urteil zur Vorratsdatenspeicherung und Filesharing-Abmahnungen

Mit Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 02. März 2010 (1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08) wird die Nichtigkeit der §§ 113a, 113b TKG und § 100g Abs. 1 Satz 1 StPO, soweit danach Verkehrsdaten gem. § 113 TKG erhoben werden dürfen, festgestellt wegen Verstoßes gegen das Grundrecht auf Schutz des Telekommunikationsgeheimnisses. Wenn auch das Bundesverfassungsgericht die Speicherungspflicht und ihren Umfang nicht in jeder Hinsicht und grundsätzlich für verfassungswidrig erachtet, rügt es doch die nicht ausreichend verhältnismäßige Ausgestaltung, die unzureichende Datensicherheit sowie eine fehlende sachgerechte Begrenzung der Verwendungszwecke der gespeicherten Daten. Zudem sieht das höchste deutsche Gericht das verfassungsrechtliche Transparenzgebot und die Regeln ausreichenden Rechtsschutzes verletzt.

Viele Adressaten einer Abmahnung wegen Verletzung von Urheberrecht durch Teilnahme an Filesharing- bzw. P2P-Netzwerken stellen sich und Ihrem Rechtsanwalt die Frage, ob und inwieweit dieses BVerfG-Urteil Auswirkungen auf Ihre urheberrechtliche Verfolgung als Inhaber eines Internet-Anschlusses haben kann.

Immerhin werden regelmäßig entsprechende dynamische IP-Adressen durch Anti-Piracy-Unternehmen ermittelt und sodann im gerichtlichen Auskunftsverfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG eingebracht, um so die bei dem jeweiligen Internet-Service-Provider zu der IP-Adresse zeitlich zugeordneten und abgespeicherten persönlichen Daten auf der Basis eines entsprechenden landgerichtlichen Beschlusses offengelegt zu bekommen. 

Die ISP (Internet-Service-Provider) greifen dabei aber schon seit geraumer Zeit grundsätzlich nicht auf die Ordner oder Festplatten bzw. Speichermedien zurück, die zur Vorratsdatenspeicherung verwendet wurden, sondern auf Speicher-Ordner oder -Medien, die lediglich Abrechnungszwecken oder der Erstellung von Fehlerprotokollen dienen und die ohnehin nicht länger als 7 Tage vorgehalten werden dürfen. Diese Speicher-Handhabung veranlasst die Musik-, Film-, Video- und Medien-Branche wegen des kurzen Zeitfensters bei Ermittlungs- und Auskunftsverfahren zu jeweils sehr schnellem, wenn nicht sogar hektischem Agieren. 

Die Speicherung von Vorratsdaten in der von den Verfassungsbeschwerden betroffenen Art wird dabei allerdings nicht berührt. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat insofern keinen unmittelbaren Einfluss auf die mit dem urheberrechtlichen Auskunftsverfahren erwirkten Daten-Auskünfte der Provider und eine auf deren Basis erstellte Abmahnung.

Empfänger einer urheberechtlichen Abmahnung wegen Filesharing können sich deshalb keineswegs entspannt zurücklehnen. Dennoch bleiben auch bei Filesharing-Abmahnungen weiterhin Datenschutz, Persönlichkeitsrecht und informationelle Selbstbestimmung sowie der Verhältnismäßigkeits-Grundsatz mit zu berücksichtigende Gesichtspunkte und rechtliche Hilfe bei Filesharing-Abmahnungen ist weiterhin machbar.

Dienstag, 2. März 2010

"Schleich-Werbung" ab 1. April 2010 erlaubt

Product Placement, d. h. die Einbringung von Markenprudukten in die Handlung bzw. die redaktionelle Gestaltung von Film- und Fernsehwerken, ist ab dem 01.04.2010 auch in Deutschland erlaubt (vgl. §§ 15, 44 RÄStV-E). Dies gilt in Umsetzung der EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste für Kinofilme, aber auch für von Privatsendern produzierte oder in Auftrag gegebene Fernsehfilme sowie für Serien, Sportsendungen und alle Sendungen der sog. "leichten Unterhaltung" auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Ausgenommen bleiben insbesondere Kinder- und Nachrichtenprogramme, politische Magazine und Sendungen, die „neben der Unterhaltung im Wesentlichen informierenden Charakter haben“, worunter vornehmlich Ratgeber- und Verbrauchermagazine fallen. 

In § 7 Abs. 7 RÄStV-E werden die Voraussetzungen redaktioneller Einbindung und insbesondere auch bestehende Hinweis- und Kennzeichnungspflichten relativ unspezifiziert geregelt.

Da wird sich ein streitrelevantes Betätigungsfeld für Gerichte und Rechtsanwälte im Bereich Werbung und Medien eröffnen, zumal feinsinnig zwischen Produktplatzierungen gegen Entgelt und beispielsweise "Produktionshilfen" und der Zurverfügungstellung von "Preisen" unterschieden wird. Grauzonen, Definitions- und Zweifelsfragen sind vorprogrammiert.

Die Verteter  der Werbewirtschaft äußern sich grundsätzlich positiv über die neue gesetzliche Regelung, erwarten andererseits allerdings kurzfristig keine dramatischen Marktveränderungen oder Umschichtungen.